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ESC 2022: Sechs Songs stehen für Deutschland zur Auswahl - sie sind alle schrecklich

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Von: Mika Engelhardt

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Die Kampagne #Germany12Points und die sänger:innen für der Eurovision Song Contest 2022 sind zu sehen
#Germany12Points: Diese Künstler:innen könnten für Deutschland zum ESC fahren - aber große Chancen vor Ort hat wohl niemand von ihnen. © Collage/dpa

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#Germany12Points: 2022 soll Deutschland beim ESC wieder siegen. Aber die Titel lassen zu wünschen übrig.

Ich bin kein Patriot. Das Konzept von Patriotismus erschließt sich mir nicht. Ich empfinde keinen Nationalstolz - wenn die deutsche Mannschaft im Fußball krachend scheitert, nehme ich das mit einem Schulterzucken zur Kenntnis. Aber an einem einzigen Tag im Jahr ist das anders. Am Tag des Finales des Eurovision Song Contest (ESC), dem wahrscheinlich größten Musik-Event des Jahres. An diesem Tag hisst man gerne die Flaggen, denn es geht nicht um einen ernsten Wettkampf, sondern um das Zelebrieren aller Länder.

Aber seien wir mal ehrlich: Natürlich ist der Abend besonders schön, wenn das eigene Land erfolgreich abschneidet. Die Aufregung, als Lena vor vielen Jahren beim ESC gewonnen hatte, werde ich wohl nie vergessen. Seitdem ist es für Deutschland weitaus weniger aufregend geworden. Michael Schulte oder selbst Roman Lob konnten zumindest noch Achtungserfolge einfahren. Aber meistens quetscht sich Deutschland mit England auf die letzten zwei Plätze.

ESC 2022: So soll der Sieg nach Deutschland kommen

Umso schöner, wenn die deutschen Verantwortlichen für den Eurovision Song Contest sich den Sieg für 2022 wieder auf die Fahne schreiben. #Germany12Points heißt die diesjährige Kampagne, die zum Sieg führen soll. Eine Besonderheit gibt es auch: Das erste Mal seit einigen Jahren können die Fans wieder entscheiden, welcher Act (aus einer Vorauswahl) für Deutschland nach Turin fährt. Diese Aktion startete nach der ESC-Blamage aus dem vergangenen Jahr, als Jendrik mit „I Don‘t Feel Hate“ auf dem vorletzten Platz landete.

Das soll kein Jendrik-Bashing sein. Ich fand den Song für den ESC ziemlich passend, aber es hat mal wieder einfach nicht gereicht. Also sollen die Fans es dieses Jahr besser machen. Allerdings kann ich schon jetzt sagen: Das wird wohl nichts! Denn bevor wir Fans zum Voting gebeten wurden, wurden sechs Acts in einem Vorentscheid gewählt. Und die sind allesamt langweilig, nichtssagend und drängen sich geradezu für eine Platzierung ganz hinten auf. #Germany12Points? Wenn wir Glück haben, kommen wir zusammengezählt gerade einmal auf 12 Punkte.

ESC 2022: Fans sind wütend und enttäuscht

Sehen wir uns das Drama also mal an. Eine Vielfalt von Genres und Künstler:innen wurde uns von den Verantwortlichen versprochen, aber wenn man sich die Lieder jetzt anhört, bekommt man sechsmal platten, langweiligen Pop zu hören. Diese Songs sind nicht per se schlecht, aber die haben keine Chance, beim ESC auch nur den Hauch eines Eindrucks zu hinterlassen. Dem bin nicht nur ich mir sicher, sondern auch die Fans im Internet, die die Vorauswahl mit Hohn und Spott überschütteten.

