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„Schöne, heile Welt“: Immer mehr junge Menschen wollen sich operieren lassen, um auszusehen wie Instagram-Stars

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Von: Jana Stäbener

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Schönheitsoperationen bei jungen Menschen wie Bella Hadid sind gefährlich, denn viele bereuen eine Operation im Nachhinein. Ein plastischer Chirurg erklärt, warum immer mehr junge Menschen die Beauty-Eingriffe überhaupt wollen.
Bella Hadid bereut ihre Nasen-Operation mit 14. (Symbolbild). © Jan Kuhlmann/dpa, Everett Collection/IMAGO (Collage)

Schönheitsoperationen bei jungen Menschen nehmen zu. Ein plastischer Chirurg erklärt, warum das gefährlich ist und was Instagram und Co. damit zu tun haben.

In einem Interview mit der Vogue sprach Bella Hadid vergangene Woche zum ersten Mal offen über das Thema Schönheitsoperationen. Sie gesteht: Vor allem die Nasen-Korrektur, die sie im Alter von 14 Jahren machen ließ, bereue sie heute. Auch andere Stars, wie Kylie Jenner, haben sich bereits mit 15 die Lippen aufspritzen lassen und ihr Aussehen schon als Minderjährige stark verändert. Professor Marcus Lehnhardt von der Universitätsklinik für plastische Chirurgie in Bochum, sieht das mehr als kritisch: „Die Persönlichkeitsentwicklung ist bei so jungen Menschen noch nicht vollständig abgeschlossen.“

Bella Hadid ist ein gutes Beispiel dafür, dass Schönheitsoperationen bei jungen Erwachsenen oft nicht richtig durchdacht sind. Im Interview mit der Vogue erzählte Bella, dass sie sich in ihrer Jugend ständig mit ihrer älteren Schwester Gigi Hadid verglich und das Gefühl hatte, die „hässliche Schwester“ zu sein. Eine Nasen-Operation mit nur 14 Jahren sollte da Abhilfe schaffen. Im Nachhinein finde das Topmodel mit palästinensischen Wurzeln es jedoch traurig, dass sie die Nase ihrer Vorfahren nicht behalten habe, sagt sie.

Schönheitsoperationen bei jungen Menschen: Kein seriöser Chirurg operiert einfach so Minderjährige

Professor Marcus Lehnhardt ist Vizepräsident der Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (dgpraec). Er findet, dass Bella Hadid ein typisches Beispiel dafür ist, warum sich sehr junge Menschen von Schönheitsoperationen lieber fernhalten sollten. „Ein seriöser plastischer Chirurg lehnt eine Operation bei Minderjährigen eigentlich immer ab.“ Besonders eine Nasen-Operation sei ein sehr heikler Eingriff, der oft nicht genau so verläuft, wie man sich ihn vorstellt, sagt Lehnhardt.

Die Persönlichkeitsentwicklung ist in jungen Jahren noch gar nicht abgeschlossen. Da können manche noch gar nicht abschätzen, was eine Schönheitsoperation eigentlich bedeutet.

Professor Marcus Lehnhardt, Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen

Wenige Ausnahmen seien kosmetische Eingriffe, die einen medizinischen oder psychischen Grund haben. Ein gutes Beispiel hierfür: das Anlegen abstehender Ohren. Auch andere Eingriffe wie eine Brustvergrößerung oder -verkleinerung seien denkbar, aber nur, wenn es handfeste Gründe gebe. „Da geht es um Leiden, um wirkliche psychische Probleme. Nur dann greift man in einem Nicht-Erwachsenen-Alter ein.“

Normalerweise würden plastische Chirurgen sonst immer zumindest bis zum 18. Lebensjahr warten. „Die Persönlichkeitsentwicklung ist in jungen Jahren noch gar nicht abgeschlossen. Da können manche noch gar nicht abschätzen, was eine Schönheitsoperation eigentlich bedeutet.“ Das sei bei Bella Hadid wohl der Fall gewesen, meint Lehnhardt, der die plastische Chirurgie an der BG Universitätsklinik Bergmannsheil in Bochum leitet.

Schönheitswahn durch Instagram und Co.? Immer mehr junge Menschen wollen sich operieren lassen

Laut Zahlen der Vereinigung der Deutschen Ästhetische Plastischen Chirurgen (VDÄPC) von stieg die Anzahl von Schönheitsoperationen bis 2019 um neun Prozent. Das sind doch sicher eher Frauen über 50, oder Männer wie Putin, deren geliebtes Botox nun nicht mehr nach Russland geliefert wird – könnte man denken. Doch das ist falsch. Der Anteil junger Patient:innen in der ästhetischen Chirurgie nimmt immer mehr zu. Aber warum wollen sich junge, gutaussehende Menschen operieren lassen? Die VDÄPC sieht in Social Media und im „Selfie-Boom“ den Hauptgrund. Auch Lehnhardt bestätigt das: „Instagram lebt ganz klar eine heile, schöne Welt vor und es gibt immer mehr jüngere Leute, die dem nacheifern wollen.“ Ein Digital Detox von Instagram und Co. tut also vielleicht auch mal ganz gut, wie dieser Artikel zeigt.

Manche zeigen dann ein Bild, zum Beispiel von Bella Hadid, und sagen: Ich möchte so aussehen wie die!

Prof. Dr. Marcus Lehnhardt, Gesellschaft der Plastischen, Rek. und Ästh. Chirurgen

Manche würden auch Bilder wie die einer Bella Hadid vorlegen und wünschten sich dann, genauso auszusehen, sagt er. Social-Media-Plattformen wie Tiktok und Instagram seien da ein absolutes Vorbild für viele Patient:innen. „Die wenigsten setzen sich differenziert damit auseinander, dass da Filter drüberlaufen und die Bilder überhaupt nicht echt sind“, sagt de Chirurg. Das ist schade, denn das Thema Diversity ist doch immer mehr im Kommen – selbst bei der diesjährigen Staffel von GNTM 2022.

Er sieht sich in solchen Situationen in der Verantwortung dann auch zu sagen, dass die Person doch ihre eigene Persönlichkeit habe und fragt, warum sie sich denn überhaupt operieren lassen wolle? Auch die Aufklärung über Folgeoperationen oder Risiken sei an dieser Stelle wichtig. Was er jungen Leuten rät, die über eine Operation nachdenken?: „Von der Idee erst einmal Abstand nehmen, den Körper mehr so akzeptieren, wie er ist, und nicht immer das zu glauben, was man auf Social Media sieht.“

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