#Sheinhaul: Hinter dem Tiktok-Trend steckt in Wahrheit eine Katastrophe

Unter „#Sheinhaul“ zeigen TikToker:innen, was sie sich beim Fast-Fashion-Riese „Shein“ gekauft haben. Doch im Kaufrausch vergessen sie, was hinter der Marke steckt.
Eine TikTokerin zeigt ihre Shein-Bestellung, die ein riesiges Paket füllt und aus mehr als 25 Teilen besteht, die sie am Ende fein säuberlich auf dem Boden auslegt (siehe unten). Solche Videos findet man auf TikTok unter dem Hashtag #Sheinhaul. Es ist ein TikTok-Trend, der problematischer ist, als es auf den ersten Blick scheint. Um die Problematik dieses Trends zu verstehen, müssen wir zuerst einen Blick hinter die Fassade von Shein und unser eigenes Konsumverhalten werfen.
#Sheinhaul ist ein problematischer Fast-Fashion-Trend auf TikTok
Das erste und auch grundlegende Problem der Marke Shein: Sie ist der Inbegriff von Fast-Fashion. Laut Utopia gehen täglich bis zu 7.000 neue Produkte auf dem Online-Shop online. Das sind über 2,5 Millionen neue Produkte pro Jahr. Diese Vielzahl an neuen Produkten sorgt dafür, dass die Kund:innen jeden Tag aufs Neue die neusten, und trendigsten Klamotten zu sehen bekommen – bei Shein erhalten sie diese außerdem für sehr billige Preise. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Cargohose im 2000er-Style den TikToker:innen gerade als neuen Trend zurückbringen – sie kostet auf Shein nur 20 bis 25 Euro?
Die billigen Preise sind dabei genau das, was Fast-Fashion ausmacht. Der Sinn von Fast-Fashion ist es, Kleidung billig herzustellen und billig zu verkaufen, damit sich Kund:innen immer mehr Kleidung zulegen können. Wie man an den Zahlen von SheIn sehen kann, treiben sie dieses Konzept auf die Spitze. (Das System nutzen aber auch H&M, C&A, Zara, Primarkt, Bershka und Co.)
Wie kann sich Shein diese billigen Preise leisten? Die einfache Antwort: Sie sparen durch minderwertige Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter:innen und betreiben wenig Aufwand beim Umweltschutz.
Wie sehen die Arbeitsbedingungen in den Fabriken von Shein aus?
Bei der Anzahl an Kleidung, die Shein für seine Kund:innen produziert und den dazugehörigen Preisen muss es Abstriche geben – auch bei den Arbeitsbedingungen der Näher:innen. Laut PublicEye sitzen diese dicht an dicht in einer Halle und nähen über 75 Arbeitsstunden pro Woche lang, ohne Arbeitsvertrag oder Sozialleistungen. Das sei nicht nur unvereinbar mit der Forderung nach „angemessenen Arbeitszeiten“ im Shein-Verhaltenskodex, sondern in mehrfacher Hinsicht illegal, schreibt PublicEye. Auch das chinesische Arbeitsgesetz erlaubt nur eine Arbeitswoche von maximal 44 Stunden. Die Näher:innen werden außerdem nach der produzierten Stückzahl bezahlt – ein weiterer Grund, warum sie so viele Stunden die Woche arbeiten.
Was bedeutet der Einkauf bei Shein für die Umwelt?
Die billigen Preise spiegeln sich auch in der Qualität der Ware wider. Recht logisch, wenn man bedenkt, dass der Grundstein von Fast-Fashion der endlose Konsum ist. Geht ein Oberteil kaputt, ist das für die Modekonzerne ideal, weil sich dann direkt ein neues Stück angeschafft werden muss. Die kaputten oder nicht mehr coolen Sachen landen im Müll – nicht gut für die Umwelt. Hier sind 18 kleine und einfache Tipps, die Umwelt ein bisschen zu schonen.
