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7 Fußballprofis, die die WM in Katar scharf kritisieren und 5, für die alles supi ist

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Von: Robert Wagner

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Collage aus den Profifußballern Leon Goretzka (links) und Bastian Schweinsteiger (rechts)
Leon Goretzka von Bayern München ist Teil des deutschen WM-Kaders für Katar und hat eine klare Meinung zu den Verhältnissen im Gastland. © Daniel Karmann/dpa/Annette Riedl/dpa

Der Kader für die WM in Katar steht. Aber was sagen deutsche Fußballprofis zum umstrittenen Turnier? Wir haben 12 Stimmen gesammelt.

Die Fußball-WM 2022 in Katar steht vor der Tür, Bundestrainer Hansi Flick hat den finalen WM-Kader nun bekannt gegeben. Bei vielen mag aber keine WM-Stimmung aufkommen, nicht nur wegen des ungewohnten Zeitpunktes im Winter. Das Turnier wird wie keine andere Fußballweltmeisterschaft zuvor von heftigen Kontroversen begleitet. Die Lage der Menschenrechte im autoritär geführten Emirat steht dabei im Zentrum der Debatte. BuzzFeed News Deutschland hat einige Gründe gesammelt, die erklären, warum die WM in Katar so umstritten ist.

Die mangelnde Begeisterung macht sich bemerkbar: Der Discounter Kaufland verramschte Fan-Artikel zur WM in Katar bereits Wochen vorher. Wie aber denken die nun nominierten Spieler der Nationalmannschaft über dieses Thema? Stimmen aus dem aktiven Kader zu diesem Thema einzuholen, ist nicht einfach. „Wir hoffen, dass wir uns während des Turniers auf den Sport konzentrieren können“, sagte DFB-Geschäftsführer Oliver Bierhoff, wie t-online.de berichtet.

Wir haben dennoch ein paar Stimmen von ehemaligen oder erfahrenen Nationalspielern und Funktionären zusammengetragen, die unterschiedliche Haltungen zur WM in Katar einnehmen.

1. Thomas Hitzlsperger (Nationalspieler bis 2010) über WM in Katar: „Umstände sind skandalös“

Ex-Fußballprofi Thomas Hitzlsperger hat sich vor Jahren zu seiner Homosexualität öffentlich bekannt.
Ex-Fußballprofi Thomas Hitzlsperger hat sich vor Jahren zu seiner Homosexualität öffentlich bekannt. © imago images/Sven Simon

Eine klare Meinung zur WM 2022 in Katar hat der ehemalige Fußballnationalspieler und heutige Fußballfunktionär Thomas Hitzlsperger (40). Er hat sich 2014 nach dem Ende seiner Bundesligakarriere als homosexuell geoutet. In einem Interview mit der ZEIT nennt er die Umstände der diesjährigen Weltmeisterschaft „skandalös“. „Katar hat sich für rund 200 Milliarden Euro das Recht gekauft, vier Wochen Bilder zu senden, die nicht die Lebenswirklichkeit dort widerspiegeln. Es geht dem Land nicht um den Sport, sondern darum, etwas darzustellen, was die Welt sehen möchte, was man aber nicht ist. Dafür mussten sehr viele ausländische Arbeiter sterben, dafür wurden und werden Menschen misshandelt und unterdrückt.“

2. Philipp Lahm (Nationalspieler bis 2014): „Werde nicht als Fan vor Ort sein“

Philipp Lahm, ehemaliger Fußballspieler und Turnierdirektor der Europameisterschaft, vor der Auslosung der Gruppen für die Qualifikation zur Fußball-Europameisterschaft 2024.
Philipp Lahm, Weltmeister-Kapitän von 2014 und Turnierdirektor der Europameisterschaft 2024. © Arne Dedert/dpa

Ähnlich hat sich Hitzlspergers ehemaliger Teamkollege Philipp Lahm (38) zur WM in Katar geäußert. Er sieht die Vergabe der Weltmeisterschaft an das umstrittene Emirat kritisch: „Für mich ist ganz klar die Frage: Wie wird eine WM vergeben? Es gibt Kriterien, und Katar war nicht oben gestanden. Das darf in Zukunft nicht mehr passieren. An solche Länder, die die Kriterien nicht einhalten, darf eine WM nicht vergeben werden“, sagte er laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) dem TV-Sender Pro Sieben. Er habe nicht vor, „als Fan vor Ort zu sein“. Lahm ist Turnierdirektor für die EM 2024 und hat zuvor betont, dass er nur als Fußballfunktionär in offizieller Mission nach Katar reisen würde.

