Nach Razzia: Trump beruft sich auf Gesetz, das ihm zufolge sonst nur der „Pöbel“ nutzt

Vom ehemaligen US-Präsident Donald Trump gibt es Neues: Er berief sich auf den fünften Zusatzartikel der US-Verfassung - und antwortete nicht auf die Fragen einer New Yorker Staatsanwältin.
Zwei Tage nachdem sein Trumps Anwesen in Floridavon FBI-Agenten durchsucht wurde, hat sich der ehemalige Präsident mit den Ermittler:innen aus New York getroffen, die derzeit seine Geschäftsbeziehungen untersuchen. Trump sagte jedoch, dass er vom fünften Zusatzartikel Gebrauch gemacht habe und ihre Fragen, die unter Eid beantwortet werden sollten, nicht beantwortet hätte.
Neues von Donald Trump: Er nimmt Schutz des fünften Zusatzartikels in Anspruch
„Ich habe einmal gefragt: ‚Wenn du unschuldig ist, warum nimmst du dann den fünften Zusatzartikel?‘ Jetzt kenne ich die Antwort zu dieser Frage“, war von Trump Neues in einem Statement zu lesen. „Wenn deine Familie, dein Unternehmen und alle Menschen in deinem Umkreis die Zielscheibe einer unbegründeten, politischen Hexenjagd werden, die von Anwälten, Staatsanwälten und der Fake-News-Presse unterstützt wird, dann hast du keine Wahl.“ Über Fake-News twitterte Trump häufig, als er noch auf der Plattform war. Hier 13 absurde Tweets von Donald Trump, die wir fast vergessen haben.
Die zivilrechtliche Ermittlung, die von der New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James geleitet wird, beinhaltet Vorwürfe, dass die Trump-Organisation finanziell betrogen hat und Investor:innen sowie die Steuerbehörde in die Irre geführt hat, indem der Wert von Vermögen, wie etwa von Golfplätzen und Hochhäusern, falsch angegeben wurde. Wichtig zu wissen: Die Untersuchung ist eine andere als die strafrechtliche Untersuchung wegen Trumps angeblicher Verstöße gegen den Presidential Records Act, die dann zu den Durchsuchungen in Mar-a-Lago geführt hatte. Auf Donald Trumps eigenem Netzwerk „Truth Social“ verteidigte er sich wegen dieser Durchsuchung.

Fünfter Zusatzartikel: Angeklagte in den USA müssen nicht zwingend auf Fragen antworten
Unter dem Schutz des fünften Zusatzartikels können Angeklagte in den USA es vermeiden, auf Fragen zu antworten, die ihnen innerhalb eines zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Verfahren gestellt werden und die möglicherweise zu einer Selbstanschuldigung in zukünftigen Ermittlungen führen könnten.
Fragen nicht zu beantworten, weil man den fünften Zusatzartikel nutzt, ist selbst kein direkter Beweis für eine Schuld in einem Strafrechtsverfahren, aber ein Richter kann der Jury in Zivilverfahren erlauben, hieraus eine nachteilige Schlussfolgerung zu ziehen.
Im Jahr 2016 hat sich Trump über Helfer:innen von Hillary Clinton beschwert, die während einer Untersuchung ihres privaten Mailverkehrs ihre Rechte nach dem fünften Artikel geltend gemacht haben. „Ihr seht, der Pöbel nimmt die Fünfte“, sagte er zu seinen Unterstützer:innen, wie CNN berichtete.
„Ich habe nichts falsch gemacht“
Der ehemalige Präsident Trump kam um kurz vor neun Uhr morgens am 10. August mit einem langen Autokorso am Büro der Generalstaatsanwältin an und las nur eine Stunde später ein Pressestatement vor. In seiner sehr langen Rede versuchte er die Demokratin James als eine korrupte, zynische und „gescheiterte Politikerin“ darzustellen und zeichnete das Bild einer „abtrünnigen und außer Kontrolle geratenen Staatsanwältin“, die um jeden Preis einen Rachefeldzug gegen ihn führen würde.
