7 Gründe, warum an Weihnachten mehr Fetzen fliegen als Geschenkpapier
Streit gehört zu Weihnachten wie Kartoffelsalat, „Wham!“ und fehlender Schnee. Aber warum eigentlich? BuzzFeed News hat die Antwort.
Eine Studie fand heraus, dass besonders junge Menschen sich in Krisenzeiten wünschen, Weihnachten traditionell mit der Familie zu feiern. Doch nicht immer geht das gut. Einem Psychologie-Professor zufolge, sei seit den 50er-Jahren bekannt, dass Menschen sich an Weihnachten besonders häufig streiten. Was das Stresslevel anbelange, lande nur der Tod eines Angehörigen noch vor dem „Fest der Liebe“, das man vielleicht lieber in „Fest des Konflikts“ umbenennen sollte. Aber warum eigentlich?
Streit an Weihnachten „heißt, es bestehen irgendwo Unterschiede“
Konflikt sei deswegen das bessere Wort, weil man in der Psychologie ungern von Streit spreche, sagt der Psychologie-Professor Philipp Yorck Herzberg gegenüber der Augsburger Allgemeinen. „Gibt es einen Konflikt, dann heißt das, es bestehen irgendwo Unterschiede“, meint der Experte. Diese kochen an Weihnachten dann hoch.
Für Menschen aus dysfunktionalen Familien kann dies ein Grund sein, Weihnachten nicht mit der Familie feiern zu wollen. Den Rest des Jahres versuche man in solchen Familien eher, sich voneinander fernzuhalten und Konflikte wegzuschieben, erklärt die Psychologin Sandra Konrad in einem Spiegel-Interview.
„Bei Kindern aus diesen Familien löst der Gedanken an Weihnachten deshalb keine warmen Gefühle aus, sondern Angst, Traurigkeit, Verzweiflung oder Einsamkeit“, so Konrad. Für sie sei es gesünder, Weihnachten alleine zu feiern, als mit der Familie. Das Wichtigste sei hier, sich selbst dort Grenzen zu setzen, wo nötig – auch wenn das heißt, sich den unangenehmen Nachfragen über die eigenen Weihnachtspläne stellen zu müssen.
7 Gründe, warum es an Weihnachten immer Streit gibt
Doch selbst wenn in Familien keine tiefergehenden Konflikte im Untergrund lauern und die Streitkultur im Großen und Ganzen funktioniert, kann es an den Feiertagen zu Streitereien kommen. Aber warum eigentlich? Hier sieben mögliche Gründe.
1. „Weihnachten ist grundsätzlich mit Erwartungen überladen“

Die Psychologin Konrad drückt es gegenüber dem Spiegel folgendermaßen aus: „Weihnachten ist grundsätzlich mit Erwartungen überladen.“ Damit verbunden sei auch das Bild einer idealen Familie, die einem Hollywoodfilme immer wieder in den Kopf setzen würden. Eine glückliche, große Familie, deren Weihnachtsfest harmonischer nicht sein könnte. Das sei für viele Familien nicht die Realität.
Wie könnten sich diese Erwartungen dann auswirken? Zum Beispiel so: Manche Personen streben geradezu nach dem Ideal dieser harmonischen Familie und dem perfekten Weihnachtsfest, bei dem sich alle lieb haben. Sie bauen enormen Druck auf, der andere entweder irritiert oder dem andere mit Gleichgültigkeit begegnen. Und dann kracht es, weil die Differenzen zu groß werden.
2. Familien verbringen ungewohnt viel Zeit beieinander.

