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Sechs Gründe, warum sich die deutsche „Klima-Shakira“ in Österreich festklebt

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Von: Laura May

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Anja Windl will Tempo 100 auf den Autobahnen. Dafür nimmt die 26-Jährige einiges in Kauf – auch Sexismus.

Kleben für das Klima. Mit dieser Strategie will die „Letzte Generation“ doch noch unseren Planeten retten. Dafür organisieren die Umweltaktivist:innen immer wieder Aktionen. Sie kleben sich an Straßen oder Zufahrten und blockieren den Verkehr, schmeißen Farbe auf Museumsgemälde oder inszenieren medienwirksamen Protest.

Anja Windl ist wohl aktuell die berühmteste Klimaaktivistin Österreichs, obwohl sie eigentlich aus Bayern kommt. „Wir sind an einem historischen Zeitpunkt“, sagt sie im Gespräch mit BuzzFeed AT. „Wenn wir jetzt nicht eingreifen, zerbricht unsere Zivilisation“. Hier sechs Gründe, warum genau eine Deutsche zum Gesicht der Klimabewegung in Österreich geworden ist.

1. Was denkt Windl über ihr Image als „Klima-Shakira“?

Die Boulevard-Presse hat der Aktivistin den griffigen Namen „Klima-Shakira“ verpasst – eine Anspielung auf ihre äußerliche Ähnlichkeit zur 2000er-Poplegende. Die 26-jährige Psychologiestudentin landet mit dieser Bezeichnung einfach in jeder Überschrift.

Auch abseits der öffentlichen Zuschreibung „Klima-Shakira“ wird die Aktivistin der „Letzten Generation“ immer wieder objektifiziert. Ein Polizist habe bei einer Protestaktion etwa zu ihr gesagt: „Warum tust du dir das an, du bist doch so hübsch?“ Wind weiß ganz genau, warum: Sie will konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz durchsetzen – zum Beispiel Tempo 100 auf Autobahnen.

2. Die potenzielle Ausweisung der Deutschen ist ein PR-Turbo

Als „Klima-Shakira“ schrieb bisher vor allem der Boulevard über Windl. Dass nun aber immer mehr Medien über die Aktivistin berichten, hat einen anderen Grund: Zuletzt landete Windl in den Schlagzeilen, weil Österreich sie laut eigenen Angaben nach Deutschland abschieben möchte. Laut Standard gab das Innenministerium aus Datenschutzgründen dazu bisher keine Auskunft. Windl ist nicht die erste Aktivist:in, die in Schwierigkeiten mit der Polizei geraten ist. Bereits im März standen Mitglieder der „Letzten Generation“ erstmal vor einem österreichischen Gericht. Dabei handelte es sich um Verwaltungsstrafen, die die Aktivist:innen der „Letzten Generation“ nicht begleichen wollten.

Kann eine Deutsche überhaupt ausgewiesen werden?

Ja, theoretisch ist das möglich. Laut gültigem Gesetz gibt es zwei legale Gründe, um die Deutsche und andere EU-Bürger:innen zurück in ihre Heimat zu schicken: die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder fehlendes Aufenthaltsrecht. Trifft einer der beiden Punkte zu, könnte ein „Aufenthaltsverbot“ ausgesprochen werden.

3. Behörden prüfen das Gefährdungspotenzial der 26-Jährigen

Für Donnerstag, 6. April, erhielt Windl eine Vorladung beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Nach einer Aktion in Klagenfurt wurden die Daten der „Klima-Shakira“ an die Fremdenpolizei übermittelt. Nach dreieinhalb Stunden Vernehmung in Leoben wurde Windl „eine sehr dicke Akte“ über ihre eigene Person präsentiert, berichtet die Aktivistin in einer aktuellen Instagram-Story.

Ihr Gefährdungspotenzial „wurde rigoros abgefragt“. Ob die Behörden tatsächlich eine rechtliche Grundlage für die Ausweisung der Deutschen finden, ist bisher unklar. Windl wurde bereits acht mal von der österreichischen Polizei verhaftet, will aber trotzdem weiter für das Klima kämpfen. Jetzt muss sie aber erst einmal auf eine Entscheidung der Fremdenbehörde warten. „Ich bin sehr gespannt, was dabei rauskommt“, sagt Windl. Egal wie die Behörden entscheiden, die Aktivistin will weitermachen. „Ich lasse mich davon nicht einschränken“, sagt sie im Buzzfeed-Gespräch. „Nächste Woche beginnt die Protestwelle in Graz.“

4. Klima-Kleber:innen auf Bali-Urlaub? Was sagt Windl zum Vorwurf der Doppelmoral? 

Trotz großer medialer Aufmerksamkeit inszeniert sich Windl nicht als Moralapostel. Man müsse sich nicht 100 Prozent korrekt verhalten, nur weil man sich engagiert. Aktivismus sei die eine Sache, aber die Leute hätten auch ein Privatleben. Deutschen Klimaaktivist:innen der „Letzten Generation“ wurde zuletzt Doppelmoral vorgeworfen, nachdem sich nach Bali auf Urlaub geflogen sind. Für Windl ist das kein Argument. Die Aktivistin sagt, wenn jemand jeden Tag Kurzstrecke fliegt, würde er immer noch etwas ändern, wenn er sich zusätzlich engagiert.

4. Windl weiß die Sozialen Medien für sich zu nutzen

„Wenn die österreichische Fremden- und Asylbehörde versucht dich nach Deutschland abzuschieben, aber die Sonne scheint“, postete Anja Windl am Tag vor ihrer Anhörung in Leoben auf Instagram. Auch wenn die 26-Jährige durch ihre Aktionen Wohnort und Studienplatz in Österreich verlieren könnte, bleibt sie nach außen positiv.

5. Mit der „Letzten Generation“ hat sie eine professionalisierte Bewegung hinter sich

Seit Anfang 2022 organisiert die Aktivist:innen-Gruppe „Letzte Generation“ Protestaktionen für strengere Klimapolitik. Die Gruppe ist international vernetzt und gut organisiert. Ob Pressearbeit, Protest oder Social-Media-Auftritt – die „Letzte Generation“ ist keine wilde Hippietruppe, sondern arbeitet ernst und organisiert am gesellschaftlichen Wandel. Diese Struktur hilft auch Aktivistin Anja Windl.

6. Anja Windl rechtfertigt Klebeaktionen: „99,9 Prozent der Staus werden nicht von uns verursacht“

Windl geht auf ihrem Instagram-Kanal auch auf Vorwürfe gegen die „Letzte Generation“ ein. In einem Video erklärt sie etwa, warum die Aktivist:innen nicht schuld daran seien, dass Rettungswagen durch die Verkehrsblockaden nicht rechtzeitig helfen können. Zum einen würden sich laut Windl immer wieder Rettungssanitäter:innen an den Protestaktionen beteiligen. Und: „99,9 Prozent der Staus werden nicht von uns verursacht.“

Dazu passend findest du hier 5 Mobilitätskonzepte, die du umsetzen kannst, wenn dir irgendetwas an deiner Zukunft liegt.

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