Wer die Songs noch nicht gehört hat, kann sich in diesem Video einen kurzen, ersten Eindruck machen:

Wie man sieht und hört, hier ist vor allem Trallalla an der Tagesordnung. Den größten Rückhalt der Fangemeinde scheint aktuell Felicia Lu mit „Anxiety“ zu haben, während der Rapper Nico Suave, der mit dem deutschen Song „Hallo Welt“ antritt, sogar Subjekt von einigen Kontroversen geworden ist. Er verteidigte vor einigen Jahren den Querdenker Xavier Naidoo und hat sich seitdem nie wirklich von dessen Aussagen distanziert. „Hallo Welt“ wird außerdem von einigen Hörer:innen als beleidigend gegenüber Menschen mit psychischen Problemen verstanden.

Die Songs für den ESC 2022: lahmer Pop von der Stange

Kontroversen hin oder her, es ist einfach ein Fakt, dass alle diese Lieder keinerlei Eindruck hinterlassen. „alive“ von eros atomus ist eine schrecklich dröge, gezwungen positive Angelegenheit, die links rein und rechts raus aus den Ohren geht. „Anxiety“ von Felicia Lu klingt wie jeder Popsong, der aktuell im Radio läuft. Nicht schlecht, aber eben auch nicht bemerkenswert. „I Swear To God“ von Maël & Jonas klingt wie ein OneDirection-Song, der in der Mottenkiste gelandet ist.

„Soap“ von Emily Roberts ist ein Standard-Trennungssong. Radiotauglich, klar, aber eben langweilig. Malik Harris, der den Song „Rockstars“ besteuert, hat meiner Meinung nach die beste Stimme aller Teilnehmer:innen, aber der Song hinterlässt keinerlei Eindruck. Und „Hallo Welt“ ist wie „alive“ abgesehen von den Kontroversen einfach nur dröge und viel zu dümmlich positiv. Klar, der ESC soll ein Fest der Freude und des Friedens sein, aber nur „lalala“ zu singen tuts dann doch auch nicht.

ESC 2022: bittere Klatsche für Fan-Favoriten

Den größten Rückhalt der Fans hat übrigens eine Band, die es leider nicht in die Vorauswahl geschafft hat. Das ist eine echte Schande, denn es handelt sich um Eskimo Cowboy. Die Band, die den ungewöhnlichen Genres des Metalcore und Trancecore zugeordnet wird, hatte sich schon seit längerem als Fan-Favorit herauskristallisiert. Und wer das Video zu „Pump it“ ansieht, versteht auch, warum. Der Song und die Band sind wie gemacht für den ESC. Es ist genau die richtige Mischung aus Einzigartigkeit und Mainstream-Appeal.

Klar, „Pump it!“ ist nicht nach dem Geschmack aller, aber der Song hätte auf jeden Fall einen Eindruck hinterlassen. Und es ist eine echte Schande, dass die Band nicht die Chance bekommt, Deutschland zu vertreten und endlich mal wieder einen anderen Ansatz als Standard-Pop mitzubringen. Im Internet gibt es übrigens eine Petition, die Band doch noch in den Wettbewerb aufzunehmen - und kommt mittlerweile auf beinahe 150.000 Unterschriften.

#Germany12Points? Das wird wohl nichts beim ESC 2022

Es sieht also echt bescheiden aus für den deutschen ESC-Sieg 2022. Die Verantwortlichen hinter der Songauswahl haben es geschafft, beinahe alle Fans zu enttäuschen. Da tun mir fast schon die Künstler:innen leid, die noch übrig sind, denn mit Leidenschaft werde ich, und sicherlich auch viele andere Fans, nicht hinter ihnen stehen. Zu langweilig und dröge sind die Beiträge, und zu groß der Trennungsschmerz von Eskimo Callboy.

Wie dem auch sei, das Voting ist jetzt offen und geht bis Freitag. Dann werden die Songs ein letztes Mal in einer Liveshow im NDR vorgestellt - und der:die Sieger:in ermittelt. Der eigentliche ESC, zu dem Deutschland einen Freifahrtschein hat, findet dann am 14. Mai statt. Und wenn an diesem Tag tatsächlich jemand sagt: „12 Points go to Germany“ würde ich mich schon echt wundern. Aber wer weiß, vielleicht kriegt Eskimo Callboy doch noch eine Wildcard.

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