Die Botschafter:innen westlicher Länder und ihre Diplomaten-Teams - angeführt von den USA - zogen sich schon vor Wochen aus der Ukraine zurück. Aber nicht Cichocki. Einige seiner mehr als 80 polnischen Diplomat:innen zogen stattdessen in die westliche Stadt Lviv um, wo sie ein funktionierendes Konsulat unterhalten, oder zurück nach Warschau. Aber viele bleiben an seiner Seite in der Hauptstadt.
Dennoch gab es während seines Interviews mit BuzzFeed News USA am vergangenen Donnerstag Anzeichen dafür, dass Cichocki die russische Bedrohung mit Sorge betrachtet. Vor seiner Bürotür liegen ein Helm und eine kugelsichere Weste mit einem rot-weißen polnischen Flaggen-Aufnäher und an seiner Hüfte trägt er eine, wie er es nannte, „Reisetasche“ mit „wichtigen Dokumenten“. Seine Blutgruppe ist mit einem Permanentmarker auf seinen linken Arm gekritzelt. „Ich will ja nicht im falschen Sarg landen“, scherzt er.
Während er spricht, schlägt eine Raketensalve in den Außenbezirken von Kiew ein. „Öffnen wir das Fenster, damit wir etwas hören können“, so Cichocki
„Seine Anwesenheit in Kiew ist sehr symbolhaft“, sagt Wojciech Kononczuk, stellvertretender Direktor des Zentrums für Oststudien in Warschau, gegenüber BuzzFeed News. „Polen war das erste Land der Welt, das die ukrainische Unabhängigkeit am 2. Dezember 1991 anerkannt hat“, so Kononczuk. „Er zeigt, dass Polen an der Seite der Ukraine stehen wird, was auch immer dort geschehen wird.“ Die ukrainisch-polnischen Beziehungen waren in den vergangenen Jahren nicht frei von Unstimmigkeiten, und es gibt ungelöste historische Streitigkeiten, darunter das Massaker an Polen in Wolhynien und Ostgalizien durch die ukrainische Aufständische Armee in den Jahren 1943 und 1944.
Cichocki, der der rechtsnationalen polnischen Partei Recht und Gerechtigkeit angehört, sagt jedoch, es sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, über die Geschichte zu streiten. Laut Cichocki hätten der ukrainische Präsident Volodymyr Selenskyj und der polnische Präsident Andrzej Duda ihre Streitigkeiten vorerst beiseite gelegt. „Ich glaube, sie rufen sich fast jede Nacht an“, so Cichocki. Er sagt auch, dass die Ukrainer:innen tapfer gekämpft haben und bisher relativ erfolgreich in ihrem Kampf gegen Russland waren und Putins Pläne für einen schnellen Angriff auf Kiew und einen Sturz der Regierung durchkreuzt haben. „[Kiew] wird so stark verteidigt. Es gibt Leute auf der Straße, denen ich nicht begegnen möchte, wenn ich Russe wäre.“
"Sie können sprengen, sie können bombardieren", sagt er über die Russen. Aber er glaubt nicht, dass Kiew fallen wird. "Das wird nicht passieren. Kiew ist uneinnehmbar." Laut Cichocki liefere Polen "alles, worum die Ukrainer:innen bitten", um ihren Kampf gegen die russische Armee zu unterstützen.
Polen hat die Ukraine seit dem Einmarsch Russlands im Jahr 2014 mit Waffen und anderer militärischer Unterstützung, einschließlich Ausbildung, versorgt. Anfang Februar kündigte Polen seine jüngste Hilfsrunde für die Ukraine an und erklärte, es werde verschiedene Arten von Munition und Artilleriegranaten, tragbare Luftabwehrsysteme mit kurzer Reichweite, leichte Mörser und Aufklärungsdrohnen liefern. „Wir sind uns darüber im Klaren, dass [die Ukraine] auch für die Sicherheit Polens von entscheidender Bedeutung ist“, so Kononczuk vom Zentrum für Oststudien. „Wir sitzen im selben Boot wie die Ukrainer:innen. Aber sie sitzen vorne und wir sitzen hinten.“
Cichocki, der von 2015 bis 2016 als Diplomat in Moskau tätig war, sagt, es habe ihm dort sehr gut gefallen. „Es ist eine besondere Stadt. Wir haben sie auch privat genossen. Meine Kinder mögen die Eislaufbahnen“, sagt er. Aber er möchte nicht, dass die russische Armee durch sein neues Zuhause in Kiew rollt. Der Fall der Ukraine wäre eine schlechte Nachricht für Polen, so Cichocki. „Wenn Russland hier Erfolg hat, sind wir die Nächsten“.
Autor ist Christopher Miller. Dieser Artikel erschien zuerst auf buzzfeednews.com. Aus dem Englischen übersetzt von Aranza Maier.