3. Leon Goretzka (Bayern München, Teil des WM Kaders): „Menschenbild aus einem anderen Jahrtausend“

Bayerns Leon Goretzka lächelt vor einem Bundesliagspiel im Olympaistadion München (5.11.22)
Leon Goretzka, aktiver Fußballprofi von Bayern München und Nationalspieler. © Soeren Stache/dpa

Der aktive Nationalspieler Leon Goretzka (27) hat die Menschenrechtslage in Katar scharf kritisiert. „Das ist schon sehr beklemmend, muss man sagen. Das ist einfach ein Menschenbild aus einem anderen Jahrtausend“, sagte er nach dem 6:1 des FC Bayern gegen Werder Bremen am 9. November. Der Profi bezieht sich dabei auf die vor wenigen Tagen bekannt gewordenen homofeindlichen Aussagen des WM-Botschafters von Katar, der Homosexualität als „geistigen Schaden“ bezeichnet hat. „Das ist nicht das, wofür wir stehen wollen und was wir vorleben. Es ist absolut inakzeptabel, so eine Aussage zu treffen“, zitiert ihn die dpa.

4. Manuel Neuer (Bayern München, Teil des Kaders): „Inakzeptabel und sehr traurig“

Fußball: Bundesliga, FC Bayern München - SV Werder Bremen, 14. Spieltag in der Allianz Arena. Torwart Manuel Neuer von München wärmt sich auf.
Manuel Neuer, Profi bei Bayern München und Torhüter der Fußballnationalmannschaft. © Sven Hoppe/dpa

Auch Goretzkas Vereins- und Nationalmannschaftskollege Manuel Neuer (36) ist von den Äußerungen von Katars WM-Botschafter Khalid Salman angewidert. „Das passt keineswegs in unser Weltbild, das ist inakzeptabel und sehr traurig, so etwas zu hören“, sagte der Nationaltorhüter, wie Sport1 berichtet. „Über solche Situationen muss man sich Gedanken machen, das müssen wir intern beim DFB mit den Spielerkollegen besprechen.“ Bereits kurz zuvor sagte er der Sports Illustrated, dass er sich „meinungsstarke Spieler“ wünsche, die sich „vor Ort in einem Interview nicht verstecken oder Angst haben“, ihre Meinung auszusprechen. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit solle aber der Sport stehen.

5. Christoph Kramer (Borussia Mönchengladbach): „Gibt keine zwei Meinungen zum Thema“

Fußball: Nations League A, Deutschland - Ungarn, Gruppenphase, Gruppe 3, 5. Spieltag, Red Bull Arena. Christoph Kramer, Fußballspieler und TV-Experte, spricht bei einer Interviewrunde nach dem Spiel im Stadion.
Christoph Kramer, Profi von Borussia Mönchengladbach und TV-Experte beim ZDF. © Christian Charisius/dpa

Für eine Fokussierung auf den Sport spricht sich auch der Fußballprofi Christoph Kramer (31) von Borussia Mönchengladbach aus. Der seit 2016 nicht mehr eingesetzte Nationalspieler, der die WM als TV-Experte des ZDF begleiten wird, spricht sich für mehr Rücksichtnahme auf die aktiven Spieler aus, deren Meinung ohnehin klar sei. „Ich finde es nicht zielführend, wenn man während der WM als Medien aktive Spieler dazu befragt. Denn es gibt keine zwei Meinungen zu dem Thema, und auch kein Profifußballer hat eine andere Meinung dazu“, sagte er vor wenigen Tagen den Zeitungen der Funke Mediengruppe, aus denen t-online zitiert.

