Indexmiete: Was das ist - und warum sie für Mieter jetzt eine teure Falle wird

Mit der hohen Inflationsrate steigen bei vielen Menschen auch die Mieten, wenn sie eine sogenannte Indexmiete vereinbart haben.
Höhere Verbraucherpreise machen sich aktuell nicht nur beim Einkauf im Supermarkt bemerkbar, sondern sorgen bei einigen auch für Post vom Vermieter. Grund dafür sind Indexmieten, die es den Vermieter:innen erlauben, einmal pro Jahr die Miete zu erhöhen auf Grundlage der Inflationsrate. Angesichts der aktuellen Entwicklung – um 7,5 Prozent sind die Verbraucherpreise im Juli gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen – bedeutet das eine deutliche Mieterhöhung für Mieter:innen mit Indexmieten.
Nicht nur Mieter:innen beschäftigt das Thema, sondern, wie eine Recherche von BuzzFeed News Deutschland zeigt, auch Wohnungssuchende in deutschen Großstädten. „Seitdem die Inflationsrate explodiert, gibt es auch eine inflationäre Entwicklung bei den Indexmieten. Wir wissen, dass inzwischen Eigentümerverbände zu solchen Klauseln raten“, heißt es auf Anfrage der Redaktion zur Situation in Stuttgart vom Landesvorsitzenden des Deutschen Mieterbunds Baden-Württember, Rolf Gaßmann.
Die Mietervereine in Berlin, München, Frankfurt und Hamburg berichten von ähnlichen Tendenzen. Volker Rastätter vom Mieterverein München sagt, der Verein schätze, dass „etwa die Hälfte der derzeit neu abgeschlossenen Mietverträge Index- oder Staffelverträge sind.“ Und auch in Hamburg lasse sich laut Marielle Eifler vom Mieterverein Hamburg anhand der täglichen Beratungen ebenfalls ein Trend zu Staffel- und Indexmieten feststellen. Die Beratungsnachfrage zu Indexmieten sei auch in Berlin stark gestiegen. Bei neuen Mietverträgen werden laut Reiner Wild, Geschäftsführer vom Berliner Mietverein, immer mehr Indexvereinbarungen angeboten und wegen der Wohnungsknappheit von Mieter:innen auch akzeptiert.
Was ist ein Indexmietvertrag?
Viele Mieter:innen und Wohnungssuchende erfahren erst jetzt, da Preissprünge bei Energie und Lebensmittelkosten die Inflationsrate extrem anfeuern, was eine Indexmiete bedeutet. Entsprechende Klauseln regeln schon beim Abschluss des Mietvertrags, dass sich künftige Mieterhöhungen an der Entwicklung der Lebenshaltungskosten orientieren. „Entscheidend ist der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland, also praktisch die Inflationsrate. Ein anderer Index ist nicht zulässig“, heißt es auf der Seite des Deutschen Mieterbunds.
Im Gegenzug seien weitere Mieterhöhungen, zum Beispiel wegen freiwilliger Modernisierung oder Angleichung an den Mietspiegel ausgeschlossen. Das sei vor dem Russland-Ukraine-Krieg und der Energiekrise für Mieter:innen mit älteren Mietverträge oft sogar die bessere Option gewesen, da die Inflation nur bei ein bis zwei Prozent lag, so Rastätter vom Mieterverein München. Dass in Krisenzeiten Indexmieten zu ungeahnten Mieterhöhungen führen können, zeigt sich in diesen Monaten.
Bewohnt ein Mieter zum Beispiel eine Zwei-Zimmer-Wohnung in mittlerer Lage, die 1300 Euro Miete kostet, darf der Vermieter die Miete um knapp 100 Euro erhöhen
Halte die Preissteigerung in diesem Ausmaß an, droht Mieter:innen eine 25 Prozent höherer Miete in drei Jahren, rechnet Gaßmann vom Mieterbund Baden-Württemberg vor.
Indexmietverträge belasten Menschen in der Krise zusätzlich
Mitten im Hochsommer geht die Angst vor kalten Wohnungen im Winter in Deutschland um. Steigende Heizkosten, hohe Spritpreise und teure Lebensmittel belasten alle. Index-Mieter:innen müssen sich auf eine weitere monatliche Belastung einstellen. Der Deutsche Mieterbund und der Paritätische Gesamtverband fordern gegenüber BuzzFeed News Deutschland ein Verbot von Indexmieten bei Neuvertragsabschlüssen und eine Begrenzung für Mieterhöhungen in bestehenden Verträgen.
„Bei armen Haushalten macht der Anteil der Miete am Einkommen schon heute fast die Hälfte aus. Indexmietverträge drohen nun durch drastisch steigende Mieten die Existenznot vieler Menschen zusätzlich zu verschärfen“, sagt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. „Gutes, bezahlbares Wohnen darf aber kein Luxus für wenige sein. Indexmietverträge gehören daher verboten“, so Schneider.
Mietervereine fordern „Kappungsgrenze“ bei bestehenden Indexmieten
Der Präsident des Deutschen Mieterbunds, Lukas Siebenkotten, sagt gegenüber BuzzFeed News Deutschland, dass Wohnungssuchende auf den angespannten Wohnungsmärkten quasi keine Wahlmöglichkeiten haben und deshalb einen solchen Indexmietvertrag unterzeichnen müssen. „Um auch Indexmieter vor explodierenden Mieten zu schützen, fordern wir das Verbot von Indexmietverträgen bei Neuvertragsabschlüssen und eine gesetzliche Begrenzung für Mieterhöhungen in bestehenden Indexmietverträgen“, so Siebenkotten.
Auch die Mietervereine Berlin, Hamburg, Stuttgart und München äußern diese Forderungen gegenüber der Redaktion. Sie sprechen von einer „Kappungsgrenze“ bei Indexmieten, sodass sie nicht „die Mietpreisspirale immer weiter nach oben treiben“, so Rastätter aus München. Und Wild vom Berliner Mietverein weist noch darauf hin, „dass bei verstärkter Verbreitung von Indexverträgen die Mietentwicklung selbst die Inflation zusätzlich antreibt.“