1. BuzzFeed
  2. News

„Lächerlich“: SPD verliert NRW-Wahl haushoch und will trotzdem regieren – dafür hagelt es Witze und Kritik

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Jana Stäbener

Kommentare

Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär, informiert Pressevertreter über den Verlauf einer SPD-Präsidiumssitzung.
Trotz historisch schlechtem Ergebnis bei der Wahl in NRW, schließt die SPD einen Regierungsauftrag nicht aus. Das ist Quatsch, finden Twitter-Nutzer:innen. ©  Jörg Carstensen/dpa/Screenshot Twitter @Etjittkeenwood

Die Wahl in NRW hat die SPD haushoch verloren. Dass sie dennoch regieren will, finden viele geradezu lächerlich.

Für die Bundesregierung war dieser Wahlsonntag alles andere als rosig: Sowohl die FDP als auch die SPD wurden bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) am 15. Mai abgestraft. Wahlsieger waren die CDU mit Regierungschef Hendrik Wüst (35,7 Prozent) und die Grünen mit Mona Neubaur (18,2 Prozent). Schnell war klar: Diese beiden Parteien könnten gemeinsam eine schwarz-grüne Koalition bilden und die nächste Regierung in NRW formen. Oder wird es doch Rot-Grün-Gelb? Das zumindest behaupteten am Sonntagabend mehrere SPD-Politiker wie Lars Klingbeil oder Kevin Kühnert. Doppelmoral, fanden Twitter-Nutzer:innen und straften die SPD für dieses Auftreten trotz Wahlniederlage ab.

Nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis fielen die Sozialdemokraten auf ihren historischen NRW-Tiefstand von 26,7 Prozent. Auch die bisherige Regierungspartei FDP verlor laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) so viel wie noch nie bei einer Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Sie landete bei nur 5,9 Prozent – halbierte also ihre Stimmenanzahl. Die AfD hält sich nach der Wahl mit 5,4 Prozent knapp im NRW-Landtag. In Schleswig-Holstein flog die AfD vergangene Woche aus dem Parlament – das wurde auf Twitter gefeiert. Die Linke, die seit zehn Jahren nicht mehr im Landtag ist, bleibt in NRW mit 2,1 Prozent draußen.

Wahlen NRW: SPD will trotz historisch schlechtem Ergebnis regieren?

Trotz dieses historisch schlechten Ergebnisses machten sich mehrere SPD-Politiker Hoffnung, als zweite Kraft zusammen mit den Grünen und der FDP in einem Ampel-Bündnis zu regieren. „Ich bin bereit“, sagte Kutschaty, der SPD-Spitzenkandidat in NRW laut dpa. Der Sieg der CDU und das starke Ergebnis der Grünen würden nicht automatisch bedeuten, dass diese beiden regieren müssten, sagte er. Auch SPD-Bundeschef Lars Klingbeil sprach am Wahlabend davon, dass schon häufig von Platz zwei aus Regierungen gebildet worden seien.

Neben Lars Klingbeil spricht auch Kevin Kühnert, der Generalsekretär der SPD, direkt nach der Wahl davon, dass Schwarz-gelb abgewählt sei. „Rot-grün ist möglich! #nrwwahl2022“ twittert er in der Wahlnacht. Daraufhin erhält er sofort Gegenwind – auch von anderen Personen der Öffentlichkeit, wie in diesem Fall von Ex-Bild-Chef Julian Reichelt. Hier sammelten wir Reaktionen auf Julian Reichelts sexuelle Belästigung bei Bild. Reichelt ist auf Twitter dafür bekannt, dass er gerne mal gegen Politiker:innen schießt. Sein aktuelles Ziel war Kevin Kühnert. Er schreibt unter Kühnerts Tweet zur Wahl: „Kevin Kühnert ist ein kleingeistiger, zickiger Putschist.“ Der lässt das aber nicht auf sich sitzen und schreibt: „Aber immerhin bin ich nicht Julian Reichelt.“

„Es ist Montag. Ich weiß, es ist hart, Leute“, schreibt diese Nutzerin. „Aber immerhin sind wir nicht Julian Reichelt“, und macht sich damit über Reichelts Reaktion auf Kevin Kühnert lustig.

Kritik für Doppelmoral: „Mit historisch schlechten Wahlergebnissen sollte man nicht regieren!“

Es ist jedoch nicht nur Reichelt, der SPD-Politiker wie Kühnert abmahnt. Auch der frühere SPD-Bundesvorsitzende Nobert Walter-Borjans rät, bescheidener zu sein. „An so einem Abend, wo man seine eigenen Ziele doch ein ganzes Stück verfehlt hat, ist das nicht ein Moment, wo man die Backen aufpustet und Forderungen stellt“, sagte er der dpa in Düsseldorf. Was könnte die Niederlage der SPD bewirkt haben? Aktionen von Regierungsmitgliedern wie Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, die nun 261 Euro für den Sylt-Flug ihres Sohnes im Regierungsflieger zahlt, haben sicher nicht zur Beliebtheit der SPD beigetragen.

Besonders weil die SPD bei der Bundestagswahl 2021 klar ihren eigenen Regierungsauftrag betont habe, sei es moralisch daneben, jetzt einen auf „Wahlsieger“ zu machen, finden einige Twitter-Nutzer:innen. Der Pressesprecher der Jungen Union Hessen, Marius Hegmann, zitiert Lars Klingbeil bei der Bundestagswahl und weist so auf die Doppelmoral hin, die die SPD am Sonntag in NRW an den Tag legte. „Mit historisch schlechten Wahlergebnissen sollte man nicht regieren!“, soll dieser im vergangenen Spätsommer über die Regierungsbildungs-Versuche der Union gesagt haben.

Diese Nutzer:in schreibt: „Wenn wir die SPD-Latte anlegen, hat mein Hausschuh auch einen Regierungsauftrag“, und zieht damit die Aussagen von Klingbeil oder Kühnert über eine Ampelkoalition oder Rot-Grün in NRW ins Lächerliche.

Die FDP sah ihre Niederlage am Sonntag bei der Wahl in NRW eher ein, als die SPD. Spitzenkandidat Joachim Stamp sagte der dpa: „Wir haben zwei klare Wahlgewinner. Und ich gehe davon aus, dass die beiden auch miteinander koalieren werden“, und bezieht sich damit auf die CDU und die Grünen – ohne rotes oder gelbes Zutun von SPD und FDP.

Gegenüber der dpa schätzte der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte den Ausgang der NRW-Wahl als „politischen Erdbeben“ für die Bundesregierung ein. „Es gibt den Triumph der Grünen mit der – so könnte man sagen - Zweitkanzlerin (Annalena) Baerbock, und die anderen verlieren massiv. Die Ampel ist sehr unter Druck“, heißt es von ihm. Die Koalitionsverhandlungen könnten also weiter für Spannung sorgen. Jetzt seien erst einmal die Grünen als „Königsmacher“ am Zug. Die erklären ihr Rekordergebnis vor allem mit Robert Habeck und Annalena Baerbock, die „Haltung und Kompass“ in Krisenzeiten unter Beweis gestellt hätten.

Mehr zu SPD-Politik? Der sozialdemokratische Ost-Beauftragte Carsten Schneider forderte vergangene Woche ein Grunderbe von 20.000 Euro zum 18. Geburtstag? Der Bundesjugendring findet das zu wenig.

Auch interessant

Kommentare