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Greenpeace-Experte: „Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ist Unsinn!“

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Von: Pia Seitler

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Wasserdampf steigt aus dem Kühlturm vom Atomkraftwerk (AKW) Isar 2.
Der Umweltverband Greenpeace lehnt eine Laufzeitverlängerung von deutschen Atomkraftwerken strikt ab. © Armin Weigel/dpa/Montage/BuzzFeed

In der Diskussion über den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke in Deutschland argumentiert Greenpeace, eine Laufzeitverlängerung sei ein „Null-Summen-Spiel“.

Mehr als zehn Jahre, nachdem der Deutsche Bundestag den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen hat, diskutieren Politiker:innen und Expert:innen wieder über Atomkraft. Deutschland droht ein Energie-Engpass, weshalb es nun eine Debatte gibt, ob die letzten drei Atomkraftwerke (AKW), die noch in Betrieb sind, doch weiterlaufen sollen.

Hintergrund der Debatte ist die Gas-Krise und die Sorge, dass Russland bei der Ostseepipeline Nord Stream 1 nach einer Wartung, die Ende dieser Woche vorbei sein könnte, den Gashahn nicht wieder aufdreht. Die Bundesregierung lässt nun wieder einen Türspalt offen für einen Weiterbetrieb über das Jahresende hinaus, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet. Eine Regierungssprecherin verwies auf einen neuen Stresstest zur Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland.

Der Umweltverband Greenpeace lehnt eine Laufzeitverlängerung strikt ab. „Eine Laufzeitverlängerung ist Unsinn! Atomkraftwerke sind komplex und sicherheitsrelevant, sie lassen sich nicht beliebig an- und abschalten“, sagt Heinz Smital, Greenpeace-Atomexperte gegenüber BuzzFeed News Deutschland.

Gaskrise in Deutschland entfacht Debatte um Atomenergie

Nach geltendem Recht werden die drei Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 Ende 2022 endgültig abgeschaltet. Das Argument derjenigen, die eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke fordern ist, dass dies dazu führen würde, dass weniger Gas zur Verstromung genutzt werden müsste. Rund sechs Prozent des Stroms in Deutschland wurde im ersten Quartal 2022 noch durch Kernenergie erzeugt, wie die Tagesschau berichtet. Deutsche Städte planen angesichts der Gaskrise im Winter Wärmehallen für Bedürftige.

Smital spricht im Zusammenhang mit einer Laufzeitverlängerung der drei deutschen Atomkraftwerke von einem „Null-Summen-Spiel“. Neuer Kernbrennstoff sei erst weit im kommenden Jahr einsetzbar und mit dem verbleibenden Rest in den Meilern, lasse sich nur eine begrenzte Menge Strom erzeugen und „diese Menge wird nicht mehr, wenn man sie kurz über den vereinbarten Abschaltzeitpunkt hinaus streckt“, erklärt der Atomexperte.

Greenpeace-Atomexperte nennt Argumente gegen Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke

Er nennt rechtliche, organisatorische und technische Probleme: „Die deutschen Atomkraftwerke laufen schon jetzt mit einer Sondergenehmigung, weil die nötigen Sicherheitschecks bereits 2019 fällig waren. Ein einfaches weiter so kann es schon aus Sicherheitsgründen nicht geben“, so Smital. „Atomkraftwerke lassen sich nicht beliebig und unkompliziert an- und abschalten“. Die Betreiber:innen bereiten sich auf die Abschaltung vor, Genehmigungen laufen aus, hoch qualifiziertes Personal gehe in Rente oder habe andere Beschäftigungen gefunden.

In anderen Ländern würden Atomkraftwerke endgültig abgeschaltet, auch wenn das in politischen Diskussionen nicht deutlich werde, sagt der Greenpeace-Experte. Belgien schalte im September das AKW „Doel 3“ engültig ab, im Februar 2023 ein weiteres und im Jahr 2025 werden drei bis fünf weitere Reaktoren stillgelegt. Und auch in England werden von zehn der derzeit noch laufenden AKWs bis 2028 abgeschaltet. „Am planmässige Abschalten führt meist kein Weg vorbei, das bräuchte unverhältnismäßig hohe Investitionen viele Jahre im Voraus, bei relativ geringem Ertrag“, so Smital.

Stattdessen solle es in der Gaskrise in Deutschland grundsätzlich mehr um Einsparungen gehen. In der Industrie sowie in vielen kommunalen Einrichtungen gebe es nach wie vor enorme Einsparpotenziale. Hier findest du fünf Tipps, mit denen du mithelfen kannst, Energie zu sparen und der Umwelt etwas Gutes tun.

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