-Sich von anderen Menschen abhängig machen, um einen guten Tag/Woche/Monat/Jahr zu haben
-Unzufriedenheit mit eigenem Aussehen
-Stagnation in meiner Karriere/Zufriedenheit/Erfüllung
-Mangel an Spaß/Sozialleben/Aufregung
-Mehr Selbstfürsorge
-Ziele setzen“
Ihre akribische Selbstfürsorge und Fitnessroutine, ein Symptom der sich ausbreitenden „That Girl“-Ästhetik, wurde sogar mit der des Serienmörders Patrick Bateman „American Psycho“ verglichen. Parodie-Videos gibt es wie Sand am Meer.
„Sie posten chronisch jeden Moment ihres ‚Lebens‘ mit ihrer 21-Step-Get-ready-with-me und einem Keto Diät Avocado Milkshakerezept. Kokette Mädels und selbsternannte ‚It-Girls‘ sind im echten Leben Patrick Bateman eine Million Mal ähnlicher als irgendein Film [...].“
Aber ihr „langsames, sanftes Leben“ fanden viele gar nicht mal so schlecht – anstatt zu meckern, dass sie keinen nine to five Job hat, gefiel vielen die Vorstellung, eines Tages reich genug zu sein, um einen „Nichtstun“-Job zu haben.
„Ich wünschte, ich wär reich genug, um einen Nichts-Tun-Job zu haben.“
Die Hustle Culture steht eh schon vor dem Abgrund, und Kay ist nur einen Post davon entfernt, den letzten Stoß zu geben. Könnte es also sein, dass einige dieser Kritiker:innen einfach nur neidisch sind?
„Wow, was für ein grausames Schicksal, versorgt zu sein, geliebt zu werden und keine Tabellenkalkulationen in einem E-Mail-Job für Corporate America erstellen zu müssen.“
„Vielleicht denke ich da anders, aber wenn ich eine TikTok-Stay-At-Home-Girlfriend wäre, würde ich mich nie langweilen. Ich würde lernen, wie man Fondue macht. Ich würde sechs weitere Katzen adoptieren und ihnen ihr eigenes Spielzimmer im Freien bauen. Ich würde endlich lernen, Fahrrad zu fahren. Ich würde meine Nachbar:innen verhexen.“
„Es scheint, als wolle heutzutage niemand mehr arbeiten“, sagte Kim Kardashian im März in einem Interview mit Variety über Businessfrauen. Obwohl viele ihre Aussage als unpassend empfanden – ein milliardenschwerer Reality-Mogul hat wahrscheinlich ein ganz anderes Verständnis von Arbeit als ein:e durchschnittliche:r Arbeitnehmer:in – hatte sie doch irgendwie recht. Es ist nicht so, dass wir nicht arbeiten. Es ist vielmehr so, dass wir nicht arbeiten wollen.
Im vergangenen Jahr haben wir Geschichten über Kündigungswellen und „Quiet Quitting“ gehört, die zu erklären versuchen, wie die steigende Inflation und die Qualen von fast drei Jahren Pandemie den Wunsch geweckt haben, der Arbeit, wie wir sie kennen, zu entkommen. So gilt die Generation Z nach der Pandemie als unglücklichste Generation Deutschlands. Es ist eine Sisyphusarbeit, jeden Tag zur Arbeit zu gehen und zu wissen, dass das Gehalt nicht mit den Lebenshaltungskosten mithalten kann. Vielleicht reicht das sogar aus, um einen Menschen dazu zu bringen, nicht mehr arbeiten zu wollen – so sehr, dass Beyoncé in ihrem Song „Break My Soul“ zur Kündigung aufrief, und Leute sich das zu Herzen nahmen.
Während der Hot-Girl-Sommer in einen schläfrigen Sleepy-Girl-Winter übergeht, hat sich die Sehnsucht nach Ruhe – und insbesondere nach Schlaf – in Memes niedergeschlagen. Der Status als Stay-At-Home-Girlfriend reicht uns nicht mehr. Wir kuscheln uns lieber ein, schlafen auf der Arbeit, oder machen es dem schläfrigen Tee-Bär-Maskottchen nach. All das, außer arbeiten. Willkommen in der Ära der Sleepytime-Girlfriends.
Um die Ästhetik einer Sleepytime-Freundin (odereine:r Sleepytime-Partner:in) zu erreichen, ist Einkuscheln das A und O. Such dir entweder einen Raum, der sich durch seine entspannenden Rosa- und Blautöne perfekt zum Schlafen eignet oder wegen seiner Braun- und Grüntöne einer Hütte im Wald gleicht. Schnapp dir ein passendes Pyjama-Set und flauschige Socken. Deck dich mit Kissen, flauschigen Decken und warmen Getränken ein. Mach es dir in einem Sessel vor dem Kamin gemütlich, so wie jeder Sitcom-Dad. Und dann ab in den Kuschel-Mode. Gib dich der Introvertiertheit hin und gehe vor 22 Uhr ins Bett (nach einem täglichen Nickerchen versteht sich).
