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Die App „Patio“ ist für die Gen Z das, was Facebook früher für Millennials war

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Das Logo der Patio App.
Ist die Patio App das neue Facebook? © Patio App

College-Studierende in den USA verwenden die Patio App, um neue Freund:innen und sogar Mitbewohner:innen an ihrer Universität zu finden.

Carolina Janicke freut sich sehr darauf, aufs College zu gehen. „Ich habe gehört, dass in meinem Wohnheim sehr viel los ist, aber es gibt Kakerlaken“, erzählt die 18-Jährige. Aber zum Glück hat sie schon jemanden, der ihr bei der Bekämpfung des Ungeziefers an der University of Michigan hilft: einen Mitbewohner, den sie über die App Patio, die nur für Student:innen gedacht ist, kennenlernte.

Studienanfänger:innen nutzen Patio, um schon vor Beginn des Studiums neue Leute kennenzulernen und sich die Angst zu nehmen, ob sie Freund:innen finden werden. „Du beginnst in diesem großen Gruppenchat mit allen Student:innen deines Jahrgangs, und dann gibt es Untergruppen, denen du beitreten kannst – ich bin in der Gruppe für Latinx-Student:innen.

Es gibt Untergruppen für bestimmte Studiengänge, also bin ich in der Untergruppe für die Kunstschule, in einer für das Restaurant und in einer zufälligen, die wir den Salatclub genannt haben“, sagte Janicke. „Jedes Mal, wenn jemand Salat isst, teilt er ein Bild davon mit der Gruppe.“ Das erinnert ein wenig an die neue Social-Media-App „BeReal“, die unsere Autorin ausprobiert hat.

Ein Profil auf der App Patio.
So sieht ein Profil auf der Patio App aus. © Carolina Janicke

Ob Janicke zu dem Teil der Gen Z gehört, die die 2000er-Trends zurückbringt – sieht ganz so aus, schaut man sich ihre baggy Jacke und große Libellenkette an. Bitte weggucken, liebe Millennials!

Patio App: Was steckt dahinter?

Eine Social-Media-Plattform für College-Student:innen, für die man eine Uni-E-Mail benötigt, um sich anzumelden? Richtig, das klingt sehr nach dem Facebook von früher, aber das ist kein Grund, die Verachtung zwischen den verschiedenen Generationen Millennials und Gen Z noch weiter zu vertiefen. Die unterscheiden sich nämlich sehr voneinander. Während Millennials eher Ordnung lieben, verehrt Generation Z das Chaos und lebt es im Trend Cluttercore aus.

„TheFacebook“ wurde von Bösewichten ins Leben gerufen, die ursprünglich ein Online-Verzeichnis für Student:innen der Harvard-Universität erstellen wollten, nachdem sie die primitive „hot or not“-ähnliche Website Facemash geschaffen hatten, die dazu diente, Frauen wie Gegenstände zu bewerten. Erinnert an den toxischen Beziehungs-Trend Negging, der dein Selbstbewusstsein zerstört.

Patio wurde von Student:innen der Universität von Kalifornien, Davis, gegründet (ihr zukünftiger Status als einflussreiche Milliardär:innen steht noch nicht fest), die einen Ort schaffen wollten, um während der Pandemie mit anderen in Kontakt zu treten. Ursprünglich war die Seite nur für die Student:innen an der Universität gedacht, doch das Patio-Team erklärte gegenüber der Universitätszeitung, dass sie sich auf die neuen Student:innen konzentrieren wollten.

Ein Screenshot eines Chatrooms der Patio App.
...und so sieht ein Chatroom aus © Carolina Janicke

Patio ist wie Tinder für Mitbewohner:innen

„Ich glaube nicht, dass irgendein Kind jetzt noch Facebook benutzt“, sagte Flynn Goel, ein weiterer Student aus Michigan. Er kommt aus einem anderen Bundesstaat, sodass Patio für ihn der einfachste Weg war, um Leute zu treffen und zu fragen, was ihn erwartet. „Ich habe gefragt, wie die Mensen sind und wie die Qualität des Essens ist. Ich mag Patio, weil ich weiß, dass ich innerhalb weniger Minuten eine Antwort bekomme, weil so viele Leute dort sind“, sagte er mir. „Vor allem, weil ich ziemlich weit weg von zu Hause bin.“

Das Aussehen eines Patio-Kontos erinnert stark an ein Dating-Profil bei Apps wie Tinder und Co. Man kann bis zu sechs Bilder von sich einstellen, eine Bio schreiben, Social-Media-Links und Interessen angeben. Schließlich sind diese Student:innen auf der Suche nach etwas viel Ernsterem als einer Beziehung – College-Mitbewohner:innen werden oft zu lebenslangen Freund:innen. „Es fühlt sich definitiv wie Tinder oder so an“, sagte Janicke.

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Profil auf der Plattform Patio.
Das Profil auf Patio... © Steffi Cao

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Ein Profil auf der Datingplattform Bumble.
... und ein Profil auf Bumble © Steffi Cao via Bumble

Für alle Interessen gibt es in der Patio App eine Chatgruppe

Ich meldete mich mit meiner alten College-E-Mail-Adresse an und wurde in den Gruppenchat des Jahrgangs 2026 der University of Michigan aufgenommen – er hat fast 3000 Mitglieder. Im großen Chat und den anschließenden Gruppenchats kannst du ein Online-Verzeichnis deiner Kommiliton:innen einsehen.

