Wenn Mieten weiter steigen, braucht es laut Grünen-Politikerin „scharfe Einschnitte auf den Mietmärkten“
Die Mieten steigen wieder schneller. Mehr zu bauen hilft jedoch nur bedingt, sagt Christina-Johanne Schröder, Sprecherin für Wohnen bei den Grünen.
Wohnraum in Deutschland wird momentan nicht nur für Geflüchtete knapp – viele Menschen mit geringem Einkommen fällt es auch immer schwerer, ihn zu bezahlen. Studierende zwingt der Wohnraummangel teilweise in Turnhallen. Der Grund: Mieten werden immer teurer. Gerade jetzt im dritten Quartal von 2022 stiegen die Mieten wieder schneller als in den Jahren zuvor – nämlich um 5,3 Prozent.
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung heißt es: „Solange nicht genug bezahlbare Wohnungen gebaut werden, verhindert die Wohnraumknappheit vor allem in Ballungsgebieten, dass sich angemessene Mieten am Wohnungsmarkt bilden können.“ Deshalb sollen 400.000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden. „Reicht das?“, fragt BuzzFeed News DE Christina-Johanne Schröder, die Sprecherin für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen der Grünen im Bundestag.
Mieten steigen, weil Wohneigentum weniger erschwinglich wird
Kaltmieten stiegen zwischen 2015 und 2021 um 8,3 Prozent, zeigen Daten des Statistischen Bundesamts. Bei den Warmmieten ist der Unterschied noch extremer, denn die Nebenkosten (Strom, Gas, Wasser) sind von den Preissteigerungen des Ukraine-Kriegs deutlich stärker betroffen. Ein Grund, weshalb die Gas-Soforthilfe für Dezember Mieter:innen bei den Heizkosten entlasten soll.
Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, stiegen die Mieten in Städten wie Berlin besonders stark. Das zeigen Daten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). In der Zeit zwischen Juli und September 2022 stiegen sie um durchschnittlich 8,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, also fast doppelt so viel wie im dritten Quartal der vergangenen drei Jahre (da lag die Steigerung bei 4,2 Prozent).
„Es zeigt sich, dass die Dynamik zunimmt“, sagte IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer laut dpa. Gestiegene Kreditzinsen, hohe Baupreise und die Rekordinflation machen Wohneigentum weniger erschwinglich. Die Zinsen für zehnjährige Immobilienkredite haben sich seit Jahresbeginn mehr als verdreifacht, weshalb diese Frau es bereut, ein Haus gekauft zu haben. Viele Menschen weichen daher auf den Mietmarkt aus, wo Vermieter:innen wegen der hohen Inflation höhere Mieten ansetzen.

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Steigende Mieten: Nur mehr Wohnungen zu bauen, hilft nicht
Doch was tun gegen die immer weiter steigenden Mieten? Die Ampel-Koalition (SPD, Grüne, FDP) gründete hierfür das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“, dessen Maßnahmen am 12. Oktober in Berlin vorgestellt wurden. Die Hauptmaßnahme: Bis 2026 sollen für den sozialen Wohnungsbau 14,5 Milliarden Euro an Bundesmitteln bereitgestellt werden. „400.000 Wohnungen im Jahr zu bauen, davon 100.000 Sozialwohnungen, ist bei steigendem Bedarf notwendiger denn je“, sagt Bundesbauministerin Klara Geywitz.
Ja, aber nicht nur das, findet Christina-Johanne Schröder. Sie ist Sprecherin für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen der Grünen im Bundestag. „Mit vielen Milliarden Euro Steuergeldern wurde in der Vergangenheit am Bedarf vorbeigebaut“, sagt sie gegenüber BuzzFeed News DE. In Deutschland herrsche kein allgemeiner Wohnungsmangel, sondern eine regionale Ungleichverteilung. Nur zu denken, mehr Wohnungen führten zu geringere Mietzinsen, sei falsch. Investor:innen investierten nicht, um am Ende weniger Gewinn zu erzielen.
Im Gegenteil: „Auf diesem Nährboden wirken sich Inflation, Zinsanstieg und Energiepreiskrise besonders fatal für unsere Gesellschaft aus“, so Schröder. Es sei nicht nur zentral, dass gebaut werde, sondern auch, wer neuen Wohnraum mit welchem Ziel schaffe. Daher sei die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit, neben der Umsetzung der Mietrechtsverschärfung für die Grünen zentral, um eine Wende an den Mietmärkten einzuläuten.
Grünen-Politikerin: „Ich habe große Sympathien für einen Mietenstopp“
Das Ziel der 400.000 Wohnungen müsse nach dem kriegsbedingten Einbruch in den nächsten Jahren wieder eingehalten werden. „Allerdings wird Neubau keine so wichtige Rolle mehr spielen“, vermutet die Grüne-Politikerin gegenüber BuzzFeed News DE. Um die Kosten zu senken und angespannte Wohnungsmärkte zu entlasten, kämen vor allem Umnutzung, Aufstockung, Lückenbebauung und Sanierung infrage.
Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, sollten die Mietrechtsverbesserungen, die im Koalitionsvertrag stehen, schnellstmöglich umgesetzt werden. „Minister Buschmann hatte versprochen, einen Gesetzentwurf noch in diesem Jahr vorzulegen und hat dafür nur noch wenige Tage Zeit“, betont Schröder. Weil Mietende einem Indexmietvertrag in angespannten Wohnungsmärkten kaum noch ausweichen könnten, „müssen Indexmieten ebenso reguliert werden wie andere Mietverträge“, so Schröder.
„Ich habe große Sympathien für einen Mietenstopp in Regionen mit angespannten Wohnungsmärkten. Leider gibt das unser Koalitionsvertrag nicht her“, so die Sprecherin für Wohnen und Bauen. „Jedoch erwarten wir, dass der Koalitionspartner FDP sich an die Vereinbarungen hält und ein deutlich verbessertes Mietrecht vorlegt. Sinken die Mieten nicht bald, werden scharfe Einschnitte auf den Mietmärkten in der Gesellschaft eine Mehrheit finden.“
Auch wenn die Preise für Immobilien 2022 teilweise sanken, bleibt der Kauf für junge Menschen trotzdem schwer.