Der größte Teil der Klamotten von Shein werden laut Utopia aus Polyester hergestellt. Es ist billig in der Produktion, hat jedoch keine gute Qualität. Polyester ist ein Kunststoff und wird aus Erdöl gewonnen – einem nicht-erneuerbaren Rohstoff. Bei jedem Waschgang löst sich Mikroplastik aus der Kleidung und landet im Grundwasser. Durch Nahrung oder Trinkwasser nehmen Lebewesen (auch wir Menschen) dieses Mikroplastik in unseren Körper auf, beschreibt Utopia den Kunststoff.
Ist die Kleidung von Shein oder anderer Fast-Fashion-Marken irgendwann uncool oder nicht mehr zu gebrauchen, landet sie im Altkleidercontainer. Laut einer ZDF-Dokumentation können Fast-Fashion-Produkte dank ihrer schlechten Qualität allerdings nicht mehr wieder verwendet werden und werden deswegen oft verbrannt – genaue Zahlen gebe es dazu aber keine.
Was hat #Sheinhaul auf TikTok mit unserem Konsumverhalten zu tun?
Tatsache ist: Durch unser Konsumverhalten sorgen wir dafür, dass Ausbeutung von Menschen und die Verschmutzung und Zerstörung unserer Erde stattfinden kann. Wir tragen immer neue Outfits und folgen neuen Trends, die uns Stars wie die Kardashians, Instagram-Models, Influencer:innen und TikToker:innen jeden Tag präsentieren. Laut Utopia ist Shein extrem schnell darin, diese umzusetzen, sodass wir sie wenig später kaufen können. Wir tragen die Klamotten jedoch nur, bis der nächste Trend kommt. Dann wird das alte Fashion-It-Piece vergessen und durch ein neues ersetzt.
Da Shein Kleidung auch so günstig ist, treibt sie unseren Konsum noch mehr an. Das kann man an Videos wie dem „900 $ Shein haul“ auf TikTok (siehe unten) sehen.
In dem nachfolgenden TikTok-Video kündigt die TikTokerin an, dass sie die Bikinis und Badeanzüge aus ihrer Shein-Bestellung anprobieren wird. Es sind über 30 Stück. Ob man für jeden Tag des Monats einen anderen Badeanzug oder Bikini braucht, muss jeder selber entscheiden, aber es zeigt die Ausmaße des Konsumverhaltens unter dem Hashtag #Sheinhaul.
Fast-Fashion bei Marken wie Shein: Was können wir dagegen tun?
Niemand von uns muss jetzt auf einmal all seine Kleidung wegschmeißen oder nur noch Fair-Fashion kaufen, so wie es diese bekannten Ex-GNTM-Kandidatinnen heute machen. Bei Fair Fashion verdienen Produzent:innen entlang der Lieferkette genug und arbeiten unter gerechten Arbeitsbedingungen. Dementsprechend höher sind die Preise. Zu teuer für dich? Kein Problem: Man kann sich vor dem nächsten Fast-Fashion-Kauf einfach ein paar Gedanken machen:
- Möchte ich das Kleidungsstück wirklich oder nur, weil es ein Trend ist?
- Kann ich das Kleidungsstück mit vielen anderen Sachen kombinieren, die ich schon habe?
- Gibt es ein ähnliches Kleidungsstück, vielleicht auch etwas, das Fair Fashion ist?
- Kaufe ich das Kleidungsstück gerade nur, um etwas zu kaufen oder gefällt es mir wirklich ausgesprochen gut?
Das wichtigste ist, über das Thema Fast-Fashion zu reden! Mit Freund:innen, Familie oder auch auf Social Media. Wichtig wäre es bei diesen TikToker:innen, dass sie ihren User:innen respektvoll erklären, warum TikTok-Trends wie #Sheinhaul vielleicht doch keine so gute Idee sind.
Auf TikTok gibt es immer wieder viele neue Trends, bei denen es um „Masse“ geht, also darum viel Produkt anzuhäufen. So auch beim Trend Cluttercore, bei dem TikToker:innen der Generation Z ihre vollgestellten Zimmer zeigen.