Als ich mich auf Patio umschaute, konnte ich nach Interessen suchen, aber Janicke sagte mir, dass es zum guten Ton gehört, jemanden, der zum Beispiel auch gerne Rad fährt, nicht einfach eine Nachricht zu schreiben. Das wäre dann peinlich, genauso wie diese 27 WhatsApp-Nachrichten, die dich ratlos zurücklassen. Josh Freedman, 18, sagte, er habe sich bereits mit mehreren anderen zugelassenen Student:innen, die er auf Patio kennenlernte, getroffen. (Er ist ein weiterer Student aus Michigan, weil ich natürlich vor allem mit denen sprechen konnte).

Josh Freedmans Profil auf der Plattform Patio.
Joshs Profil auf Patio © Josh Freedman

„Hallo Leute! Ich heiße Josh und wohne in Potomac, Maryland (nicht weit weg von Washington DC). Ich bin zu 100% für Michigan und studiere hier im Hauptfach Politik, Philosophie und Wirtschaft (PPE) mit dem LSA Honors Program, im Nebenfach mache ich Business. In der Schule habe ich am liebsten bei im Jura-Club und der Schülerzeitung mitgeholfen und in meiner Freizeit gehe ich gerne laufen, schaue Serien wie „Peaky Blinders“, „Narcos“ und „The Office“ und mache Landschaftsaufnahmen mit meiner Drohne. Außerdem bin ich ein großer Marvelfan und kann Stunden im Fitnessstudio verbringen, wenn du also einen Fitness-Buddy brauchst oder jemandem zum Filme schauen, schreib mir.
Ich kann es nicht erwarten, euch alle kennenlernen, also habt keine Angst und schreibt mir!“

Patio App hilft Student:innen Freundschaften zu schließen

„Es hat mir das Gefühl genommen, dass ich niemanden kenne“, sagte er. „Ich habe bereits Freundschaften mit Leuten von überall her geschlossen, von denen ich weiß, dass ich mit ihnen auf dem Campus abhängen möchte.“ Zu Beginn ist Patio ein großer Gruppenchat, in dem sich die Leute vorstellen. Dann teilen sie sich in kleinere Gruppen von Leuten auf, die im gleichen Wohnheim wohnen oder gemeinsame Interessen haben.

Laut Freedman und Janicke war Snapchat die am häufigsten genutzte andere App, auf die umgestiegen wurde. „Es fühlt sich einfacher an“, sagte Janicke. „Ich weiß auch nicht, vielleicht ist es einfacher herauszufinden, ob jemand ein Catfish ist?“

Wie gestaltet man ein Patio-Profil?

Aber es ist nicht einfach, eine Bio für Patio zu schreiben und Fotos zu posten, die die Art von Person darstellen, die man ist – oder die man in seinem neuen College-Leben sein möchte.

„Ich habe zuerst ein gutes Porträtfoto von mir ausgewählt und dann ein Foto von mir bei einem Cross-Country-Lauf, weil ich wollte, dass die Leute wissen, dass ich gerne Sport treibe und fit bin“, sagte Freedman. „Dann noch eines mit meinen Freund:innen, damit die Leute wissen, dass ich kontaktfreudig bin und gerne neue Leute kennenlerne und mit Freund:innen zusammen bin. Ich habe also keine Angst davor, auf andere zuzugehen.“

Die Einstellungsseite auf Patio, auf der man Interessen und Sternzeichen auswählen kann.
Auf Patio kannst du Interessen und Sternzeichen auswählen. © Steffi Cao

In Zeiten von Lockdowns war die Patio App eine große Hilfe für Student:innen

Der allgemeine Tipp, den mir die Student:innen gaben, war, dass das letzte Foto ein verwackeltes Spiegelselfie oder einen entsprechend unbeholfenen Gesichtsausdruck zeigen sollte, um zu zeigen, dass man lustig ist und eine Persönlichkeit hat.

Die Bios auf Patio sind ein bisschen unbeholfen geschrieben, weil man versucht, eine gemeinsame Basis zu finden. Die Student:innen geben ihr Hauptfach und einige ihrer Interessen an. „Ich liebe Autos, Schuhe und Fotografie“, heißt es in Janickes Biografie. „Wenn du mit mir befreundet sein willst, frag mich einfach nach meinen beiden Hunden.“

Online-Freundschaften sind in Zeiten von Lockdowns die Norm, sodass Patio den neuen Erstsemestern ein bisschen dabei hilft, sich beim Umzug von zu Hause wohlzufühlen, indem die App einen Raum zum Chatten und zum Kontakte-Knüpfen bietet. „Ich bin überhaupt nicht nervös“, sagte Janicke. „Ich werde meine Eltern vermissen, aber ich weiß, dass es mir gut gehen wird.“ Wenn sie möchte kann sie mit ihren Eltern dann ja per Festnetztelefon Kontakt aufnehmen – das lebt momentan nämlich auch wieder auf. Hier sammeln wir 7 Gründe, warum das Festnetztelefon nicht verschwinden sollte.

Autorin ist Steffi Cao. Der Artikel erschien am 22. Juli 2022 auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Friederike Hilz.

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