Für Ihre Idee hatte Giffey, wie schon Christian Lindner auf seinen Tankrabatt, viel Kritik einstecken müssen, berichtete die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Die Welt hatte in einer Umfrage am Montag, 30. Mai 2022, Stimmen aus den Fraktionen gesammelt. „Der Vorschlag von Bürgermeisterin Giffey schafft bloß ein Bürokratiemonster und lässt viele Fragen offen“, zitiert sie den Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst.
Jan-Marco Luczak von der CDU wirft Giffey ein „politisch überschaubares Ablenkungsmanöver“ vor: „Das soll Druck aus der Enteignungsdebatte nehmen, die die Koalition zu spalten droht.“ Doch Giffey blieb laut Informationen der dpa standhaft und wies am Dienstag erneut darauf hin, dass es eine solche Regelung bei rund 400.000 städtischen Gesellschaften bereits gebe. Sie wolle eine solche Vereinbarung für 1,1 von insgesamt etwa 1,95 Millionen Berliner Wohnungen erreichen – die Gespräche dazu zwischen den Beteiligten liefen noch.
Claus Deese ist erster Vorsitzende des Mieterschutzbunds und findet die Idee von Franziska Giffey, dass Mieten nicht höher sein dürften als 30 Prozent des Nettoeinkommens, an sich gut. „Aber wenn Frau Giffey hergeht und sagt: ‚Es gibt da so eine freiwillige Regelung...‘ – das wird nicht funktionieren“, sagt er gegenüber BuzzFeed News Deutschland. „Wenn diese Regelung selbstverpflichtend ist, dann laden Vermieter:innen eben nur noch Leute mit 3000 Euro Nettoeinkommen aufwärts ein.“ Dies sei problematisch, denn schon heute könnten die Menschen, die die Stadt am Leben halten – also Postboten, Reinigungspersonal und so weiter – es sich nicht leisten in der Stadt zu wohnen und seien gezwungen zu pendeln. 13 Betroffene aus Deutschland berichten hier von ihrem Leben in Armut.
„Giffeys Vorschlag bedeutet, dass Menschen im Bestand geschützt sind. Bei Neuvermietungen fördert das aber noch eher die Gentrifizierung in den Städten, als dass es sie verhindert.“ Aber wie kann man es wirklich schaffen, dass Menschen nicht mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für Miete ausgeben? „Wenn man das will, dann braucht es auch Instrumentarien, um das umzusetzen“, so der Mietexperte. Alleine einen Mietendeckel zu fordern, sei zu wenig.
Ein Instrumentarium sei hier das sogenannte „Belegungsrecht“, das in den 90er-Jahren abgeschafft wurde, erklärt Deese. Diese Regelung erlaubte Kommunen damals, Mieter:innen für einen großen Teil der Wohnungen vorzuschlagen. Das Belegungsrecht sei Teil des gemeinnützigen Wohnungsbestands gewesen, „den Helmut Kohl in den 90ern wegwarf“, sagt Deese. Damals seien einige Wohnungen vom Kapitalmarkt abgekoppelt gewesen. „Bis 1990 gab es in Deutschland alleine in der BRD vier Millionen Wohnungen, die nicht Teil des Kapitalmarktes waren. Heute sind es bundesweit gerade mal 1,2 Millionen“, so Deese. Diese Zahl müsse man heute wieder langsam aufbauen.
Auch der Deutsche Mieterbund begrüßt zwar die Bemühung, die in Giffeys Vorschlag mitschwingt, kritisiert jedoch, dass „vollkommen unklar“ bleibe, „wie der Vorschlag rechtlich und praktisch umsetzbar sein soll.“ Zudem veränderten sich die Einkommensverhältnisse ständig, was problematisch sei, denn es müsste dann ja von unabhängigen und zentralen Stellen regelmäßig überprüft werden, ob die 30-Prozent-Grenze eingehalten werde.
Auch die Freiwilligkeit ist dem Deutschen Mieterverbund, wie auch Claus Deese vom Mieterschutzbund, ein Dorn im Auge: „Wenn es keine gesetzliche Regelung, sondern nur eine Selbstverpflichtung der Bündnispartner sein soll, ist zudem die Wirksamkeit fraglich“, so eine Pressesprecherin gegenüber BuzzFeed News Deutschland. Es brauche eher einen klaren Mietenstopp, eine scharfe Mietpreisbremse ohne Ausnahmen und eine Reform des „Mietwucher“ –Paragrafen, so der Deutsche Mieterbund. Außerdem sei natürlich auch der bezahlbare Neubau von vor allem geförderten Wohnungen wichtig.