Selbstständiges Lernen ist „der falsche Weg“ aus dem Lehrkräftemangel, warnt Kinderhilfswerk

Britta Ernst (SPD) schlägt vor, dass Schüler:innen selbstständig lernen. Das Konzept „kann nicht von heute auf morgen eingeführt werden“, warnt das Kinderhilfswerk.
An deutschen Schulen herrscht Lehrer:innenmangel – auch in Brandenburg. Im kommenden Schuljahr werden dort an Schulen rund 1800 neue Lehrkräfte gebraucht. Weil so viele ausgebildete Pädagogen nicht zu finden sind, sollen die vorhandenen Lehrkräfte möglichst länger oder bei Teilzeitarbeit mehr unterrichten. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Was tun gegen den Lehrermangel? Eine Idee ist, an Schulen eine Viertage-Woche einzuführen. Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) hat andere Pläne. Sie möchte unter anderem das selbstständige Lernen ausweiten. Schüler:innen sollen zu bestimmten Zeiten ohne Lehrer:innen lernen.
Kinderhilfswerk: Selbstständiges Lernen „muss durch Lehr- und Fachkräfte intensiv vorbereitet“ werden
Uwe Kamp, Sprecher des Deutschen Kinderhilfswerks (DKHW), freut sich grundsätzlich über die Diskussion zur Förderung von selbstständigem Lernen. Ihm bereitet nur der Zusammenhang mit dem Lehrer:innenmangel Sorge. „Wenn man darauf setzt, damit die mangelnde Unterrichtsversorgung zu kaschieren, ist das der falsche Weg“, sagt Kamp gegenüber BuzzFeed News DE.
Selbstständiges Lernen habe das Ziel, dem individuellen Lernbedarf und Lernweg von Schüler:innen gerecht zu werden. „Es muss somit durch Lehr- und Fachkräfte intensiv vorbereitet und begleitet werden und ist keine kurzfristige Alternative, um auf einen Lehrkräftemangel zu reagieren“, sagt Kamp.
Beim selbstständigen Lernen sind Kinder laut Kinderhilfswerk also auf Unterstützung angewiesen. Fehlende Lehrkräfte damit auszugleichen, dass Kinder selbst lernen, passt dahingehend nicht zusammen. „Selbstständiges Lernen muss extrem gut begleitet und kann nicht einfach so von heute auf morgen eingeführt werden“, sagt Kamp gegenüber BuzzFeed News DE.
Kindern mit erweitertem Lernbedarf brauchen laut Kinderhilfswerk „individuelle Förderung“
In Deutschland können sich armutsbetroffene Familien Schwimmkurse und andere Freizeitangebote einfach „nicht leisten“, sagt die Initiative #IchbinArmutsbetroffen gegenüber BuzzFeed News DE. Das Kinderhilfswerk macht nun darauf aufmerksam, dass Kinder in Armut besonders schlechte Bildungschancen haben. Die Organisation fordert deshalb mehr Fachkräfte in Schulen und Kitas, die sich um benachteiligte Kinder kümmern.
„Neben Kindern aus finanziell benachteiligten Verhältnissen brauchen gerade auch Schülerinnen und Schüler mit erweitertem Lernbedarf individuelle Förderung“, sagt Kamp gegenüber BuzzFeed News DE. Zuversichtlich, dass sich das bald ändern wird, ist Kamp nicht. „Hier Abhilfe zu schaffen, kostet Geld, und es ist mehr als zweifelhaft, ob das mit dem derzeit gesetzlich fixierten Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern im schulischen Bereich gelingt.“
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