Entscheidung im Prozess Johnny Depp gegen Amber Heard steht bevor: Die Macht der Geschworenen ist gewaltig
Es geht um potenzielle Zahlungen in Höhe von bis zu 100 Millionen US-Dollar sowie um den Ruf von Johnny Depp und Amber Heard.
Nach sechs Wochen voller heftiger Anschuldigungen liegen die gegensätzlichen Verleumdungsklagen von Johnny Depp und Amber Heard nun offiziell in den Händen der Geschworenen.
Es geht um potenzielle Entschädigungszahlungen, die bis zu 100 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa 92.875.000 Euro) betragen könnten sowie der Ruf von zwei der größten Stars der Welt. Die beiden sind bereits stark durch den öffentlichen Prozess gekennzeichnet, der die schmutzigsten Seiten ihrer jahrelangen Beziehung aufzeigte.
Die Anwält:innen der beiden Schauspieler:innen trugen am Freitag vor sieben Geschworenen im Fairfax County Circuit Court in Virginia und einem Publikum, das den Prozess weltweit sowohl im Fernsehen als auch im Internet verfolgte, ihre Schlussplädoyers vor. Auf den Tag genau vor sechs Jahren hatte Amber Heard eine einstweilige Verfügung gegen Johnny Depp, ihren jetzigen Ex-Mann, wegen körperlicher Misshandlung erwirkt.
Johnny Depps Karriere sei durch Amber Heards Anschuldigungen „ruiniert“
Depps Team argumentierte, dass das Leben des „Fluch der Karibik“-Stars durch falsche Missbrauchsvorwürfe durch Amber Heard ruiniert worden sei. Zudem habe sie diese Vorwürfe in einem Meinungsartikel in der Washington Post 2018 wiederholt, weswegen Johnny Depp seine Ex-Frau schließlich verklagte. In dem Artikel nannte Amber Heard nicht den Namen ihres Ex-Mannes, schrieb aber, sie sei ein Opfer.
Johnny Depps Anwalt Benjamin Chew sagte, sein Mandant sei „von Hollywood gecancelt“ worden und seine Karriere liege aufgrund der Behauptungen von Heard in Trümmern.
„In dem Fall von Mister Depp ging es nie um Geld und auch nicht darum, Miss Heard zu bestrafen“, sagte Chew. „Es geht um die Schädigung des Rufs und darum, ihn aus dem Gefängnis zu befreien, in dem er die letzten sechs Jahre gelebt hat.“
Amber Heard spiele „die Rolle ihres Lebens“, so Johnny Depps Anwältin
Johnny Depps Anwältin stellten Amber Heard als Schauspielerin dar, die „die Rolle ihres Lebens“ spiele und beschuldigten sie eine reine Show für die Geschworenen zu veranstalten und „ohne Tränen zu schluchzen“ – eine Behauptung, die Heard in sichtbarer Abscheu zusammenzucken ließ.
„Sie kam in diesen Gerichtssaal und war bereit, die Vorstellung ihres Lebens zu geben und das tat sie auch.“
Als Teil ihres Beweismaterials zeigte Vasquez den Geschworenen Fotos von Heard, auf denen ihrer Meinung nach keine Anzeichen für körperliche Verletzungen zu erkennen sind. Die Anwältin spielte eine Tonaufnahme von Amber Heard vor, auf der die Ex-Frau zugab, Johnny Depp während einer ihrer Auseinandersetzungen geschlagen zu haben.
Mangelnde Zeug:innen aufseiten Amber Heards
Während die Schauspielerin Ellen Barkin aussagte, dass Depp eifersüchtig und kontrollierend gewesen sei, als sie in den 1990er Jahren zusammen waren, wies das Verteidigungsteam daraufhin, dass Heard nicht in der Lage gewesen sei, andere seiner früheren Partnerinnen zu benennen, die bezeugen, dass er sie missbraucht habe.
Zudem unterstütze Johnny Depp die #MeToo-Bewegung, aber nur für „echte Überlebende von Missbrauch“, so seine Anwält:innen.
„Amber Heard ist kein echtes Opfer und Mister Depp ist sicherlich keiner, der andere missbraucht. Nochmals, es gibt keine weiteren Zeugen, die aus der Versenkung aufgetaucht sind, um zu sagen: ‚Ich auch.‘“
Unklarheiten über Opfer und Täter:in
Stattdessen habe Heard Depp während ihrer Beziehung ständig verbal, körperlich und emotional missbraucht.
