Twitter-Nutzer:innen machten aus Vanderfords Video schnell ein Meme: „Meine Krankenschwester nimmt ein Tiktok auf, während ich auf dem Tisch kodiere“, twitterte eine Person neben einem Video von Addison Rae, die in einem Video tanzt.
„Wenn ich in einem Krankenhaus sterben würde und die Krankenschwester würde anfangen, ein Tiktok zu drehen, würde ich wieder zurück ins Leben kommen, nur um ihr das Handy aus der Hand zu schlagen“, schrieb eine andere.
Offenbar ausreichend beschämt, hat Vanderford ihren Tiktok-Account gelöscht. Aber während sie es sich vielleicht anders überlegt hat, ihren Job zum Inhalt von Tiktoks zu machen, gibt es viele andere medizinische Fachkräfte, die das Gleiche tun. Suche einfach nur nach „Krankenschwester – Patientenverlust“ in der App und du wirst ein Video nach dem anderen mit tränenreichen Beiträgen über schwierige Erfahrungen im Beruf sehen.
Das gilt jedoch nicht nur für Tiktok. Ärzt:innen und Krankenschwestern haben ihre Reichweite auf Twitter, Facebook und Instagram schon seit Jahren ausgebaut. Es gibt sogar praktische Tipps im Internet, wie du eine medizinische Influencer:in (docfluencer?) werden kannst, darunter so etwas wie„Präsentiere Erfolgsgeschichten von Patient:innen“ und „Wirb überall für dein Profil“.
Fairerweise muss man dazusagen, dass soziale Medien für einige in der Medizinbranche ein großartiges Instrument sein können. Kleinere Praxen nutzen sie, um ihren Namen bekannt zu machen. Einige Ärzt:innen teilen nützliche Informationen mit ihren Follower:innen und räumen so Gesundheitsmythen aus dem Weg. Zudem können Menschen, die im medizinischen Bereich arbeiten, Trost und Solidarität finden, indem sie ihre Erfahrungen mit anderen teilen und sich gegenseitig ihre Videos ansehen.
Doch es ist schwer, ein Video, in dem jemand vor der Kamera weint, nicht als performativ zu betrachten. Vor allem, wenn man weiß, dass diese Person sich extra die Zeit genommen hat, das Video zu schneiden und zu vertonen. Der Einfluss in den sozialen Medien kann zu Ruhm und Reichtum führen und es ist nicht schön zu sehen, dass Mediziner:innen nach Popularität streben, anstatt sich darauf zu konzentrieren, was für ihre Patient:innen und deren Angehörigen das Beste ist. Wie eine Person auf Twitter schrieb: „Wenn ich in einem Krankenhaus sterbe und eine Krankenschwester mich für Clout auf Tiktok benutzt, dann werde ich buchstäblich diese Person als Geist heimsuchen.“
Autorin des Newsletters ist Estelle Tang. Autorin des hier übersetzten Teils ist Stephanie McNeal. Der Artikel erschien am 09. Juli 2022 auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt und editiert von Mine Hacibekiroglu.