Von „riskant und billig“ bis einfach heiß: Macrons freizügiger Look polarisiert im Netz

Der jüngst wiedergewählte französische Präsident Emmanuel Macron posierte im Wahlkampf ungewohnt freizügig. Das blieb nicht ohne Reaktionen.
Was hochrangige Politiker:innen am Leibe tragen, ist mitnichten egal. Für gewöhnlich werden sie zwar nicht auf ihr Äußeres reduziert, wie etwa Stars auf dem roten Teppich. Aber Gesprächsstoff liefern können sie allemal. Zumal es bei der zumeist schlichten Kleiderordnung bestehend aus Anzügen und Kostümen umso mehr auffällt, wenn jemand aus der Reihe tanzt.
Erinnern wir uns nur einmal an Ex-Kanzlerin Angela Merkels diskusstionsstiftendes Dekolleté bei der Eröffnung der neuen Oper in Oslo 2008. An Joschka Fischers Turnschuhe im Bundestag. An die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin, die sich kürzlich ohne erkennbares Oberteil unter einem Blazer ablichten ließ. All das schlug, beabsichtigt oder nicht, hohe Wellen.
Name | Emmanuel Macron |
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Geburtsdatum | 21. Dezember 1977 |
Erlernter Beruf | Banker |
Position | Staatspräsident der Französischen Republik |
Partnerin | Brigitte Macron |
Emmanuel Macron und Co.: Wie sich Politiker:innen kleiden, ist nicht unwichtig
Positivere Rückmeldungen erfuhr etwa Heiko Maas für seine sleeken Looks in Bundesaußenminister-Zeiten – in denen er sich auf Instagram präsentierte, als sei er einem Agentenfilm entsprungen. Auch dass US-Vizepräsidentin Kamala Harris für ihre erste Rede im Amt einen weißen Hosenanzug trug, wurde als bewusste Entscheidung interpretiert, nämlich als Bezug auf die Frauenrechtlerinnenbewegung Suffragetten.
Politiker:innen können ihr Erscheinungsbild also auch bewusst nutzen, um eine Botschaft zu senden. Viel beachtet ist aktuell etwa die Kleiderwahl des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der die Maßanzüge seit der russischen Invasion gegen grüne T-Shirts und Jacken eingetauscht hat. In Tarnfarben und mit stoppeligem Bart macht Selenskyj klar: Im Krieg gibt es Wichtigeres, als adrett auszusehen. Im Krieg zählt Pragmatismus.
Selenskyj-Style: Emmanuel Macron unterwegs in Hoodie und Jeans
Auf diesen Zug schien auch der französische Präsident Emmanuel Macron kurzzeitig aufgesprungen zu sein. In schwarzem Hoodie, Jeans und mit Stoppelbart lichtete seine Fotografin Soazig de la Moissonière ihn bei einem Termin ab. Auch deutsche Medien kamen nicht umhin, Parallelen zu Selenskyj zu sehen. Doch nach der Selenskyj-Hommage reiht sich ein neuer Look in die Macron‘sche Sedcard ein – und zwar ein deutlich freizügigerer.
Ist es noch leger oder schon lasziv? Diese Frage kann man sich beim Anblick der Aufnahme durchaus stellen. Macron sitzt – oder fläzt – auf einer cognacfarbenen, etwas tacky aussehenden Ledercouch. Breitbeinig und einen Arm über die Rückenlehne des Möbels werfend, lächelt er in den Raum hinein. Mit der anderen Hand stützt er sich auf der Sitzfläche ab, als ob er sich nach einer großen Anstrengung erst einmal wieder erholen müsse.
Foto im Wahlkampf: Emmanuel Macron lässt Instagram an seinem Brusthaar teilhaben
Das Foto sieht nach einem spontanen Schnappschuss aus, der bloß wunderbar die Stimmung einfängt. Doch auf dem Instagram-Account von Macrons persönlicher Fotografin dürfte wohl kein Foto „einfach so“ gepostet werden. Es ist davon auszugehen, dass mehr dahintersteckt.
Womit wir zum Hauptaugenmerk des Fotos kommen: Emmanuel Macrons „He-Vage“. Sein weißes Hemd ist – was soll der Geiz? – bis zur Hälfte aufgeknöpft und bringt überraschend dichtes Brusthaar zum Vorschein. Eine solche Haarpracht hätte man an dem sonst glattrasierten Staatschef gar nicht vermutet. Auch wenn wir solch tiefe Einblicke wohl gar nicht haben wollten: Nun wissen wir darum – und was fangen wir damit an?
