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21-jährige Auszubildende über Streik an Unikliniken NRW: „Es geht nicht um mehr Geld“

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Von: Pia Seitler

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Mitarbeiter im Krankenhaus und Demonstration in Bonn.
Pflegekräfte streiken seit mehr als sechs Wochen in NRW für bessere Arbeitsbedingungen. © Addictive Stock/Dominik Bund/Imago

Es geht um mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter:innen und Auszubildende im Gesundheitswesen und um eine bessere Versorgung der Patient:innen.

Seit mehr als sechs Wochen streiken Pflegefachkräfte, Physiotherapeut:innen und alle weiteren Mitarbeiter:innen des Gesundheitswesens außer Ärzt:innen an den sechs Unikliniken in Nordrhein-Westfalen (NRW) für mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen. Eine der Kliniken, das Uniklinikum Bonn, wollte nun die Streiks verbieten lassen. Die Klinikleitung findet, dass die Streiks „gegen die Friedenspflicht und rechtswidrig“ seien, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet.

Aus medizinischer Sicht und im Interesse der Patient:innen sei es nicht mehr vertretbar, die Streiks weiter hinzunehmen. Das Amtsgericht in Bonn sieht das anders und hat den Eilantrag der Uniklinik zurückgewiesen. „Diese Verhandlungen ohne den Erzwingungsstreik im Rücken wäre wie ein kollektives Betteln gewesen“, sagt Katharina Wesenick, Landesfachbereichsleiterin von Verdi in NRW gegenüber BuzzFeed News Deutschland zum Beschluss des Amtsgerichts. Sie verweist auf Notdienstvereinbarungen, die Verdi mit den Klinikleitungen an allen Standorten getroffen habe, die eine Patient:innengefährdung ausschließen.

„Das ist eine Frechheit“, sagt Rieke Wens gegenüber BuzzFeed News Deutschland zu den Vorwürfen, die Streiks würden zu Einschränkungen der Versorgung von Patient:innen führen. Sie macht eine Ausbildung zur Pflegefachfrau an der Uniklinik Münster und saß als eine der Streikenden mit am Verhandlungstisch. „Wir streiken nicht nur für uns, sondern wir streiken dafür, dass die Patient:innen eine bessere Behandlung und Pflege erfahren können“, so Wens.

Hier erzählt eine 17-Jährige von Klimaangst und wieso sie weiterkämpft und bei Klimastreiks auf die Straße geht.

Überbelastung der Angestellten an den Unikliniken in NRW

Die 21-jährige Auszubildende befindet sich im zweiten Lehrjahr und habe schon jetzt gemerkt, dass Klinikstationen unterbesetzt seien und Pflegefachkräfte wenig Zeit für die Patient:innen haben. „Ich habe diesen Beruf gewählt, um für die Patient:innen da zu sein und das ist aufgrund der Unterbesetzung nicht möglich“, sagt sie über ihre Gründe für den Streik. Als Auszubildende müsse oft ebenso viele Patient:innen betreuen wie examinierte Kräfte, also Pflegefachkräfte mit abgeschlossener Ausbildung. „Ich muss häufig zwischen Patient:innen hin und herrennen und weiß gar nicht, welche Aufgabe ich als Erstes übernehmen soll. Ich muss Patient:innen warten lassen, wenn sie auf Toilette müssen. Wenn sie Schmerzen haben, hab ich nicht direkt Zeit ihnen Schmerzmittel zu geben. Es klingeln immer viele gleichzeitig und ich kann mich nicht aufteilen.“

Wie Auszubildende in der Pflege sind auch junge Mediziner:innen häufig unzufrieden mit ihrem Job. Weil es zu viel Druck ist, verlieren immer mehr junge Ärzt:innen die Lust am Job.

Momentan gebe es für Arbeitgeber kaum Konsequenzen, wenn Mitarbeitende unterbesetzt und bei hoher Belastung arbeiten. Das soll sich mit dem Tarifvertrag Entlastung (TVE) ändern, für den auch Wens kämpft. „In dieser Bewegung geht es nicht um mehr Geld, sondern um bessere Arbeitsbedingungen, mehr Personal und Entlastung“, so die 21-Jährige. Für Auszubildende soll es Entlastung in Form von freier Lernzeit geben, wenn sie mehrere überbelastete Schichten geleistet haben. Das heißt, an diesen Tagen arbeiten sie dann nicht als Pflegekraft. Während der Anleitung einer/einem Auszubildenden auf der Station durch eine examinierte Kraft, sollen diese nicht in die Soll-Besetzung angerechnet werden. Dienstplansicherheit für alle Auszubildenden und 25 Prozent Praxisanleitungszeit durch ausgebildete Kräfte im Praxiseinsatz gehören auch zu den Forderungen.

Streik an Uniklinik in NRW: Auszubildende fühlt sich von Politik im Stich gelassen

Mit am Verhandlungstisch zu sitzen, sei aufregend gewesen, berichtet die Auszubildende. Sie investiere viel Zeit und kämpfe dafür, dass die Forderungen später im Tarifvertrag stehen. „Gleichzeitig ist es deprimierend, wenn man immer wieder Angebote vom Arbeitgeber bekommt, die sehr ernüchternd sind und nicht dem entsprechen, was wir wirklich fordern“, sagt Wens. Von der Politik in NRW fühle sie sich im Stich gelassen. „Momentan stehen nur die Rahmenbedingungen des TVEs im Koalitionsvertrag. Wir brauchen eine Refinanzierung und die ist nicht zugesagt.“

Und wann hört ihr auf zu streiken? „Wir streiken, bis der Tarifvertrag Entlastung unterschrieben ist und auch nur dann, wenn wir mit ihm zufrieden sind.“

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