Geister und Ufos: Die Netflix-Serie „Unsolved Mysteries“ ermutigt uns, zuzugeben, was wir nicht wissen

In der Netflix-Serie „Unsolved Mysteries“ erzählen Menschen von paranormalen Geschehnissen. Eine Erinnerung daran, wie viel wir nicht wissen, nicht wissen können und vielleicht nie wissen werden.
Im März 1994 meldeten mehr als 300 Menschen im westlichen Michigan, dass sie eine Formation von Lichtern gesehen hätten, die sich über den Himmel bewegte – eine Ufo-Massensichtung, über die damals so einige Nachrichtenagenturen berichteten. Der Vorfall wird in einer aktuellen Folge der Netflix-Doku-Serie „Unsolved Mysteries“, deren dritte Staffel diesen Monat rauskam, neu beleuchtet.
Die Serie zeigt einige der aufgezeichneten Notrufe, darunter der einer Frau, Holly Graves, die einen etwa 91 Meter großen „Kreis mit vielen flackernden Lichtern“ beschrieb. Der Polizeibeamte, der am Tatort eintraf, Jeffrey Velthouse, sagte, er betrachte Ufos „skeptisch“ und „versuchte, sich irgendeine Art von erklärbarer Situation vorzustellen, die vor sich ging“. Die Lichter bewegten sich jedoch „anders als jedes normale Flugzeug, das ich gesehen habe“. Nicht gruselig genug? Dann lies dir mal diese fünf True Crime Geschichten durch, die schlimmer sind als jeder Horrorfilm.
Jack Bushong, ein Meteorologe des Nationalen Wetterdienstes in der Gegend, verfolgte die Flugobjekte auf seinem Radarsystem, und in einem aufgezeichneten Telefongespräch mit einem Polizeibeamten kann man seine zunehmende Verwirrung hören, als er feststellt, wie ungewöhnlich schnell sie sich bewegten, und dass sich Dutzende weiterer Objekte in der Mitte des Michigansees sammelten. „Oh mein Gott, was ist das?“, sagt er. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“
Der Klassiker „Unsolved Mysteries“ geht auf Netflix in eine neue Runde
Das Original von „Unsolved Mysteries“, ein Kultklassiker, der von 1987 bis 2002 auf NBC, CBS und Lifetime lief, befasste sich sowohl mit True Crime als auch mit paranormalen Phänomenen. Zu einer Zeit, als die meisten Sendungen noch nach Drehbuch abliefen, stellte die Serie gewöhnliche Menschen vor, die außergewöhnliche Dinge erlebt hatten, so Mental Floss. Die Sendung wies zwar darauf hin, dass es sich nicht um eine Nachrichtensendung handelte, aber die unheimliche Musik, die tiefe Stimme des Sprechers und die beunruhigenden Szenarien aus dem wirklichen Leben hatten durchaus einen ernsten Unterton. Ob es sich nun um eine Ufo-Sichtung oder einen Vermisstenfall handelte, die Themen waren so ernst, dass die Sendung die Zuschauer:innen sogar aufforderte, sich zu beteiligen.
Laut der New York Times konnte man Tipps für neue Spuren und Hinweise auf alte Geschichten einsenden. Die Expansion des Kabelfernsehens hat seitdem dazu geführt, dass es Zuschauer:innen weder an True Crime noch an paranormalen Inhalten fehlt. Der History Channel zeigt Alien-Sendungen, Geisterjäger sind ein fester Bestandteil des Reality-TVs, ganz zu schweigen von Clip-Shows, die Filmmaterial enthalten, das angeblich Figuren zeigt, die Erscheinungen und unentdeckten Monstern ähneln. Inmitten all dieser Shows ist die Messlatte für neue Ideen recht niedrig. Apropos True Crime: Darum halten so viele die neue Netflix-Serie „Dahmer“ für problematisch.
Netflix-Serie „Unsolved Mysteries“: Geisterhäuser, Ufos und Co.
Der Netflix-Reboot, der 2020 von den ursprünglichen Machern John Cosgrove und Terry Dunn Meurer wiederaufgenommen wurde, hat größtenteils Episoden veröffentlicht, die sich an True Crime-Liebhaber:innen und Internet-Detektiv:innen richten. Aber die Serie beweist besonders dann ihre Einzigartigkeit, wenn es um die scheinbar unlösbarsten paranormalen Fälle da draußen geht. Zwei Episoden der ersten beiden Staffeln beschäftigten sich mit dem Paranormalen, und in der aktuellen Staffel wird das Thema noch weiter vertieft. In drei der neun Episoden dieser Staffel geht es um Ufos oder Geisterhäuser – mindestens genauso gruselig wie diese 15 Orte, die man lieber nicht besuchen sollte.
