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7 Gründe, warum Kleider spenden problematisch ist

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Von: Jana Stäbener

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Europa exportiert viel zu viele Textilien in andere Länder. Doch das ist nur ein Grund, warum Kleider spenden vielleicht doch nicht das Nonplusultra ist.

Immer mehr, immer minderwertiger: Seit einigen Jahrzehnten verändert sich das Kaufverhalten beim Thema Kleidung. Statt um Qualität geht es mehr darum, viele Klamotten zu besitzen und mit diesen dann eine Fülle von Outfits kombinieren zu können. Deswegen sind auch Online-Stores wie Shein und Trendyol so beliebt – es gibt sogar eine Beicht-Hotline, die der Gen Z bei „Fast Fashion“-Exzessen helfen soll.

Weil günstige Klamotten meist eine minderwertigere Qualität haben (nicht immer, es gibt natürlich auch teure Klamotten, die billig produziert wurden) gehen sie schneller kaputt. Und: Da Modeunternehmen immer neue Styles nachliefern, sind Hosen von vor zehn Jahren heute sowas von out. Statt Skinny Jeans kommt jetzt nämlich der Y2K-Style zurück. Kein Wunder entsteht so ein riesiger Altkleider-Haufen, den wir nur zu gerne im Container um die Ecke loswerden.

Aber halt: Wusstest du, dass Kleider spenden problematisch ist? Hier kommen sieben Gründe, warum du vor deinem nächsten wilden Aussortieren lieber noch einmal nachdenken solltest und warum du die Fastenzeit vielleicht dafür nutzen solltest, über deinen Kleiderkonsum nachzudenken.

1. Es gibt VIEL ZU VIELE gespendete Klamotten.

Ein Altkleider-Container steht auf einem Parkplatz.
Ein Altkleider-Container steht auf einem Parkplatz. © Bernd Weißbrod/dpa

Die Zahl der aus der EU exportierten gebrauchten Textilien hat sich der Umweltagentur EEA zufolge innerhalb von zwei Jahrzehnten verdreifacht. Beim Umgang mit diesen Textilien stünde Europa große Herausforderungen bevor, warnte die EU-Behörde in einem am Montag, 27. Februar 2023, veröffentlichten Bericht. Vor allem deswegen, weil der Markt für Second-Hand-Klamotten in Europa übersättigt ist.

2. Kleiderspenden werden fast immer nach Afrika oder Asien exportiert. Dort will sie aber niemand haben.

Die Kapazitäten für Wiederverwendung und Recycling in Europa sind also begrenzt. Deswegen wird ein großer Teil der ausgemusterten und gespendeten Kleidung nach Afrika und Asien exportiert. Aber: „Die öffentliche Wahrnehmung, dass Altkleiderspenden in diesen Regionen immer von Nutzen sind, spiegelt nicht die Realität wider“, schreiben die Umweltexperten der EEA. „Einmal exportiert, ist das Schicksal gebrauchter Textilien oft ungewiss“ – oft will sie dort gar niemand haben.

3. Deswegen landen in Afrika und Asien viele Klamotten einfach auf offenen Mülldeponien.

Im Jahr 2000 seien rund 550.000 Tonnen Textilien exportiert worden. 2019 sind es fast 1,7 Millionen Tonnen gewesen. Die Textilien werden auf anderen Kontinenten wie Afrika und Asien dann vor allem lokal wiederverwendet, „weil es eine Nachfrage nach billiger, gebrauchter Kleidung aus Europa gibt“, berichtete die Umweltagentur. Was nicht wiederverwendet werden könne, ende auf offenen Mülldeponien.

4. Klamotten aus Europa schwächen den Markt in Entwicklungsländern.

Gebrauchte Kleidung aus Europa in Afrika
Ein Mann arbeitet auf einem Markt in Ghanas Hauptstadt Accra, wo unter anderem Kleidung aus Europa verkauft oder weiterverarbeitet wird. © Christophe Gateau/dpa

Auch die Bundesregierung wies darauf hin, dass zu viele Second-Hand-Klamotten nach Westafrika exportiert würden. In Ghana beispielsweise kommen so viele Textilien und Textilmüll an, dass es die heimische Produktion in dem Entwicklungsland dagegen schwer hat und enorme Umweltprobleme verursacht werden, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (siehe Video oben).

Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) besuchten bei ihrer Westafrika-Reise den großen Second-Hand-Markt Accra in Ghana. Jede Woche kommen hier rund 100 Container mit rund 15 Millionen Artikeln an, auch aus Deutschland. Trotzdem, sagt Heil, könne man es nicht bei Verbraucher:innen allein abladen, sondern „es ist eine staatliche und eine Unternehmensverantwortung“, sagte der Minister. Die Bundesregierung unterstütze deswegen die EU-Kommission bei dem derzeit in Vorbereitung befindlichen europäischen Lieferkettengesetz.

5. Die Kleidung, die wir spenden, ist oft von minderwertiger Qualität.

Sonst würden wir sie wahrscheinliche auf diversen Second-Hand-Plattformen verkaufen und noch auf wenige Euros hoffen, seien wir mal ehrlich. Verantwortlich für diese minderwertige Qualität ist, wie oben beschrieben, der Trend hin zu Fast Fashion-Marken wie Shein, bei der du wirklich nicht einkaufen solltest. Klamotten, die gespendet werden, sind also oft minderwertig und landen dann (siehe Punkt drei) automatisch auf der ausländischen Müllkippe.

Der Trend Richtung Nachhaltigkeit und Fair Fashion ist zwar auch ein Thema, hat sich aber nicht flächendeckend durchgesetzt und wird in Krisenzeiten wahrscheinlich weiter leiden (so wie auch die Einzelhandelskette „Original Unverpackt“, die insolvent ging).

6. Kaputte Textilien sind sogar im Hausmüll besser aufgehoben.

Warum? Kann man die nicht recyceln und zu anderen Dinge weiterverarbeiten, fragen sich jetzt vielleicht einige. Im Grund genommen schon. Aber: die Menge an minderwertigen Textilien ist in den vergangenen Jahren so stark gestiegen, dass der Bedarf an textilen Rohstoffen für das Downcycling mehr als gedeckt ist, heißt es auf dem Blog Altkleiderspende.de. Deswegen müssen viele der Textilien verbrannt werden – für die Umwelt nicht gerade gut.

Besser ist es, die Klamotten selbst weiterzuverwenden. Als Lappen, für Gartenarbeit, Tiere und andere Zwecke. Ist das nicht möglich, so sei es eigentlich gleich gut oder schlecht für das Klima, die Kleider in den Hausmüll zu werfen, schreibt der Kleiderspenden-Blog. „In jedem Fall sollten kaputte, defekte oder zerschlissene Textilien NICHT in eine gemeinnützige Sammlung gegeben werden.“

Apropos Müll: Mit der Mehrwegangebotspflicht soll sich der reduzieren, aber „es braucht Anreize, damit Kund:innen die Mehrwegoption wählen“.

7. Viele Altkleider-Container sind nicht gerade vertrauenswürdig.

Laut Ökotest gibt es im Geschäft mit ausrangierter Kleidung immer wieder „schwarze Schafe, die den Anschein der Wohltätigkeit erwecken, jedoch in die eigene Tasche wirtschaften“. Die Verbraucherzentrale rät deshalb „nur an Sammlungen“ zu spenden, „die mit einer deutschen Adresse und einer Festnetznummer erreichbar sind“. Die findet man am Altkleidercontainer oder auf dem Zettel im Briefkasten.

Seriöse Sammelstellen erkenne man laut Ökotest an verschiedenen Siegeln oder am Logo der lokalen Abfallbehörde. Zu diesen vertrauenswürdigen Adressen gehörten das Deutsche Rote Kreuz (DRK), das BVSE Qualitätssiegel Textilsammlung, das Siegel „FairWertung“ oder das DZI-Spendensiegel.

(Mit Material der dpa)

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