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Erfinder:innen mit Migrationshintergrund „unverzichtbar für die Innovationskraft Deutschlands“

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Von: Robert Wagner

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Özlem Türeci, medizinische Geschäftsführerin des Biotechnologie-Unternehmens Biontech, läuft durch ein Labor des Unternehmens.
Özlem Türeci, medizinische Geschäftsführerin von Biontech. Sie dürfte aktuell eine der bekanntesten Patenanmelderinnen mit Migrationshintergund sein. © dpa/Biontech

Mehr als jedes zehnte Patent stammt von Menschen mit Migrationshintergrund. Ihre Innovationskraft wird zunehmend wichtig für den Industriestandort Deutschland.

Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt: Erfinder:innen mit ausländischen Wurzeln melden immer mehr Patente in Deutschland an. Im Jahr 2019 stammen 12,2 Prozent und damit mehr als jedes zehnte aller hierzulande angemeldeten Patente von Menschen, deren Vorfahren nicht aus Deutschland stammen. Damit tragen sie nicht unerheblich zur deutschen Innovationskraft bei. Ohne diesen Beitrag, „wäre die Patentleistung am Standort Deutschland in den letzten Jahren sogar gesunken“, so die Autor:innen der Studie.

Auch in der deutschen Filmindustrie gewinnen Menschen mit Migrationshintergrund an Bedeutung, wie das Beispiel von Hassan Akkouch zeigt.

Während der Anteil von „Erfindenden aus dem deutschen Sprachraum“ an den Patentanmeldungen laut der Studie seit 2010 stagniert und zuletzt sogar gesunken ist, sind die Patentanmeldungen durch „Erfindende mit ausländischen Wurzeln“ im selben zeitraum deutlich gestiegen. Betrug er 2010 noch 7,5 Prozent, stieg er 2015 auf 9,6 Prozent und erreichte 2019 bereits 12,2 Prozent. „Dieser Beitrag ist unverzichtbar für die Innovationskraft Deutschlands“, schreiben die Wissenschaftler:innen des IW. Ohne die Erfinder:innen mit Migrationshintergrund, „wäre die gesamtwirtschaftliche Patentaktivität Deutschlands gesunken.“

„Migration hält Deutschlands stotternden Innovationsmotor am Laufen“

Diese Entwicklung sei unter anderem auf den demografischen Wandel zurückzuführen, sagte der Innovationsforscher Oliver Koppel vom IW dem Handelsblatt. Viele erfahrene Erfinder:innen mit deutschen Wurzeln seien altersbedingt aus dem Berufsleben ausgeschieden. Außerdem seien die Studierenden- und Absolvent:innenzahlen in den ingenieurwissenschaftlichen Studienfächern, die den Großteil der Erfindenden stellen, zuletzt wieder rückläufig gewesen. Die Autor:innen unterstreichen die Bedeutung des Beitrags von Menschen mit Migrationshintergrund bereits mit dem Titel der Studie: „Migration hält Deutschlands stotternden Innovationsmotor am Laufen“.

Laut des Handelsblattes, dem die vollständige Studie vorliegt, stammen die Familien der meisten Erfinder:innen „mit ausländischen Wurzeln“ aus Ost- und Südosteuropa. Ihr Anteil an allen 2019 in Deutschland entwickelten Patenten macht 2,9 Prozent aus. Der Anteil anderer Ursprungsregionen wie Südeuropa und Lateinamerika, Türkei und arabische Staaten oder Asien bewegt sich zwischen 1,3 und 2,2 Prozent. Auffällig seien dabei die Zuwächse bei Patentanmeldungen durch Erfinder:innen mit asiatischen Wurzeln. Deren Anteil habe sich zwischen 2010 und 2019 „fast verdreifacht.“ Auf TikTok macht sich ein „Quoten-Asiate“ selbstironische über asiatische Menschen lustig.

Die Herkunft der Erfinder:innen ermittelten die Forschenden des IW über deren Vornamen. Sie fütterten eine Datenbank mit den Vornamen von rund 39.000 Erfinder:innen, die seit 1994 an einer Patentanmeldung beteiligt waren. Die einzelnen Namen wurden dann 24 unterschiedlichen Sprachräumen zugeordnet, um die Region zu bestimmen, in der „mit hoher Wahrscheinlichkeit die Wurzeln der betreffenden Personen liegen“, zitiert das Handelsblatt aus der Studie. Aktuellere Daten als die von 2019 liegen laut des IW noch nicht vor.

Wo die Patente entstehen: SAP und Max-Planck-Gesellschaft an der Spitze

Die Studie des IW nimmt auch in den Blick, in welchen Unternehmen und Forschungseinrichtungen besonders viele Patente von Erfinder:innen mit ausländischen Wurzeln entstehen. In der Rangliste der Unternehmen steht der Softwarekonzern SAP an der Spitze, in dem ein entsprechender Anteil von 54,5 Prozent festgestellt wurde. Ohne seine Erfinder:innen mit Migrationshintergrund würde SAP laut IW „folglich über die Hälfte seiner Patentleistung einbüßen.“

Bei den Forschungseinrichtungen beziehungsweise „Non-/Low-Profit-Institutionen“, wie das IW schreibt, belegt die Max-Planck-Gesellschaft mit 26,2 Prozent den ersten Platz. Die Organisation verfolge „bereits seit langem auch in Bezug auf ihre forschende Belegschaft erfolgreich eine Strategie der Internationalisierung“, schreiben die Autor:innen der Studie.

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