Die Stärke der Episoden liegt in ihre Selektivität – es scheint wirklich so, als würden die Produzent:innen ganze Archive paranormaler Aktivitäten durchforsten, um Vorfälle zu finden, für die es genügend Zeug:innen gibt, die bestätigen können, dass, was auch immer passiert ist, etwas passiert ist. Wie viele solcher Geschichten gibt es? Wenn man das Ausmaß dessen, was jenseits unseres derzeitigen Wissens liegen könnte, ernst nimmt, ist es wohl besser, zurückhaltend zu sein. Lust auf Gänsehaut-Feeling? Dann lies dir diese gruseligen 15 paranormale Erlebnisse von Leuten durch.
Netflix-Reboot „Unsolved Mysteries“: Im Doku-Stil werden Realität und Übernatürliche Geschehnisse gegenübergestellt
Anders als die ursprüngliche Version der Serie, die mehrere Geschichten in eine einzige Folge packte, widmet sich die neue Version in jeder einstündigen Folge einem einzigen Thema. Dies wiederum lässt die Serie wie eine Dokumentation wirken. Mit umfassenderen Interviews und weitaus weniger kitschigen Nachstellungen als bei der Vorgänger-Serie aus den 90ern. Der Reboot enthält keinen Hinweis darauf, dass es sich nicht um eine Nachrichtensendung handelt. Und tatsächlich unterscheiden sich die journalistischen Elemente von anderen Sendungen, in denen es um paranormale Geschehnisse geht.
Die Serie verlagert nämlich den Schwerpunkt von abstrakten Mysterien gelegentlich auf die von Menschen in der Realität erlebten Erfahrungen. So bleibt beispielsweise unklar, ob der Meteorologe Bushong Beweise für die Existenz von Außerirdischen fand oder nicht. Aber sie zeigt seine Frustration über den Spott in seinem Beruf, der ihn verfolgte und ihn schließlich dazu zwang, seinen Arbeitsplatz zu wechseln. In diesen Episoden über paranormale Erfahrungen gibt „Unsolved Mysteries“ Menschen eine Stimme, denen es peinlich war, sich zu äußern, und präsentiert ihre Aussagen weder vorschnell noch sensationslüstern.

Geister, Paranormale Aktivitäten und Co.: Die Skepsis ist groß, gerade bei TV-Shows
„Paranormal Rangers“ begleitet Ermittler:innen in einem Navajo-Reservat. Dort erzählte eine Frau, dass sie auf dem Heimweg von der Arbeit in Arizona von einer rot leuchtenden Kugel verfolgt worden und am nächsten Tag mit einer Migräne aufgewacht sei. Eine örtliche Ermittlerin sagte in der Sendung, sie habe Spuren einer „intensiven magnetischen Anziehung“ an den Vordertüren ihres Autos gefunden. Sie wollte jedoch anonym bleiben, „weil viele Leute dazu neigen, einen für verrückt zu halten“.
Eine Mutter, Jodi Foster, und ihre Tochter, Hannah, spielen in „The Ghost in Apartment 14“ seltsamen Erlebnisse nach. Hannahs Schuhe werden immer wieder auf ihr Bett gestellt, der Fernseher und der Herd gehen plötzlich an, ein Lampenkabel schwingt wie ein Springseil, eine Elmo-Puppe spricht weiter, nachdem Jodi die Batterien entfernt hat. Hannah trifft in ihrem Haus ein dunkelhaariges Mädchen, das sie „My Liz“ nennt. Eines Nachts stapeln sich alle Spielsachen von Hannah in der Mitte ihres Schlafzimmers, und ganz oben auf dem Haufen liegt eine Ernie-Puppe mit einer Schlinge um den Hals. Ein Nachbar, der Jodi vor der Wohnung sitzen sieht, erzählt ihr, dass eine Frau, die früher in der Wohnung lebte, seit 25 Jahren vermisst wird. Die Frau, Marie Elizabeth Spannhake, trug den Spitznamen Marliz, und als Jodi Hannah ein Foto von ihr zeigte, sagte Hannah, es sei dasselbe Mädchen, das sie in ihrem Haus gesehen hatte. Es stellte sich heraus, dass die Polizei schon seit Jahren wegen ihrer möglichen Ermordung ermittelte.
Der Nachbar wurde in der Sendung jedoch nicht interviewt. Die einzigen Zeug:innen der bizarren Vorfälle waren die Mutter und die Tochter. Die Erinnerungen von zwei Menschen können nichts gegen einen Haufen an wissenschaftlichen Erkenntnissen ausrichten, die noch keine Beweise für die Existenz von Geistern geliefert haben. Im Fernsehen gibt es unzählige Sendungen über Ermittler:innen, die paranormalen Aktivitäten nachgehen und Filmmaterial, das angeblich Gestalten zeigt, die Erscheinungen und unentdeckten Monstern ähneln. Aber schon vor Deepfakes wussten die meisten von uns, dass Filmmagie alles echt aussehen lassen kann und dass Betrüger nur darauf warten, unsere Leichtgläubigkeit auszunutzen. Für viele von uns braucht es mehr als die Aussage eines Fremden, um unser Weltbild zu erschüttern, das uns geholfen hat, als Kinder auch dann einzuschlafen, wenn wir vor unseren Fenstern Schatten sahen und uns in solchen Momenten an den Gedanken klammerten, dass es Geister ja gar nicht gibt.
