„Quoten-Asiate“ aus Franken: Videos zu Klischees über asiatische Menschen machen Tiktoker erfolgreich

Rassismus ist ein ernstes Thema. Man kann aber auch auf humorvolle und lockere Art auf das Problem aufmerksam machen. Ein junger TikToker zeigt, wie es geht.
Rassismus kann sich auf menschenverachtende und sogar tödliche Weise äußern und muss dann auch dementsprechend ernsthaft thematisiert werden. Die vielen Fälle, wo in den USA ein Schwarzer Mann von der Polizei ermordet wird, sind das krasseste Beispiel für diese Art des Rassismus. Darauf kann man nur mit Empörung und der Bereitschaft zur ausführlichen Auseinandersetzung reagieren. Dasselbe rassistische Denken, das Menschen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit bestimmte Eigenschaften zuordnet, steckt aber auch hinter vermeintlich harmlosen Äußerungen, die sehr oft ohne böse Hintergedanken gemacht werden.
Davon betroffen sind auch asiatisch aussehende Menschen. Wie oft müssen sie sich etwa die Frage anhören, ob sie Hunde und Katzen essen oder besonders gut in Mathe sind? Der 19-jährige Gymnasiast Dennis aus Oberfranken hat ein besonderes Verhältnis zu dieser Art von Vorurteilen: Seine Eltern stammen beide aus China, er selbst ist aber in Franken geboren. Wenn er Deutsch spricht, klingt er wie ein fränkisches Urgestein. Zugleich spricht er aber auch fließend Chinesisch, da er zweisprachig aufgewachsen ist. Eine seltene Kombination, auf die er stolz ist, wie er im Gespräch mit BuzzFeed News Deutschland sagt.
Rassismus-Kritik auf TikTok: Das geht auch mit viel Humor und guter Laune
Dennis, ein lebensfroher junger Mann, der gerade Abitur schreibt, ist in das soziale Gefüge seiner Heimatstadt bestens integriert. Er hat nie die rassistische Ablehnung erfahren, die anderen das Leben schwer macht. Dennoch ist er sich seiner doppelten Identität bewusst. Er sagt: „Ich sehe mich sowohl aus Deutschen als auch als Chinesen“, und spielt gerne damit. Das tut er recht erfolgreich auf seinem TikTok-Kanal „meisterlingtac“, wo er sich als „fränkischen Quotenasiaten“ bezeichnet. Seit Mai 2021 unterhält er seine mittlerweile über 200.000 Follower mit lustigen Videos von sich selbst und hat damit bereits eine gewisse Bekanntheit erlangt: „Beim Wandern werde ich schon mal von den Leuten erkannt.“
Neben dem für TikTok üblichen unpolitischen Content – hier zeigen wir dir einen TikToker, der wie Harry Potter aussieht – hat Dennis von Beginn an auch Videos gepostet, in denen er Vorurteile aufgreift, mit denen sich asiatisch aussehende Menschen häufig konfrontiert sehen. Besonders oft macht er sich über das Klischee lustig, alle Chinesen würden gerne Hunde und Katzen essen. Seine lockere Art, mit der er sich dabei selbst durch den Kakao zieht, kommt bei den Leuten gut an.
Zu Beginn der Coronapandemie gab es einen auffallend starken Anstieg rassistischer Vorfälle gegen Menschen asiatischer Herkunft. Die anti-chinesische Rhetorik des damaligen US-Präsidenten Donald Trump färbte auch auf das gesellschaftliche Klima bei uns ab, wie der Tagesspiegel berichtete. Asiatisch gelesene und unterschiedslos mit Chinesen in einen Topf geworfene Menschen wurden beleidigt, angespuckt und sogar angegriffen. Ihnen bzw. China wurde unterstellt, das Coronavirus erschaffen und ins Land gebracht zu haben. Auch dieses Narrativ greift der chinesischstämmige TikToker Dennis sehr gekonnt auf (siehe unten).
Dennis will auf TikTok niemanden anklagen und nicht aufklären: Unterhaltung ist „primäres Ziel“
Am heftigsten wütete anti-asiatische Rassismus übrigens in den USA selbst. Dennis betont im Gespräch mit BuzzFeed News Deutschland, dass er selbst nicht Opfer dieser Rassismus-Welle gegen Asiaten wurde („Hab‘ ich nicht mitbekommen“). Er habe diese Zeit größtenteils isoliert an seinem Heimatort verbracht und dort schlage ihm generell keine Ablehnung entgegen. Überhaupt sieht er sich nicht als Opfer, das negative Erfahrungen verarbeiten müsste. Deshalb ist dieses weiteres lustiges TikTok-Video, mit dem er wieder das Chinesen-essen-Hunde-Motiv aufgreift, nicht als Erfahrungsbericht zu verstehen:
In Wirklichkeit hat ihn nie jemand auf offener Straße angebrüllt, er solle „in sein Land zurück.“ Dennis‘ Anliegen ist weder Aufklärung noch Sensibilisierung. Das wäre mit dermaßen kurzen Videos auch kaum möglich. „Primäres Ziel ist es, die Leute zu unterhalten“, erklärt er BuzzFeed News Deutschland im Gespräch. Wichtig sei, dass die Videos gut ankommen.
Das schmälert allerdings nicht den Wert seiner Beiträge, die auf jugendliche Weise ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es diese Vorurteile gibt. TikTok wäre seiner Meinung nach aber nicht das richtige Medium, um sich wirklich ernsthaft mit dem Thema Rassismus auseinanderzusetzen. Der Unterhaltungsfaktor stehe immer im Vordergrund.
Ein ganz normaler deutscher Teenager – mit chinesischen Eltern
Letztlich ist Dennis eben ein ganz normaler 19-jähriger Teenager, der voll in die oberfränkische Gesellschaft integriert ist, gerade sein Abitur schreibt und sich so verhält, wie man es von einem deutschen Abiturienten erwartet (in vielen Videos geht es auch um das Thema Bierkonsum). Nur mit dem Unterschied, dass er zufällig auch Chinese ist und mit Vorurteilen über Menschen wie ihn spielt. Auch wenn es nicht seine Intention ist und der Spaßfaktor dominiert, sensibilisiert er damit seine Follower ein Stück weit für anti-asiatischen Rassismus – und das allein ist schon ein wertvoller Beitrag.