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„Halt die Klappe“: 13 Tweets zu Multimillionär, der behauptet, weiße männliche Autoren haben es schwer

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James Patterson posiert für Fotograf:innen.
Autor James Patterson © ZUMA Wire/IMAGO

James Patterson sagt in einem Interview, dass weiße männliche Autoren benachteiligt sind. Die Twitter Community hat da eine andere Meinung.

Die Äußerungen des Bestseller-Autors James Patterson, dass weiße Männer in der Buch-Branche mit Rassismus zu kämpfen haben, sei ungefähr so glaubwürdig wie seine Psychothriller, sagen Autorinnen und nicht-weiße Schriftsteller:innen.

„Der Mythos, dass es People of Colour (POC) leichter haben, ihre Bücher zu veröffentlichen, ist einfach falsch und schädlich“, so Roseanne A. Brown, New York Times-Bestsellerautorin von Jugendbüchern.

Autor James Patterson befürchtet Rassismus gegen „Weiße“ in der Buchbranche

Patterson (75) ist Krimiautor und veröffentlichte laut npr in den letzten drei Monaten eine Autobiografie und verfasste ein Buch mit Sängerin Dolly Parton. In einem Interview mit der britischen Sunday Times sagte er, er befürchte, dass es für weiße Männer schwierig geworden sei, Jobs im Film- und Verlagswesen zu bekommen, und nannte dies „nur eine andere Form des Rassismus“.

„Kann man einen Job finden? Ja. Ist es schwieriger? Ja“, sagte Patterson. Für ältere Autoren ist es noch schwieriger. Man trifft nicht viele 52-jährige weiße Männer.“

Patterson entschuldigt sich drei Tage nach dem Interview

Drei Tage nach der Veröffentlichung des Interviews entschuldigte Patterson sich auf Social Media: „Ich glaube absolut nicht, dass weiße Schriftsteller:innen rassistisch diskriminiert werden.“ Aber seine Kommentare hinterließen ihre Spuren in der „Buch-Bubble“ auf Twitter, wo sich die Mitglieder der Buchgemeinschaft gegen seine frustrierenden Aussagen wehrten.

„Alle auf Book-Twitter kommen zusammen, um James Patterson zu sagen, dass er die Klappe halten soll.“

POC Autor:innen werden in der Buchindustrie benachteiligt

Buchcover von „A Song of Wraiths and Ruin – Die Spiele von Solstasia“
BuzzFeed.de © Droemer Knaur

Brown sagte gegenüber BuzzFeed News US, dass Pattersons Kommentare bei ihr als Schwarze Frau „einen Nerv getroffen“ hätten. „Es ist Teil eines perfiden Systems, mit dem viele BIPOC-Schriftsteller:innen und ich kämpfen müssen. Einige wenige Erfolge von POC-Autor:innen in unserer Branche werden als eine übermächtige Bewegung angesehen, die weiße Autor:innen verdrängt“, sagt Brown. Ähnliche Tendenzen, bei denen eine Minderheit als übermächtig gesehen wird, ist die Verschwörungsideologie „Genderismus“, bei der Trans-Personen und Homosexuelle als Bedrohung dargestellt werden.

Stattdessen sei die Buch-Branche nach wie vor stark auf weiße Autor:innen ausgerichtet. Auch die Mehrheit der Verlagsmitarbeiter:innen – von Redakteur:innen bis Vertriebs- und Marketingvertreter:innen – seien ebenfalls weiß, so Brown. Laut der New York Times wurden 89 Prozent der 2018 veröffentlichten Bücher von weißen Autor:innen geschrieben. Die sogenannte „Diversity Baseline Survey“ ergab, dass 85 Prozent der Personen, die Buchrechte erwerben und Skripte bearbeiten, ebenfalls weiß sind.

Nicht nur im Verlagswesen werden POC benachteiligt. Auch in der Medizin haben Schwarze Menschen mit Rassismus und Diskriminierung zu kämpfen.

James Patterson profitierte früher von der Arbeit von POC-Autor:innen

„Die Vorstellung, dass weiße Menschen im Verlagswesen unter Rassismus leiden, ist Unsinn“, sagt Margaret Owen, eine weiße YA-Fantasy-Autorin. „Ich denke, wenn man als weiße:r Autor:in Probleme hat, Arbeit zu finden, sollte man darüber nachdenken, ob das nicht vielleicht etwas mit einem selber zu tun hat.“

Mehrere Personen wiesen darauf hin, dass Patterson früher unter seinem Jimmy-Patterson-Verlag Kinderbücher von POC-Autor:innen veröffentlichte, jetzt aber nur noch Bücher druckt, die er alleine oder mit jemandem zusammen schrieb. Seine ganze „weiße Autoren leiden“-Geschichte kommt nach der „Ich will von der Vielfalt profitieren“-Sache“, schrieb die lateinamerikanische Grafikdesignerin und Autorin Sandra Proudman auf Twitter.