6. Alexander Wehrle (VfB Stuttgart): „Hier muss einfach Klartext gesprochen werden“

Alexander Wehrle, Vorstandsvorsitzender des Fußballbundesligavereins VfB Stuttgart, aufgenommen bei einer Pressekonferenz des VfB Stuttgart.
Alexander Wehrle, Vereinsboss von VfB Stuttgart. © Bernd Weißbrod/dpa

Kein ehemals aktiver Profifußballspieler, dafür aber Vorstandschef des Bundesligavereins VfB Stuttgart und Teil der DFB-Delegation für Katar ist Alexander Wehrle (47). Der Fußballfunktionär, der offen schwul lebt, nahm die homofeindlichen Äußerungen des katarischen WM-Botschafters zum Anlass für eine besonders scharfe Kritik. Man könne nun nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, so Wehrle. „Das hat, wie gesagt, nichts mit unserer Weltanschauung zu tun. Eine sexuelle Orientierung mit einer Geisteskrankheit gleichzusetzen, das ist weit weg von jeder Vorstellung, die wir hier in unserem kulturellen Kreis haben“, zitiert der SWR Wehrles Beitrag aus einem Interview mit dem Sender Sky.

7. Marcus Urban (Ex-Zweitligaspieler): „Entscheidung für Katar durchweg rein ökonomisch“

Marcus Urban und Rechts ist eine LGBTQIA+-Flagge zu sehen.
Marcus Urban, Ex-Fußballprofi und heute Diversity-Coach. © Eventpress/Panthermedia/IMAGO/Collage

Marcus Urban (52) spielte in den 1990er Jahren für die Zweite Bundesliga und hat sich 2007 als erster deutscher Profifußballer als homosexuell geoutet. Er ist heute Diversity-Coach und hat im Gespräch mit BuzzFeed News Deutschland die FIFA vor dem Hintergrund der WM in Katar scharf kritisiert: „Die Entscheidung für Katar ist durchwegs rein ökonomisch.“ Der Glaube, eine Großveranstaltung wie die WM würde grundsätzlich etwas verändern an den politischen Verhältnissen in einem Land wie Katar, sei naiv.

Natürlich gibt es auch Fußballgrößen, die die WM in Katar weniger kritisch sehen.

1. Bastian Schweinsteiger (Nationalspieler bis 2016): „Man muss Katar auch mal eine Chance geben“

Der ehemaligen Fußball-Nationalspieler Bastian Schweinsteiger spricht bei einem Pressetermin eines Getränkeherstellers und Sponsors der Fußball-WM zu Journalisten.
Bastian Schweinsteiger, ehemaliger Kapitän der Nationalmannschaft und heute Fußballexperte der ARD. © Paul Zinken/dpa

Deutlich weniger kritisch sieht Bastian Schweinsteiger (38) die umstrittene WM in Katar. Im Interview mit Sport1 möchte er nicht alles ausschließlich negativ sehen und verweist auf die seiner Meinung nach unpolitische Rolle des Sports: „Ich bin kein Freund davon, zu sagen, dass alles schlecht ist. Man muss Katar auch mal eine Chance geben. Der Sportler und die Medien können auf Dinge aufmerksam machen, aber der Sportler konzentriert sich auf den Sport. Wenn ich Bundeskanzler Olaf Scholz gehört habe, dass sich die Bedingungen in Katar verbessert haben, dann vertraue ich auf seine Worte.“

2. Thomas Müller (Bayern München, Teil des Kaders): „Auch in Deutschland gibt es Menschenrechtsverletzungen“

Fußball: Nations League A, Deutschland - Ungarn, Gruppenphase, Gruppe 3, 5. Spieltag in der Red Bull Arena, Deutschlands Thomas Müller reagiert während des Spiels.
Thomas Müller, Profi bei Bayern München und Stürmer der Nationalmannschaft. © Sven Hoppe/dpa

Schweinsteigers langjähriger Vereins- und Nationalmannschaftskollege Thomas Müller (33), der für den WM-Kader nominiert worden ist, hat bereits im Frühjahr für einen Eklat gesorgt, als er sich auf einer Pressekonferenz zum Thema Menschenrechte in Katar äußerte. Auf die Problematik angesprochen, sagte Müller, es gehe „im Großen und Ganzen um Menschenrechtsverletzungen, die grundsätzlich in jedem Land auftreten.“ Diese Relativierung spitzte er noch zu: „Auch in Deutschland gibt es Menschenrechtsverletzungen.“ Der Stern sprach von „zweifelhaften Schwafeltiraden“.

