SWR entschuldigt sich für rassistische Website zu „negroiden“ und „keltischen“ Hauttypen

Die Aktivistin Jasmina Kuhnke weist den SWR auf eine rassistische Website zum Thema Sonnenbrand hin. Der Sender entschuldigt sich – die Inhalte waren von 2004.
Menschen sehen alle ganz unterschiedlich aus: Die einen haben dunklere Haut, die anderen hellere. Genauso, wie die einen lange Haare haben und die anderen kurze, die einen groß sind, die anderen klein. Um Kindern diese Art des Denkens näherzubringen, verkauft ein Unternehmen Buntstifte in diversen Hauttönen – Malen gegen Rassismus quasi.
Als Selbstbezeichnung wählen Menschen mit dunkler Hautfarbe, Black and Indigenous People of Color (BiPoC), Menschen afrikanischer und afro-diasporischer Herkunft, den Begriff Schwarz. Das großgeschriebene „S“ wird dabei bewusst eingesetzt, um sich gegen die weiß dominierte Gesellschaftsordnung zu positionieren.
Andere Begriffe, gerade Bezeichnungen, die in der Geschichte einen diskriminierenden Beigeschmack hatten, lehnen Schwarze Menschen verständlicherweise ab. So zum Beispiel das Wort „negroid/negrid“, das an das rassistische N-Wort erinnert. Dieses wurde früher als rassenkundliche Bezeichnung für verschiedene Bevölkerungsgruppen Afrikas und auch deren Haut und Haare genutzt. Auch das M-Wort ist zumindest umstritten – ein TikToker erklärt, warum.
Immer noch klassifizieren Hautärzt:innen sehr dunkle Haut manchmal als negroiden Hauttyp ein. Auch der SWR verwendete diese Bezeichnung auf einer Website der Bildungsplattform „Planet Schule“. Die Aktivistin Jasmina Kuhnke macht den Sender auf den rassistischen Hintergrund des Begriffes aufmerksam.
SWR-Website „reproduziert“ laut Jasmina Kuhnke „veraltete Rassentheorien“
Auf der Website von „Planet Schule“ wird die Haut in sechs Typen unterteilt. Typ eins ist der „keltische“ Typ, dann kommt der „nordische“ Typ, der „europäische dunkle“, „mediterran helle“, „mediterran dunkle/asiatische“ und eben der „negroiden Typ“. Diese Einteilung „reproduziert veraltete Rassentheorien“ und gebe sie so an Schüler:innen unnötig weiter, kritisiert Jasmina Kuhnke den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einem Tweet vom 26. Februar 2023 (siehe unten). Auch problematisch ist laut TikToker:innen der Trend „Vanilla Girl“, bei dem weiße Frauen ihr Weiß-sein zelebrieren.
User:innen reagieren unter Kuhnkes Post mit Unverständnis für den SWR. „Ich frage mich immer, durch welche Redaktion, durch welches Lektorat, durch wie viele Hände müssen solche Inhalte gegangen sein, ohne dass irgendjemand das infrage gestellt hätte“, kommentiert eine Person. Ein anderer User postet ein Bild mit verschiedenen Haut-Farben aus der Kosmetikbranche. Hier wird einfach in fair, medium, warm, tan und dark unterschieden. Für die Kosmetikindustrie sei es seit Jahren selbstverständlich, bei Hauttönen keine „vermeintlich regionalisierten Phänotypen“ oder „rassenmythische Erklärungsmuster“ zu verwenden, so der User.
Auch der Presse-Account SWR antwortet auf Kuhnkes Tweet. Er verweist auf das Alter der Website und stimmt ihr zu, dass solche Inhalte „längst nicht mehr online sein“ sollten. „Entschuldigung, dass wir hier nicht genauer drauf geachtet haben, das hätte uns nicht passieren dürfen. Es tut uns leid, wenn wir mit diesen Inhalten jemanden verletzt haben.“ Die veraltete Seite werde man „selbstverständlich umgehend offline nehmen“.
SWR rechtfertigt sich: Rassistische Website stammt aus dem Jahr 2003/2004
In der Tat ist die Seite am Vormittag des 27. Februars 2023 nicht mehr zu finden. Nur noch im Webarchiv ist sie einsehbar. Auf Anfrage von BuzzFeed News DE antwortet eine SWR-Sprecherin mit Verständnis für Jasmina Kuhnkes Tweet. „Wir können Frau Kuhnkes Kritik in Gänze nachvollziehen und haben daher die Seite nach dem Hinweis gelöscht, uns auf Twitter entschuldigt und die Löschung transparent gemacht“, schreibt sie.
Bei dem Artikel zum Thema Sonnenbrand habe es sich um ein „Planet Schule“-Angebot zum Thema Chemie aus dem Jahr 2003/2004 gehandelt. Damals wurden die Begriffe des Bundesamts für Strahlenschutz genutzt, um das Phänomen der unterschiedlichen Hauttypen zu beschreiben. „Diese und der Artikel sind natürlich veraltet. Der Artikel enthält unangemessene Begriffe und Bezeichnungen für Hautfarben, die rassistisch sind.“
Die Website sei schon länger nicht mehr Teil des Angebots gewesen. Bei einem Umzug in ein neues Content-Management-System sei versäumt worden, „einzelne, autarke Seiten zu löschen, sodass sie im Netz noch auffindbar waren“, rechtfertigt sich der SWR. „Wenn wir das Thema Sonnenbrand noch einmal anbieten, dann selbstverständlich in einer neuen, wissenschaftlich aktualisierten und sprachlich angemessenen Form.“
Mehr zum Thema: Auch die Kinderbuchautorin Cornelia Funke sieht heute einen „Wendepunkt“ bei Kinderbüchern: Die „Wilden Hühner“ wären heute nicht mehr alle weiß, sagte sie.