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Hartz IV: Abschaffung fast aller Sanktionen sorgt für Protest in Jobcentern – „eine Katastrophe!“

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Von: Pia Seitler

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Ein Arbeitsvermittler führt im Jobcenter eine Beratungsrunde durch.
Die Koalition peilt eine Lockerung der Hartz-Sanktionen über die bisherigen Pläne hinaus an. © Susann Prautsch/dpa

Für Fehlverhalten soll es kaum mehr Sanktionen bei Hartz-IV geben. Mitarbeiter:innen im Jobcenter halten das für falsch.

Die Bundesregierung will Hartz-IV-Sanktionen lockern – länger als ursprünglich gedacht. So sollen es im Fall von Fehlverhalten der Betroffenen voraussichtlich bis Mitte kommenden Jahres fast keine Sanktionen mehr geben, wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet. Mitarbeiter:innen im Jobcenter äußern sich gegenüber der SZ sehr kritisch zu diesem Plan.

Bisher sei geplant gewesen, die Sanktionen bei Pflichtverletzungen für Empfänger:innen von Hartz-IV bis zum Jahresende 2022 befristet auszusetzen, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet. Die Aussetzung ist als Zwischenschritt gedacht bis zur Einführung des geplanten Bürgergeldes, das Hartz IV ablösen soll. Wenn Grundsicherungsempfänger:innen Termine beim Jobcenter verpassen, sollten ihnen Jobcenter die Leistung zwar weiterhin kürzen können, allerdings nur um bis zu zehn Prozent.

Hartz-IV-Sanktionen bei Fehlverhalten schon lange umstritten

Die Kürzungen des Arbeitslosengelds sind schon lange umstritten, immerhin sichern die aktuell 449 Euro gerade einmal das Existenzminimum. Lehnen Hartz-IV-Empfängerinnen eine zumutbare Arbeit ab, verpassen einen Termin beim Jobcenter oder brechen eine Fortbildung ohne Grund ab, konnten ihnen vor der Aussetzungen der Hartz-Sanktionen bis zu 30 Prozent der Leistungen gekürzt werden.

Von Sozialverbänden heißt es, dass von den Sanktionen oft Menschen in schwierigen psychischen Situationen betroffen wären und diese durch Druck nur noch verschlimmert werden, berichtet die SZ. Wirtschaftsverbände halten nichts davon, die Sanktionen zu lockern, weil der Hartz-Grundsatz „Fördern und Fordern“ entscheidend dazu beigetragen habe, „Langzeitarbeitslosigkeit zu reduzieren“.

Hartz-IV-Sanktionen aussetzen, finden Jobcenter-Mitarbeiter:innen „ziemlich daneben“

Auf fast alle Sanktionen bis Mitte 2023 zu verzichten, finden die Mitarbeiter:innen der Jobcenter „ziemlich daneben“, wie die SZ berichtet. „Das ist eine Katastrophe“, sagt eine Jobberaterin gegenüber der Zeitung zum Plan der Ampelregierung, die Sanktionen zu lockern. Ohne drohende Geldkürzungen könnte sich das Verhalten von etwa 20 Prozent der Hartz-IV-Empfänger:innen verändern, denn bisher seien die drohenden Sanktionen für sie der Grund, sich an die Pflichten zu halten. Bisher waren etwa 1,5 Prozent der arbeitsfähigen Hartz-IV-Empfänger:innen von Sanktionen betroffen. Das Wegfallen der Sanktionen, sei ungerecht gegenüber der Mehrheit derjenigen, die sich an die Auflagen halten.

Ab Juli 2023 sollen wieder Sanktionen bis zu 30 Prozent möglich sein. „Wie soll das gehen? Ein Jahr lang gibt es so gut wie keine Geldabzüge. Dann sagt man den Arbeitslosen: Wenn ihr jetzt nicht mitmacht, gibt es wieder 30 Prozent Abzug. Das versteht doch keiner“, kritisiert eine Mitarbeiterin des Jobcenters gegenüber der SZ.

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