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Der Holocaust ist #KeinVogelschiss: Mit Alexander Gaulands AfD-Rhetorik gegen das Vergessen

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Von: Jana Stäbener

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Am 27. Januar ist Holocaust-Gedenktag für alle Opfer des Nationalsozialismus – und Alexander Gaulands „Vogelschiss“ wird zur Erinnerungskampagne.

Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee das Vernichtungslager Auschwitz. Dort waren insgesamt 1,1 Millionen Menschen von den Nationalsozialisten ermordet worden, vor allem Jüdinnen und Juden, aber auch Pol:innen, Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene und queere Menschen. Seit 1996 ist der 27. Januar offizieller Holocaust-Gedenktag, seit diesem Jahr findet zum ersten Mal auch eine Gedenkstunde für queere Opfer der Nazi-Zeit im Bundestag statt.

Doch viele sehen die Erinnerungskultur an den Holocaust und andere NS-Verbrechen „durch Rechtspopulisten gefährdet“. Der KZ-Gedenkstättenleiter Oliver von Wrochem sagte der Frankfurter Rundschau, er sehe in den vergangenen Jahren eine Zunahme rechtspopulistischer Ideologie in Deutschland und in ganz Europa. Auch die AfD, bei der seit Jahren rechte Tendenzen zu beobachten sind, könnte man hier hinzuzählen.

2018 sagte der damalige AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland in einem Grußwort an die AfD-Jugend, Hitler und die Nationalsozialisten seien „nur ein Vogelschiss“ in 1000 Jahren deutscher Geschichte gewesen.
2018 sagte der damalige AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland in einem Grußwort an die AfD-Jugend, Hitler und die Nationalsozialisten seien „nur ein Vogelschiss“ in 1000 Jahren deutscher Geschichte gewesen. © Kay Nietfeld/IMAGO / Rolf Poss/Collage

Holocaust: Gedenktag am 27. Januar ist #KeinVogelschiss

So sagte 2018 der damalige AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland in einem Grußwort an die AfD-Jugend, Hitler und die Nationalsozialisten seien „nur ein Vogelschiss“ in 1000 Jahren deutscher Geschichte gewesen. Darüber berichtete unter anderem die Frankfurter Allgemeine (FAZ) „Nichts, gar nichts hat man gelernt“, würde die NS-Regime-Überlebende Lucia Heilman, die BuzzFeed AT interviewt hat, dazu sagen.

Und auch die Bildungsstätte (BS) Anne Frank übt indirekt Kritik an Gaulands Aussage von damals. Sie startet die Kampagne #KeinVogelschiss und geht aktiv dagegen vor, dass die Verbrechen des NS-Regimes von vor 90 Jahren vergessen werden. Dafür veröffentlicht die BS ab dem offiziellen Gedenktag am 27. Januar Videos auf ihrem Instagram-Kanal @bsannefrank.

Im Auftaktvideo ordnet Julia Yael Alfandari, Leitung politische Bildung der BS Anne Frank, die Bedeutung von 1933 ein: „Wir waren 1933 nicht dabei, aber wir sind in der Verantwortung, dass „#NieWieder“ nicht zu einer hohlen Floskel verkommt.“ Deshalb müsse man „1933 als Teil unserer Gegenwart behandeln“.

„1933 wehrten sich die Demokrat:innen nicht genug“, sagt Alfandari im Video. „Wer Rechtsradikalen Macht gibt, macht sie stärker, nicht schwächer. Das sollten wir uns vor Augen halten. Demokratischer Widerstand und Wachsamkeit ist wie ein Muskel, den wir ständig trainieren müssen. Und: Demokratie ist mühsam, oft chaotisch und widersprüchlich – wie das menschliche Leben. Das ist umso mehr ein Grund für uns, sie zu verteidigen.“

Die Bildungsstätte Anne Frank wies in einer anderen Kampagne darauf hin, dass Antisemitismus auf TikTok „besonders perfide“ ist.

Holocaust-Gedenken: „Braucht es eine neue Form der Erinnerungskultur?“

Der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, plädiert zum 27. Januar für zeitgemäße Formen der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus. Ähnlich sieht es auch Tamara Loewenstein, die am 25. Januar über „jüdischen Futurismus“ sprach. Sie meint, dass sie sich in der aktuellen Gedenkkultur nur schwer wiederfinden kann und stellt infrage, ob „es eine neue oder andere Form der Erinnerungskultur“ braucht.

Jüdischer Futurismus soll als eine neue Form der Gedenkkultur lebendige, kraftvolle, jüdische Stimmen einbinden und ihnen zuhören, findet Loewenstein, die aus San Francisco stammt und mittlerweile in Hamburg lebt. Für sie wurden queere Perspektiven zu Instrumenten der „Selbstermächtigung, um die Strukturen der bestehenden Erinnerungskultur aufzubrechen und Platz für neue Möglichkeiten zu schaffen“. Selbst ermächtigt handelten auch die Studierenden, die Twitter vorwarfen, antisemitische Kommentare nicht gelöscht zu haben.

Neue Möglichkeiten will die BS Anne Frank jungen Menschen auf Social Media geben. „Was bedeutet 1933 für dich? Werde aktiv und setze dich für ein aktives Erinnern ein – online und offline. Gemeinsam gegen das Vergessen“, lautet der Aufruf von #KeinVogelschiss. Es sei falsch gewesen, Erinnerung immer nur an Überlebende zu knüpfen, sagt Mendel. Heute gelte es umso mehr, Erinnerung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen und Anknüpfungspunkte zu schaffen – auch für jüngere Menschen mit und ohne innerfamiliäre Bezüge zur NS-Zeit.

Mehr zum Gedenktag an die Verbrechen des NS-Regimes: Bundespräsident Van der Bellen verurteilt Nationalsozialismus, die FPÖ bleibt geschlossen sitzen, das Netz kann nicht mehr.

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