„Es gibt eine:n Täter:in in diesem Gerichtssaal, aber es ist nicht Mister Depp“, sagte Vasquez, „und es gibt ein Opfer von häuslicher Gewalt in diesem Gerichtssaal, aber es ist nicht Miss Heard.“
Umgekehrt schien Amber Heards Anwaltsteam einzuräumen, dass es möglich sei, dass die Geschworenen zu dem Schluss kämen, dass die beiden sich gegenseitig beleidigt hätten. Jedoch fügten sie hinzu, dass Depp, um in seinem Fall erfolgreich zu sein, beweisen müsse, dass er niemals auch nur im Entferntesten beleidigend gegenüber Amber Heard gewesen sei – eine Behauptung, die sie für absurd hielten.
„Wenn Amber auch nur ein einziges Mal von Mister Depp missbraucht wurde, dann gewinnt sie den Fall. Ein einziges Mal reicht aus. Und wir reden dabei nicht nur über körperlichen Missbrauch. Eingeschlossen sind auch emotionaler, psychologischer, finanzieller und sexueller Missbrauch.“
Johnny Depp soll laut Amber Heards Team Alkohol und Drogen missbrauchen
Amber Heards Team stellte Johnny Depp als einen Mann dar, der sie im betrunkenen Zustand verprügelt habe und zeigten den Geschworenen Bilder von Drogen, einem ohmächtigen Johnny Depp und Tonaufnahmen von ihm, wie er während eines Flugs wirre Sachen spricht. Sie beschrieben einen Unterschied zwischen „Mister Depp, dem Mann und Mister Depp, dem Monster“.
Sie zeigten auch Textnachrichten, in denen Depp davon schrieb, Heard zu ertränken und er sich wünschte, dass „die verrottende Leiche dieser F*tze im verdammten Kofferraum eines Honda Civic verwest“. Worte, von denen er sagte, es sei schwarzer Humor.
„Meine Damen und Herren, diese Worte sind ein Fenster in das Herz und den Verstand von Amerikas Lieblingspiraten“, sagt Rottenborn und bezieht sich dabei auf Johnny Depps Rolle als Captain Jack Sparrow. „So ist er in Wirklichkeit.“
Heards Anwält:innen sagen auch, Depp habe versucht, die Geschworenen „auszutricksen“, indem er behauptet habe, seine Ex-Frau müsse wohl „perfekt“ sein.
„Denkt an die Botschaft, die Mister Depp und seine Anwält:innen an Amber und im weiteren Sinne an jedes Opfer häuslicher Gewalt auf der ganzen Welt senden. Wenn du keine Fotos gemacht hast, ist es nicht passiert. Wenn du Fotos gemacht hast, sind sie gefälscht. Wenn du es deinen Freund:innen nicht erzählt hast, lügst du. Wenn du es deinen Freund:innen erzählt hast, ist es ein Teil des Schwindels.“
Bei der Klage geht es um Millionenbeträge auf beiden Seiten
Depp klagt auf 50 Millionen Dollar (etwa 46.488.500 Euro), während Heard eine Gegenklage in Höhe von 100 Millionen Dollar einreicht. Sie sagt, dass die Behauptung eines der Anwälte von Johnny Depp gegenüber der Daily Mail, sie würde einen „Schwindel“ inszenieren, verleumderisch seien.
Der langwierige Zivilprozess hielt die Medien und Beobachter:innen in aller Welt in Atem. Am Freitag verfolgten mehr als 1,1 Millionen Menschen einen YouTube-Kanal, der die Schlussplädoyers live übertrug. Die Hetze gegen Amber Heard, insbesondere von Depp-Anhänger:innen in den sozialen Medien, war sehr heftig.
Psychische Folgen für Johnny Depp und Amber Heard.
Am Donnerstag sagte Heard zum letzten Mal aus und beschrieb, wie sie den Hass, dem sie ausgesetzt war, als „quälend“ empfunden habe.
„Ich werde jeden Tag belästigt, gedemütigt und bedroht. Die Leute wollen mich umbringen und das sagen die mir jeden Tag.“
In seiner letzten Aussage sagte Johnny Depp, er habe es als „wahnsinnig“ empfunden, den „abscheulichen Anschuldigungen“ von Amber Heard zuzuhören.
„Ich glaube nicht, dass es irgendjemandem Spaß macht, sich zu öffnen und die Wahrheit zu sagen. Es gibt aber Zeiten, in denen man es einfach machen muss, weil alles sonst außer Kontrolle gerät.“
Er beschrieb Heards Anschuldigungen als „schrecklich, lächerlich, demütigend, absurd, schmerzhaft, brutal, unvorstellbar brutal, grausam und alles falsch – einfach nur falsch.“
Autor ist David Mack. Der Artikel erschien am 27. Mai 2022 auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Mine Hacibekiroglu.