Emmanuel Macrons Dekolleté: Weite Ausschnitte auch bei Männern im Trend
Vielleicht möchte Emmanuel Macron am Rande von Wahlkampfauftritten bloß modisch daherkommen. Weite Ausschnitte bei Männern sind derzeit keine Seltenheit, schaut man sich etwa Harry Styles‘ diesjähriges Coachella-Outfit an. Oder den Schauspieler Timothée Chalamet, der bei den diesjährigen Oscars das Hemd unterm Blazer gleich ganz wegließ. Warum auch nicht, schließlich sollen alle tragen können, was sie möchten. Allerdings ist die Sache mit dem Dekolleté bei einem Präsidenten eine andere als bei Schauspielern und Sängern. Zu viel Haut zu zeigen, gilt selbst im beruflichen Kontext von Normalos wie dir und mir als unprofessionell.
Oder das Wetter war schuld: Vielleicht musste sich Macron nach dem Termin im sonnigen Marseille erst einmal akklimatisieren? Möglicherweise war es aber auch ein Versuch des Franzosen, das ihm anhaftende Image des jupiterhaften „Präsidenten der Reichen“ abzustreifen. Ein lässiger Typ, der sich nicht schämt, seine Brust zu zeigen, wie Gott sie schuf. Der im wahrsten Sinne des Wortes die Hüllen fallen lässt und nahbar wird – das kann (vor allem) bei jungen Wähler:innen doch nur gut ankommen. Oder?
Emmanuel Macron: „Bald wird dieser Präsident in seinen Unterhosen posieren“
Das „Presidential Pin-up“-Foto, wie die Financial Times es betitelt, sorgte für gemischte Reaktionen. „Bald wird dieser Präsident in seinen Unterhosen posieren“, wurde etwa in einem Kommentar bei der französischen Zeitung Le Figaro gejammert. Unter einem Tweet der Journalistin Marie Le Conte zum Thema entgegnete ein Nutzer: „Er gibt dem Volk, was es will.“ Ein weiterer schrieb: „Ich bin deswegen nicht sauer.“
Andere Nutzer:innen äußerten die Sorge, andere Staatschefs wie der britische Premier Boris Johnson könnten auf ähnliche Ideen kommen: „Ich hoffe nur, dass sie nicht anfangen, Fotos von Johnson zu posten, wie er so posiert.“ Kopfkino? Gern geschehen.
In der Modebranche scheint man sich jedoch einig: Macron ist mit diesem Look ein paar Knöpfe zu weit gegangen. In den 1970er-Jahren sei es cool gewesen, mit einem aufgeknöpften Hemd herumzulaufen, befindet Nicolas Gabard, Gründer des Labels „Husbands Paris“, in der Financial Times. „Aber wenn du über 40 Jahre alt bis und der französische Präsident, ist das sehr riskant und billig. Ich denke nicht, dass es angemessen ist“, zitiert das Blatt Gabard.
Emmanuel Macron trotz – oder wegen? – Ausschnitt-Foto als Präsident wiedergewählt
„Niemand sollte der pelzigen Brust eines Mannes ausgesetzt sein“, sagte der Content-Chef der französischen GQ gegenüber der Financial Times zu dem Thema. Jedenfalls nicht im beruflichen Kontext. Auch Steven Quin vom britischen Hemdenhersteller Turnbull & Asser findet gegenüber dem Medium: „Ich denke nicht, dass es angemessen für die Arbeit ist“. Er empfiehlt: Wenn sich der erste Knopf unter dem Kragenknopf etwa sieben Zentimeter unter dem Schlüsselbein befindet, breite sich der Kragen bei einer Öffnung des Knopfes schön aus, ohne zu viel Brust zu enthüllen.
Egal, was Macron mit dem Foto bezwecken wollte und ebenso egal, ob Twitter-Nutzer:innen oder Modeexpert:innen es angebracht finden oder nicht: Seiner Wiederwahl als Präsident Frankreichs hat die Offenbarung des präsidentiellen Brusthaars jedenfalls keinen Abbruch getan. (ial)