Bibliothekar:innen merkten an, dass Patterson, der mehr als 200 Bücher geschrieben hat, im literarischen Bereich viel (buchstäblichen) Platz einnimmt. „Unsere Bibliothek hat alle James Patterson Bücher rausgeschmissen und durch den zusätzlichen Platz haben wir jetzt einen neuen 1000 Quadratmeter großen Gemeinschaftsraum.“

„Als Bibliothekarin kann ich nur sagen, dass meine Bibliothek immer noch mehr Patterson-Bücher als von fast jedem:r anderen Autor:in hätte, selbst wenn wir die Hälfte seiner Bücher durch welche von POC-Autor:innen ersetzen würden“, schrieb @dirty_librarian auf Twitter.

Weiße Autor:innen bekommen für ihre Arbeit oft mehr Geld

Patterson ist einer der reichsten heute lebenden Schriftsteller:innen – der New Yorker hat gerade ein Portrait von ihm veröffentlicht, das sich um seinen Reichtum dreht. Dank seiner 400 Millionen verkauften Bücher, seines Verlags und seiner Produktionsfirma, die diese Bestseller dann als Fernsehserien oder Filme adaptiert. Auf diese Liste 18 guter Buchadaptionen hat es leider keines seiner Werke geschafft.

Im Gegensatz dazu erhalten Schwarze Autor:innen – sowohl in der Vergangenheit als auch heute noch – oft geringere Honorare für ihre Arbeit. Brown erklärt gegenüber BuzzFeed News US, dass der Hashtag #PublishingPaidMe, der von der Autorin L.L. McKinney ins Leben gerufen wurde, diese Ungleichheit deutlich macht.

„Eure ich-weiß-nicht-wie-vielte Erinnerung, dass es bei #PublishingPaidMe darum ging, die Ungleichheiten zwischen Schwarzen und nicht-Schwarzen Autor:innen zu verdeutlichen – vor dem Hintergrund der Ereignisse im Sommer 2020 – und dass dadurch die Kluft zwischen weißen und POC Autor:innen sichtbar wurde.“

„Dazu kommt außerdem, dass wir sowohl vor als auch nach der Veröffentlichung unserer Bücher mit Rassismus und Vorurteilen zu kämpfen haben“, so Brown. „Ich würde mir wünschen, dass BIPOC mehr unterstützt werden, und zwar in Form von angemessenen Honoraren und besserem Marketing für Bücher, die von BIPOC-Autor:innen verfasst wurden. Außerdem sollten mehr BIPOC Autor:innen eingestellt und BIPOC-Mitarbeiter:innen weiter beschäftigt werden.“

Obwohl vor allem die Geldgeber:innen der Verlage Einfluss nehmen können, ließ Book-Twitter nicht locker und bombardierte Patterson mit Statistiken und Memes. Das reichte für eine Erklärung des Autors und vielleicht wird sich das bei den Verantwortlichen rumsprechen.

1. „Weißt du, booktwt kann eine gespaltene, unproduktive und negative Brutstätte von Kleinstfraktionen, Cliquen und schlechten Interpretationen sein, aber in Zeiten wie diesen ist es toll zu sehen, wie wir alle zusammenkommen, um mit Nachdruck zu sagen, f*ck James Patterson.“

2. „Wissen berühmte Autor:inne, dass sie einfach... die Klappe halten können?“

3. „Ich hätte auch gerne die gleichen Probleme wie James Patterson und seine 86 Millionen Buchdeals.“

4. „Livebilder von James Patterson.“

5. „Von allen Leuten, James Patterson. Erstens, schreib deine eigenen Bücher Junge.“

6. „James Patterson hat ein Vermögen von über 700 Millionen Dollar, während BIPOC Autor:innen in der Verlagsbranche immer noch kaum ihre Miete bezahlen können und für einen Lohn arbeiten, der weit unter dem Existenzminimum liegt, aber bitte erzähl mir nochmal, wie Rassismus alten weißen Männern in der Branche schadet.“

7. „Sei ein Rick Riordan und nie ein James Patterson.“

8. „Anstatt (weiterhin) über James Patterson zu reden, warum kaufst du nicht mindestens zwei Bücher von BIPOC Autor:innen?“

9. „James Patterson bekommt nicht mal einen Job, wenn er seine eigenen Bücher schreibt.“

10. „Ich melde mich freiwillig, um so verfolgt zu werden, wie James Patterson. Vor allem in meinem Geldbeutel.“

11. „Haben wir eigentlich geprüft, wer das Zitat von James Patterson geschrieben hat“

12. „Als Schwarzer Mensch weiß ich wie es ist, im Verlagswesen unterdrückt zu werden und deshalb schließe ich mich mit James Patterson zusammen, um die Stimmen weißer Männer zu fördern, die wirklich unterdrückte Gruppe*. (*Warum würde er das sagen 💀 ich hoffe, dass sein Ghostwriter schon an einer Entschuldigung arbeitet)“

13. „Ich möchte mich wirklich bei allen dafür bedanken, dass sie James Patterson so roasten. Ich habe das heute echt gebraucht.“

Autorin ist Keelsey Weekman. Der Artikel erschien am 15. Juni 2022 auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Friederike Hilz.

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