Normalerweise sehen sich viele Familien nur alle paar Monate oder sogar seltener. Wenn dann die erwachsenen Kinder über Weihnachten nach Hause fahren und dort tagelang, ja wochenlang bleiben, ist das erst einmal ungewohnt. Manche queere Menschen, feiern deswegen lieber mit Freund:innen, weil es „sich inniger anfühlt“ als mit der Blutsverwandtschaft.
Deshalb seien Pausen so wichtig, um Spannung rauszunehmen, rät Konrad. „Sagen Sie Ihren Verwandten einfach: Ich lese jetzt eine Stunde, ich gehe eine Runde spazieren, oder ich telefoniere mit meiner besten Freundin. Weihnachten muss kein 24-Stunden-Familienmarathon sein.“
3. An Weihnachten brechen die Emotionen besonders leicht hervor.
Weihnachten gilt als „Fest der Liebe“. Die Familie oder auch ein Freundeskreis kommt zusammen und beschenkt einander. Da schwingt eine Menge Tränen-Potential mit und in manchen Familien auch eine (un)gesunde Dosis Wut mit, die sich über das Jahr angestaut hat. „Für manche Menschen ist Weihnachten ein emotionales Minenfeld“, beschreibt es Konrad dem Spiegel. Es sei einfach mehr Emotionalität da als sonst, bestätigt auch Herzberg im Interview mit der Augsburger Allgemeinen.
4. Es gibt ein weihnachtliches Gerangel um Kompetenzen.
Wer kennt es nicht: der klassische Streit um die Weihnachtsvorbereitungen? Der bleibt sicher in fast keiner Familie aus. Wer geht einkaufen, wer dekoriert den Baum, wer geht zur Bäckerei und wer kocht das Dinner an Heiligabend? In vielen Familien gibt es immer wieder Streit wegen solcher Kleinigkeiten.
Es entsteht schnell ein regelrechtes Gerangel um Aufgaben. Und um Kompetenzen. Denn manche Personen möchten zwar einerseits gerne Arbeit loswerden, sind aber gleichzeitig nicht bereit dazu, auch die Entscheidungshoheit abzugeben. Und dann fliegen die Funken, denn niemand möchte sich gerne anhören, dass die Art, wie er die Servietten faltet, so gar nicht geht.
5. Menschen kommen in alten Familien-Strukturen zusammen.

An Weihnachten sind zwangsläufig (oft) alle da. Auch die, die sich vielleicht immer wieder auf den Zeiger gehen. „Der Streit eskaliert gerade an Weihnachten – vielleicht weil dann alle zusammenkommen“, vermutet der Psychologe Herzberg in der Augsburger Allgemeinen. Sandra Konrad hat deswegen den Tipp, einen Puffer dabeizuhaben – zum Beispiel den Partner oder die beste Freundin. „Wenn Fremde mitfeiern, lockert das erfahrungsgemäß alte Muster und Strukturen auf.“
Aber auch man selbst trage Verantwortung für die Stimmung. „Vermeiden Sie explosive Gesprächsthemen. Für die haben wir 364 Tage im Jahr, man muss keinen Konflikt unter dem Weihnachtsbaum klären.“ Herzberg stimmt ihr in seinen Aussagen zu. Es lohne sich an Weihnachten nicht wirklich, tieferliegende Konflikte an die Oberfläche zu holen. Aber danach sollte man sie unbedingt lösen, denn ungelöste Konflikte „kosten Energie“ und „binden Gedanken“.
6. Eifersucht und Neid können Streit auslösen.
Besonders betroffen sind hier wohl Eltern- und Schwiegereltern-Dynamiken. Aber auch andere Beziehungen werden an Weihnachten auf die Probe gestellt. Der Grund: Wer das Fest traditionell feiert, hat nur drei Tage zur Auswahl, an denen er Verwandte und Freund:innen sehen kann.
Nicht genug für alle – zumindest nicht in gleichem Maße. Das kann schnell zu schlechter Stimmung führen, wenn sich eine Partei ausgeschlossen fühlt oder sauer ist, dass sie die Enkel/Neffen/Nichten weniger sieht, als die andere Seite. Natürlich kann Neid auch bei Geschenken aufkommen (siehe Punkt sieben).
7. Auch Geschenke sind ein Streitthema.

Vor allem die Frage, wie viel man (Kindern) zu Weihnachten schenken sollte, sorgt immer mal wieder für Diskussionen. Vielleicht deswegen, weil man selbst überhaupt kein Fan von Geschenken ist, eine andere Person jedoch immer viel zu viel schenkt. Wir von BuzzFeed News DE haben die Ethikerin Claudia Paganini gefragt, ob es Sinn ergibt, die Anzahl an Geschenken auf eine exakte Zahl zu begrenzen. Sie verneint.
„Zielführender als ein ‚Mehr als fünf Geschenke gibt es nicht!‘ ist sicherlich, Kindern die Problematik zu erklären und auch darauf zu verweisen, dass die Tante eben mehr schenkt als Mama und Papa – weil ihr das vielleicht einfach Freude macht.“ Vielleicht ist es auch einfach die Art mancher Menschen, mit Geschenken Liebe auszudrücken.
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Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Thema und dient damit nicht der Selbstdiagnose oder der Lösung von Beziehungsproblemen aller Art. Individuelle psychologische Fragen dürfen von unseren Redakteur:innen leider nicht beantwortet werden.
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