„Ich habe nichts falsch gemacht, und das ist der Grund, weshalb die Bundesbehörden, der Staat und die lokalen Behörden zusammen mit den Fake-News-Medien auch nach fünf Jahren Suche nichts gefunden haben“, sagte Trump. Trump sagte, dass er die Verfassung nutzen würde, um sich selbst „gegen diese bösartige Attacke“ zu verteidigen – eine Entscheidung, die durch die Razzia in Mar-a-Lago bestärkt worden wäre. Seit einiger Zeit schon muss sich Trump verschiedenen Anhörungen zum Kapitolsturm stellen, bei denen eine Mitarbeiterin aussagte, er habe einen Wutanfall gehabt.
„Ich habe absolut keine Wahl, weil die derzeitige Regierung und viele Staatsanwälte in diesem Land alle moralischen und ethischen Regeln des Anstandes verloren haben“, sagte er. „Dementsprechend, dem Ratschlag meines Beraters folgend und wegen der genannten Gründen, habe ich es abgelehnt, die Fragen zu beantworten und so die Rechte genutzt, die jedem Staatsbürger durch die US-Verfassung garantiert sind.“
Donald Trump hatte immer wieder versucht, die Ermittlungen zu behindern
Vertreter:innen des Büros der Generalstaatsanwältin haben nicht direkt auf eine Kommentar-Anfrage geantwortet, aber James hat im Vorhinein gesagt, dass sie dem Gesetz folgen würde. „Niemand in diesem Land kann sich aussuchen, wie das Recht auf ihn oder sie angewendet werden kann und Donald Trump ist da keine Ausnahme“, sagte James im Mai, als ein Bundesgericht die von Trump geforderte Einstellung der Ermittlungen ablehnte. „Genau wie wir es schon die ganze Zeit sagen, wir werden diese Ermittlungen unbeirrt weiterführen.“
Trump hatte immer wieder versucht, die Ermittlungen bezüglich seiner Geschäfte zu verlangsamen oder zu verhindern. Zusätzlich zu seinen zahlreichen rechtlichen Anfechtungen wurde er im Mai zu einer Geldstrafe von mehr als 100.000 $ wegen Missachtung des Gerichts verurteilt, weil er sich weigerte, einer Vorladung Folge zu leisten, wie CNBC berichtete.
Die Ermittlungen der New Yorker Staatsanwaltschaft laufen parallel zu einer anderen Untersuchung durch die Bezirksstaatsanwaltschaft Manhattan, die sich der Trump-Organisation annimmt. Dieser Ermittlung geriet jedoch Anfang des Jahres ins Stocken, wie das New York Magazine berichtete. Zusätzlich läuft noch eine dritte Untersuchung im Westchester County, die sich um einen Golfplatz dreht, berichtete die New York Times.
Neues von Donald Trump: Ermittlungen gegen ihn „politisch motiviere Hexenjagden“
Darüber hinaus wird derzeit von Behörden in Georgia gegen Trump wegen mutmaßlicher Wahlmanipulation ermittelt, wie BuzzFeed News US berichtete. In einer Anhörung zum Wahlbetrug beschrieb eine Wahlhelferin im Juni, wie Trumps Lügen ihr Leben zerstörten.
Auf Bundesebene, zusätzlich zu den Ermittlungen wegen der Veruntreuung von vertraulichen Dokumenten unter dem Presidential Recording Act, steht Trump möglichen Konsequenzen aufgrund der Kapitol-Aufstände und seiner Wahlbetrugs-Behauptung gegenüber. Beide waren schon Thema einiger außergewöhnlicher öffentlicher Befragungen durch ein spezielles Komitee von Abgeordneten.
Obwohl er seit Jahren öffentlich die Inhaftierung von Clinton fordert, behaupten Trump und sein engerer Kreis, ohne jedoch Beweise vorlegen zu können, dass alle Ermittlungen gegen ihn politisch motiviere Hexenjagden seien.
Autor ist David Mack. Der Artikel erschien am 10. August 2022 auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Leon Lobenberg.