Update vom 13. November 2022, 10:30 Uhr: Auf Instagram schrieb der Thomas Müller am Dienstagabend, 22. November: „Wer von uns Fußballern erwartet, dass wir unseren Pfad als Sportler komplett verlassen und unsere sportlichen Träume, für die wir ein Fußballerleben lang gearbeitet haben, aufgeben, um uns politisch noch deutlicher zu positionieren, der wird enttäuscht sein.“ Er äußerte sich damit zum Trubel um die „One Love“-Binde und sagt, dass er in den kommenden Wochen auf Unterstützung hoffe. „Am besten schon morgen gegen Japan.“

3. Uli Hoeneß (Bayern München): „Arbeitsbedingungen in Katar werden besser“

Uli Hoeneß, Ehrenpräsident des FC Bayern München, nimmt beim Zukunftskongress „#neuland“ an einer Diskussion zum Thema „die Wichtigkeit des Sports für unsere Gesellschaft“ teil.
Uli Hoeneß, Ehrenpräsident des FC Bayern München. © Roberto Pfeil/dpa

Ebenfalls dem FC Bayern München eng verbunden ist dessen Ehrenpräsident Uli Hoeneß (70). In der Debatte um die WM in Katar ist sein Meinungsbeitrag via Telefon in Erinnerung geblieben, den er live während einer Talkrunde im Sender Sport1 gemacht hat. Auf die Vorwürfe eines Kritikers gegen seinen Verein entgegnete er grantig: „Und eines ist jetzt schon sicher: Die WM und das Engagement des FC Bayern und andere Sportaktivitäten in der Golfregion werden dazu führen, dass die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter dort besser werden und nicht schlechter. Das sollte man endlich mal akzeptieren und nicht ständig auf die Leute draufhauen.“ Den Arbeiter:innen in Katar gehe es „durch die WM besser und nicht schlechter“, zitiert ihn Spiegel Online.

4. Franz Beckenbauer (ehemaliger Weltmeister): „Ich habe noch keinen einzigen Sklaven in Katar gesehen.“

Gala zur Einweihung der Hall of Fame des deutschen Fußballs im Deutschen Fußballmuseum. Ehemaliger Fußballspieler Franz Beckenbauer steht auf der Bühne.
Franz Beckenbauer, Ehrenpräsident des FC Bayern München. © Ina Fassbender/dpa

Die Einlassungen von Uli Hoeneß rufen die Sätze eines anderen Ehrenpräsidenten von Bayern München in Erinnerung. Bereits 2013, wenige Jahre nach der Vergabe der WM an Katar, verteidigte Franz Beckenbauer die Entscheidung der FIFA für das umstrittene Emirat als Austragungsort. „Ich habe noch keinen einzigen Sklaven in Katar gesehen. Ich weiß nicht, woher diese Berichte kommen. Ich war schon oft in Katar und habe deshalb ein anderes Bild, das glaube ich realistischer ist“, zitiert ihn Spiegel Online.

5. Joshua Kimmich (Bayern München, Teil des Kaders) zur „One Love“-Binde: „Ich muss mich nicht immer dazu äußern.“

Joshua Kimmich
Joshua Kimmich wirkte bei einer Pressekonferenz am Dienstag, 22. November, zeitweise genervt von den Fragen zur „One Love“-Binde. © IMAGO/ULMER/Markus Ulmer

Update vom 13. November 2022, 10:30 Uhr: Am Dienstag äußerte sich neben Bundestrainer Hansi Flick auch der Nationalspieler Joshua Kimmich zur „One Love“-Binde, die die deutsche Nationalmannschaft nun bei der WM in Katar doch nicht tragen will. Zu groß ist die Angst vor Sanktionen der FIFA. „Vor ein paar Wochen haben wir die „One-Love“-Binde diskutiert, und die Leute haben kritisiert, dass es nichts bringe. Jetzt habe ich das Gefühl, es ist doch ein starkes Zeichen“, sagte der 27-jährige Fußballer. Ihn stört diese Diskussion, denn jetzt sei die Zeit, „denke ich, sich auf den Sport zu konzentrieren.“

„Dass Katar die WM bekam, war vor zwölf Jahren. Damals war ich 15. Ich muss mich nicht immer dazu äußern.“ Das Verbot der „One-Love“-Binde im DFB-Team sei schon diskutiert worden. Aber: „Wir müssen uns aber als Fußballer auch auf den größten Wettbewerb der Welt konzentrieren können, etwas, wovon mal als kleiner Junge träumt.“ Kimmich sagte: „Es wird einem immer eingeredet, dass man sich nicht darauf (die WM in Katar, d. Red.) freuen darf. Ich will mich aber darauf freuen dürfen. Es ist ein großer Traum für uns alle, dass wir morgen gewinnen.“

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