Prämien für Lehrkräfte sind laut Gewerkschaft „Unsinn“– was gegen Lehrermangel wirklich helfen könnte

Um den Beruf als Lehrkraft attraktiver zu machen, fordert die Gewerkschaft für Erziehung und Wirtschaft bessere Studienbedingungen und kleinere Schulklassen.
In Schulen herrscht wie in vielen anderen Branchen Fachkräftemangel. Die Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger schlägt deshalb Leistungsprämien für Lehrer:innen vor. „Die vielen motivierten und engagierten Lehrkräfte in unserem Land brauchen nicht nur mehr Anerkennung, sondern auch eine leistungsorientiertere Bezahlung“, sagte sie gegenüber der Bild.
Der Beruf soll damit attraktiver werden. „Leistungsprämien für Lehrkräfte sind Unsinn“, sagt Maike Finnern, Vorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und Wirtschaft (GEW), gegenüber BuzzFeed News DE und erklärt, was den Beruf als Lehrkraft für junge Menschen tatsächlich attraktiver machen würde.
Die Leistungsprämie kann laut GEW zu „Unruhe in den Kollegien“ führen
Finnern kritisiert an den Leistungsprämien, dass diese „nicht den dramatischen Lehrkräftemangel“ bekämpfen würden. Erfahrungen in Rheinland-Pfalz und Sachsen, in denen eine Leistungsprämie schon einmal eingeführt wurde, beweisen nach ihren Aussagen das Gegenteil. Es sei zudem nicht klar, nach welchen Kriterien die Prämien vergeben würden und welche Rolle die Schulleitung dabei spiele. „So kann schnell der Eindruck entstehen, dass Nasenprämien vergeben werden“, sagt Finnern. „Das führt zu Unruhe in den Kollegien.“ Mit Nasenprämien meint sie Prämien, die vergeben werden, weil man die Person sympathisch findet – nicht, weil sie eine gute Leistung vollbringt.
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Was kann den Lehrer:innen-Beruf für junge Menschen attraktiver machen?
„Wer Menschen für den Lehrberuf begeistern will, muss die Arbeitsbedingungen in den Schulen dringend verbessern“, sagt Finnern gegenüber BuzzFeed News DE. Die Lehrkräfte brauchen, wie sie sagt, „mehr Zeit für die pädagogische Arbeit“ – zum Beispiel in kleineren Klassen. Dafür müssten Teams aus Lehrkräften, Sozialarbeiter:innen und Sozialpädagog:innen, sowie Erzieher:innen gebildet werden und eng zusammenarbeiten. Im Arbeitsalltag sollen die Lehrer:innen außerdem entlastet werden – etwa von Verwaltungsarbeiten und vom Aufbau einer digitalen Infastruktur durch IT-Expert:innen.
Wer Menschen für den Beruf den Lehrberuf begeistern will, muss die Arbeitsbedingungen in den Schulen dringend verbessern.
Unter angehenden Lehrer:innen gibt es – ähnlich wie bei Auszubildenden in der Pflege – eine hohe Abbruchquote. Laut einer Hochschulstatistik des Medienunternehmens Table.Media bricht grob geschätzt jeder fünfte Studierende im Bachelor sein Lehramtsstudium ab. Auch im Referendariat komme es laut der GEW unter angehenden Lehrer:innen zu Abbrüchen. „Um mehr Nachwuchs zu gewinnen, müssen die Kapazitäten in den Lehramtsstudiengängen und für das Referendariat ausgebaut werden“, sagt Finnern.
Um den Lehrer:innen-Beruf attraktiver zu machen, müssen laut GEW die Studienbedingungen verbessert werden. Im Grundschullehramt solle etwa der NC abgeschafft werden. Außerdem lernten Lehramtsstudierende viel zu spät im Studiengang die Realität des Lehrer:innen-Berufs kennen. Die GEW fordert von den Ländern außerdem, „endlich alle Lehrkräfte mit einer vollständigen Ausbildung gleich zu bezahlen“ – sowohl verbeamtete Lehrer:innen, als auch angestellte Lehrkräfte.
Wie konnte es überhaupt zu einem Lehrer:innenmangel kommen?
Als Grund für den Lehrer:innenmangel weist die GEW auch auf die Arbeit der Bildungsministerien in den Ländern und der Kultusministerkonferenz (KMK) hin. Diese haben laut Finnern „falsche Zahlen zur Grundlage ihrer Entscheidungen mit Blick auf den Lehrkräftebedarf gemacht“. Hinweise von Wissenschaftler:innen und Gewerkschaften, „die vor einem Mangel an Lehrkräften seit Jahren warnen, haben sie schlicht in den Wind geschlagen“.
Nicht nur für die Ausbildung von Lehrer:innen muss laut der GEW viel getan werden, auch für die Bildung in Deutschland an sich. Hier findest du 5 Dinge, die an der Bildung von Kindern schieflaufen. Der GEW fordert, dass das „seit Jahrzehnten unterfinanzierte Bildungssystem endlich deutlich besser ausgestattet werden“ soll. Außerdem schlägt die Gewerkschaft vor, ein „100-Milliarden-Euro-Bildungsprogramm vor, das über ein Sondervermögen finanziert werden soll“.