Meine persönliche Geistererfahrung hat mich enorm geprägt
Solche Geschichten faszinieren mich, weil ich weiß, wie es ist, etwas zu erleben, das man nicht erklären kann. Ich war mir sicher, dass es keine Geister gibt, bis zu einer Nacht im Jahr 2004, als meine Mutter, meine Tante, meine Cousine und ich meinen Großonkel in seiner mittelalterlichen Steinvilla in Italien besuchten. Meine Mutter und ich waren wegen des Jetlags hellwach und lagen uns in den nebeneinander stehenden Einzelbetten gegenüber, als wir plötzlich das Schlurfen von Hausschuhen hörten.
Das Licht in unserem Zimmer war an, aber der Flur hinter unserer offenen Tür war dunkel. Meine Mutter sagte, sie habe ein Mädchen mit langen dunklen Haaren in einem langen weißen Nachthemd gesehen. Bevor wir Zeit hatten, mehr als ein paar Worte zu wechseln, brach aus dem Wohnzimmer ein donnerndes Geschrei los – es waren die sieben belgischen Schäferhunde meines Großonkels, die bellten und heulten, bevor sie alle auf einmal verstummten. Am nächsten Morgen erfuhren wir, dass weder meine Cousine noch mein Tantchen ein weißes Nachthemd besaßen und auch in der Nacht nicht aufgestanden waren.
Es fiel mir schwer, das Geschehene zu verarbeiten, meine Familie nahm es dagegen gelassen hin. Da sie auf den Philippinen aufgewachsen waren, hatten sie verinnerlicht, dass neben uns eine spirituelle Welt existierte, die den von unseren Vorfahren überlieferten vorkolonialen Glauben weiterführte. Die Ältesten lehrten meine Cousins und mich, diese Kreaturen zu respektieren. Wann immer wir einen Fuß nach draußen setzten, mussten wir uns mit „tabi apo“ entschuldigen, um die Dwendes nicht zu verärgern, launische Zwerge, die eigentlich freundlich sind, aber gelegentlich Unfug treiben. Die Ältesten warnten uns, dass die Geister unserer Vorfahren die Motten bewohnten, die in unseren Häusern flogen, und dass wir sie deshalb nicht verletzen sollten.
Erfahrungen mit dem Jenseits: „Dinge wie Geisterbegegnungen können vielseitig bleiben“
Die Erkundungen des zutiefst Unbekannten in „Unsolved Mysteries“ widersprechen der Annahme, dass alles, was wir wissen wollen, nur einen Mausklick entfernt ist. Dass unsere wissenschaftlichen Fortschritte uns an einen Punkt gebracht haben, an dem unser Wissen unser Unwissen überwiegt. Was wir als Fortschritt bezeichnen, hat zu Waffen, Klimakatastrophen und der Verbreitung von Ängsten und Lügen geführt – Anzeichen dafür, dass unsere Spezies vielleicht zu schlau für unser eigenes Wohl ist. Wir könnten eine demütige Erinnerung daran gebrauchen, wie viel wir nicht wissen, nicht wissen können und vielleicht nie wissen werden.
Nachdem 2011 in Japan ein Tsunami rund 20.000 Menschen getötet hatte, kam es in dem Land zu einer Welle an Geistersichtungen, die in einer Folge der zweiten Staffel von „Unsolved Mysteries“ thematisiert werden. Taxifahrer:innen berichteten, dass sie Fahrgäste mitgenommen hätten, die auf dem Rücksitz verschwanden, bevor sie ihr Ziel erreichten, und ohne zu bezahlen. Ein Mönch erzählte, er habe ein Gespräch mit einem Mann geführt, der bei der Katastrophe ums Leben gekommen war und ihm den Grund des Ozeans beschrieben hatte. Andere berichteten, sie hätten verstorbene Angehörigen gesehen.
Der Soziologe Kiyoshi Kanebishi beschäftigt sich mit den Folgen von Katastrophen und sagte in der Sendung, dass er nicht an Geister glaube. Er räumte ein, dass die Vorfälle Teil einer psychologischen Reaktion auf die Trauer in einer Kultur mit traditionellem Glauben an ein Leben nach dem Tod in einer Parallelwelt sein könnten. Er sähe jedoch keinen Sinn darin, irgendwelche Schlüsse zu ziehen oder anderen ihre Erfahrungen abzusprechen. „Dinge wie Geisterbegegnungen können in unserem Leben vieldeutig bleiben“, sagte er. „Unabhängig davon, wie undefiniert sie sein mögen, wir können sie undefiniert lassen.“
Autor ist Albert Samaha. Dieser Artikel erschien am 28.10.2022 zunächst auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Aranza Maier.