Arbeitsbedingungen und Gehalt im Erzieher-Job schrecken junge Männer ab
Mehr als die Hälfte aller jungen Männer kann sich einen Job im sozialen Bereich vorstellen. Die Arbeitsbedingungen sind schuld, dass sie ihn dann doch nicht machen.
Der Fachkräftemangel hält Deutschland auf Trab. Vor allem in den sozialen und pädagogischen Berufen mangelt es an Arbeitskräften. Lehrer:innen fehlen an allen Ecken, weshalb bayrische Politiker wie Markus Söder versuchen, sie abzuwerben – der Lehrerverband kritisiert das scharf.
Aber auch in den Kitas in Deutschland sieht es nicht gut aus. Wegen der hohen Belastung halten es „Erzieher:innen in ihrem Job einfach nicht mehr aus“, warnte Verdi-Bundesfachgruppenleiterin für Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit Elke Alsago gegenüber BuzzFeed News DE schon im Dezember 2022. Deswegen werde der Fachkräftemangel auch immer schlimmer, sagt sie.
Eine Studie der Internationalen Hochschule (IU) bestätigt diesen Teufelskreis nun noch einmal. Sie befragte junge Männer zu den Berufen, die sie sich vorstellen können. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Befragten interessiert sich für einen Job in Kita und Pflege, wegen der schlechten Arbeitsbedingungen und der Bezahlung können sich jedoch nur 21,8 Prozent eine Ausbildung oder ein Studium in dem Bereich vorstellen.

Junge Männer: Nur 21,8 Prozent wollen in soziale Berufe
Die Kurzstudie der IU Internationalen Hochschule (IU) „Soziale Berufe. Was junge Männer darüber denken“ befragte im Oktober 2022 620 männliche Schüler in Deutschland. Unter den Befragten befanden sich Hauptschüler, Realschüler, Fachoberschüler und Gymnasiasten. Die Befragung zeigt: 65,5 Prozent von ihnen interessieren sich für soziale und pädagogische Themen. Dennoch würden sich nur 21,8 Prozent für eine Ausbildung oder ein Studium im sozialen Bereich entscheiden. Für 51,3 Prozent der Befragten käme dies eher nicht oder überhaupt nicht infrage.
Für mehr als die Hälfte der befragten Schüler (54,1 Prozent) sind die niedrigen Verdienstmöglichkeiten ein Grund, eher keine Ausbildung und kein Studium im sozialen Bereich zu wählen. Immer noch sind soziale Berufe ein Frauending: mit 70 Prozent liegt die Frauenquote dort laut Bundesagentur für Arbeit besonders hoch. Und das wirkt sich wiederum auf den Gender-Pay-Gap aus. Denn: Frauen in Deutschland verdienen laut Statistischem Bundesamt im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer. Auch, weil sie oft in diesen schlecht bezahlten Branchen arbeiten.

45 Prozent der befragten jungen Männer gefallen die Arbeitsbedingungen im sozialen Bereich nicht. Fast 50 Prozent sind der Meinung, dass soziale Berufe zu wenig Anerkennung erhalten (siehe Grafik). Fabian van Essen, Professor für Heilpädagogik und Inklusionspädagogik an der IU ist Mitinitiator der Studie. Laut ihm „fehlt es vielen jungen Männern an praxisorientierten Einblicken“. Für ihn sei das Hauptproblem der Wegfall des Zivildienstes (den die FDP nicht wiedereinführen möchte). „Heutzutage fehlt vielen Männern diese Kennenlernmöglichkeit“, so der Pädagoge.
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