„Hört auf damit, den Alltagstrott zu verherrlichen, und verherrlicht lieber das, was auch immer das ist.“
Menschen, die dem Alltagstrott unserer normalisierten Hustle-Culture entfliehen, werden oft verachtet. Als Daisey Beaton twitterte, dass sie jeden Morgen Kaffee trinkt und stundenlang mit ihrem Mann quatscht, wurde ihr von Twitter-User:innen die Hölle heißgemacht, weil sie deren Elend nicht berücksichtigt hatte.
„Mein Mann und ich stehen jeden Morgen auf, setzen uns mit Kaffee in unseren Garten und reden stundenlang. Jeden Morgen. Das wird nie langweilig, und wir haben immer Gesprächsstoff. Ich liebe ihn so sehr.“
„Ihr seid noch nicht so lange verheiratet, oder?“
Frauen aus der Tech-Branche wurden dafür belächelt, in ihren Videos, in denen sie ihren Alltag filmen nur die selbstgemachten Grünen Smoothies zu zeigen, nicht aber das stundenlange Vorm-Computer-Sitzen. In beiden Fällen arbeiteten die Frauen zwar noch, aber halt nicht zum Umfallen.
„Das Video: Day in My Life als eine 23-jährige in der Tech-Branche.
Die Antworten: Sie hat ewige Qualen verdient, weil sie es wagt, eine Frau zu sein.“
Es gibt einige offensichtliche Herausforderungen, wenn man eine Sleepytime-Queen ist. Die größte besteht wohl darin, dass man, nun ja, Geld zum Leben braucht. Ohne so weit zu gehen, wie religiös motivierte Tradwives, die sogar Vorlage für Memes wurden, scheint das TikTok-Stay-At-Home-Girlfriend, einen Partner zu haben, der ihr gemütliches Leben zu Hause finanziert, damit sie fleißig Content posten kann.
Kay antwortete weder auf die Anfrage von BuzzFeed News US noch auf die ihr entgegengebrachte Kritik. Wir wissen nicht, ob es ihr Lebenstraum ist, ein Stay-At-Home-Girlfriend zu sein, die von jemandem abhängig ist, der nicht für sie haftet, wie Refinery 29 schrieb. Vielleicht versucht sie auch, einen Lifestyle zu romantisieren, während sie an ihrem nächsten Projekt arbeitet.
Oder vielleicht bekommt sie von irgendwo anders noch Einkommen rein. Wir wissen nichts über ihren Bildungs- oder Gesundheitszustand, der sich auf ihre Fähigkeit auswirken könnte, nicht von zu Hause aus zu arbeiten. Wir wissen nur, dass sie in ihren Captions erklärt hat, dass „jeder Tag ein Tag der Selbstfürsorge“ ist, und dass sie die „Dienstleistungen“ feiert, die sie für ihren Freund erbringen kann (und auch das Geld, das sie ausgeben kann). Ihre TikToks zeigen sie beim Wäschewaschen und Kochen, den unbezahlten und oft gefürchteten Aufgaben, die körperliche und geistige Energie erfordern und die so oft übersehen werden, wenn man betrachtet, was Frauen im Familienalltag eigentlich alles leisten, so die New York Times.
Dennoch hat das gemächliche Tempo ihres Lebens etwas höchst Beeindruckendes. Die Broetry-Poster von LinkedIn, und der von mehreren Plattformen verbannte Frauenhasser Andrew Tate wollen uns einbläuen, dass man mit seinem Leben unzufrieden ist, weil man nicht hart genug arbeitet. Dabei ist die Gefahr durch zu viel Arbeit ein Burn-Out zu erleiden echt groß.
Aber wann hat harte Arbeit jemanden jemals so wohlfühlen lassen wie ein warmes Getränk und eine gute Nachtruhe? Für manche ist die Arbeit von Natur aus erfüllend, und viele Menschen finden Sinn und Zweck in ihrem Job. Es gibt einen Grund, warum die Hustle- und Boss-Ära so lange angedauert hat –Arbeit bringt denjenigen Wohlstand, die nach den Maßstäben der Gesellschaft als glücklich genug gelten.
Für den Rest von uns sind die Belohnungen jedoch nicht immer so groß, und die Arbeit ist auch nicht unbedingt so befriedigend. Ruhe ist notwendig und unvermeidbar; sie kann und wird für uns alle kommen. Zu Hause zu bleiben, ist nicht genug.
Einige von uns arbeiten dort. Unsere Sleepy-Memes und unsere neidische Verachtung für Nicht-Arbeitende senden eine klare Botschaft: Wir brauchen ein bisschen Zeit, um unsere Kräfte wieder aufzuladen. Das haben wir uns verdient. Die Ära der Sleepy-Girlfriends kam genau zum richtigen Zeitpunkt.
Autorin ist Kelsey Weekman. Dieser Artikel erschien am 2.11.2022 zunächst auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Aranza Maier.