Wer Hartz-IV bekommt, könnte wegen des 9-Euro-Tickets sogar Geld zurückzahlen müssen

Mit dem 9-Euro-Ticket sollen die Menschen in Deutschland entlastet werden. Nicht so anscheinend Hartz-IV-Empfängerinnen – denen droht eine Rückzahlung.
Das 9-Euro-Ticket war schon ab dem 23. Mai verfügbar und konnte in Mobilität-Apps, an Fahrkarten-Automaten und online gekauft werden. Manche, wie beispielsweise Studierende oder Schüler:innen hatten jedoch bereits ein ÖPNV-Abo. Wir haben schon berichtet, was passiert, wenn man statt 9-Euro-Ticket bereits ein ÖPNV-Abo hat. Studierende müssen sich an ihre Universitäten wenden, um das Geld für das alte Abo zurückzufordern. Doch was passiert mit Hartz-IV-Empfänger:innen, die ihr Abo vom Staat gezahlt bekommen?
13 Tweets, die das erste Wochenende mit dem 9-Euro-Ticket perfekt zusammenfassen.
9-Euro-Ticket: „Wurde das Ticket zum Normalpreis bewilligt, droht die Rückforderung“
Die einfache Antwort: Da das Abo nicht von ihrem eigenen Geld bezahlt wird, könnten sie vom 9-Euro-Ticket in manchen Fällen nicht profitieren. Beispielsweise dann, wenn Schüler:innen aus Hartz-IV-Haushalten Schülerfahrkarten nutzen. Die Kosten für dieses Ticket werden vom Jobcenter übernommen. Weil sich der Preis durch das 9-Euro-Ticket verringert, könnte das Amt den Differenzbetrag zurückfordern. Darüber berichtete hartziv.org und das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Angeblich sei es hier unerheblich, ob der Verkehrsverband auch nur neun Euro abbuche, oder die Differenz nachträglich erstatte. „Wurde das Ticket zum Normalpreis bewilligt, droht die Rückforderung“, schreibt hartziv.org.
Doch nicht nur Hartz-IV-Empfänger:innen könnten mit einer Rückzahlung rechnen müssen. Weil nach dem 9-Euro-Ticket die Preise im ÖPNV steigen sollen, könnte es für alle eine böse Überraschung geben.
Die Rechtsgrundlage für diese Einschätzung seien ein Paragraf im Sozialgesetzbuch (SGB) II für die Erbringung von Leistungen für Bildung und Teilhabe sowie ein Paragraf für Ersatzansprüche aufgrund von rechtswidrig erbrachter Leistungen. Auf eine Anfrage der Westfälische Allgemeine Zeitung heißt es vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg: „Die Jobcenter werden […] entweder bereits für die Zeit ab Juni die Leistungsgewährung nach dem SGB II entsprechend anpassen oder im Nachgang die bisherige Leistungsbewilligung teilweise widerrufen.“
Uneinheitliche Regelung bei Rückforderung in Bundesländern
Doch nicht in allen Bundesländern gilt diese Regelung. Laut hartziv.org ist man in Schleswig-Holstein, Hessen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg großzügig – auf eine Rückforderung werde verzichtet. Grundlage der Argumentation sei hier ein Paragraf, der in dem Ticket eine Leistung aus dem Bildungs- und Teilhabepaket sieht, das keine Rückforderung verlangt. In Hamburg würden die Kosten für Tickets sowieso von den Schulen getragen. Das Bundesland Rheinland-Pfalz sei noch unschlüssig, wie es vorgehe, in Thüringen, Bayern und Niedersachsen hingegen gehe man gleich vor, wie in Baden-Württemberg – Hartz-IV-Empfänger:innen müssten sich hier auf Rückzahlungen einstellen, schreibt das Hartz-IV-Magazin.
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