Lieblingskleber der „Letzten Generation“ gibt es wegen „fehlender Sicherheitshinweise“ nicht mehr
Die „Letzte Generation“ bekommt ihren Lieblings-Sekundenkleber von Woolworth aktuell nicht mehr – er wurde zurückgerufen. Aber warum? BuzzFeed News fragt nach.
Die Klima-Aktivist:innen der „Letzten Generation“ protestieren nicht etwa mit Plakaten wie Fridays for Future, sondern am liebsten mit Sekundenkleber. Damit kleben sie sich an Straßen oder auf dem Flughafengelände BER in Berlin fest, weshalb ein Flugzeug aufgrund der Klima-Blockade im Kreis fliegen musste. Doch die Klebstoffsorte, die die „Letzte Generation“ am liebsten verwendet, gibt es nun anscheinend deutschlandweit nicht mehr zu kaufen. Warum das denn? BuzzFeed News DE forscht nach.
„Letzte Generation“: Lieblings-Sekundenkleber von Woolworth zurückgerufen
Am Samstag, 10. Dezember 2022, teilte die „Letzte Generation“ auf ihrem Twitter-Profil folgende Worte: „Wir sind untröstlich“, steht dort in Großbuchstaben. Warum? Weil der Lieblings-Sekundenkleber der Klima-Aktivist:innen aufgrund „behördlicher Beanstandung“ deutschlandweit zurückgerufen wurde. Der Grund dafür sei unbekannt, so die Aktivist:innen und bitten um Hinweise (siehe Tweet unten).
Eine Sprecherin der „Letzten Generation“ teilt BuzzFeed News DE mit, dass es sich beim zurückgerufenen Sekundenkleber um ein Produkt von Woolworth handelt. Genauer gesagt geht es um die Flasche mit sechs Gramm Inhalt. Die Flaschen mit zwei Gramm sind auch unserer Recherche zufolge noch erwerblich.
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Was steckt hinter dem Sekundenkleber-Rückruf?
Doch was könnte hinter der „behördlichen Beanstandung“ und dem Rückruf stecken? BuzzFeed News DE fragt beim Hersteller nach. Eine Sprecherin von Woolworth teilt uns mit, dass der Artikel „Sekundenkleber 6 g“ tatsächlich Ende November aufgrund einer „behördlichen Beanstandung“ vorübergehend aus dem Sortiment genommen worden sei. „Auf dem Produkt beziehungsweise der Verpackung fehlen relevante Sicherheitshinweise“, so Woolworth.
„Zu jedem chemischen Produkt gehört ein Sicherheitsdatenblatt, in welchem alle Inhaltsstoffe aufgezählt und Umgangsempfehlungen ausführlich vermerkt sind“, erklärt die Woolworth-Sprecherin. Man habe sich bisher Produkten mit geringem Füllvolumen (weniger als 125 Milliliter) orientiert, bei denen eine verminderte Kennzeichnung genüge. „Die Bezirksregierung Arnsberg hat uns vor einigen Wochen darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Umverpackung unseres Sekundenklebers über eine ausreichende Größe verfügt, um die Inhalte des Sicherheitsdatenblattes vollumfänglich abzudrucken.“
„Diese Hinweise werden wir nachträglich in Form eines Stickers auf der Produktverpackung anbringen.“ Der Kleber werde also zeitnah wieder in den Woolworth-Kaufhäusern erhältlich sein, so die Unternehmenssprecherin. „Wann der Kleber wieder erhältlich sein wird, können wir zum aktuellen Zeitpunkt nicht einschätzen.“ Mit den Protesten der „Letzten Generation“ habe der Rückruf des Woolworth-Sekundenklebers jedoch nichts zu tun.
Sekundenkleber für „Letzte Generation“ als neue Protestform die „einzige Option“
Sich an Dinge zu kleben und so beispielsweise den Verkehr aufzuhalten, ist eine relativ neue Art von Protest. Sie ist für die Klima-Aktivist:innen von der „Letzten Generation“ und „Debt for Climate“ die einzige Option. So beschreibt es Louise Wagner gegenüber BuzzFeed News DE. Wenn Regierungen nicht angemessen auf Lösungsvorschläge von Aktivistinnen wie Vanessa Nakate oder Greta Thunberg reagieren, sei es nur „legitim, mit neuen Protestformen [wie der mit Sekundenkleber] zu experimentieren – vor allem, wenn diese keinen Schaden an der kritischen Infrastruktur anrichten.“
In den vergangenen Wochen wurde viel darüber diskutiert, ob die Aktivist:innen, die durch ihre Proteste Staus auslösen, eine Gefahr darstellen. Als eine Radfahrerin aufgrund eines Unfalls ums Leben kam, erreichte die Diskussion um die „Klima-Kleber“ ihren Höhepunkt. Ein Einsatzfahrzeug habe „eine recht relevante Zeit“ im Stau gestanden – der Tod sei also die Schuld der Aktivist:innen. Ein Notfallsanitäter findet den Vorwurf an Klima-Aktivist:innen „komplett an den Haaren herbeigezogen“.