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Sonnenblumenöl wird immer öfter durch Palmöl ersetzt - warum das völlig okay ist

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Von: Pia Seitler

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Eine Lieferung Sonnenblumenöl wartet darauf, ins Regal geräumt zu werden.
Sonnenblumenöl ist weiter knapp in Deutschland. © IMAGO/Sabine Gudath/dpa

Palmöl hat einen miesen Ruf. Wir zeigen, warum Palmöl zu Unrecht verteufelt wird und was ihr statt eines Boykotts tun könnt.

„Sonnenblumenöl ist das neue Klopapier“, sagt ein Frankfurter Filialleiter von Aldi-Süd, wie die Tagesschau berichtet. Wegen des Ukraine-Kriegs ist Sonnenblumenöl derzeit knapp. Aus der Ukraine kommen die Hälfte der weltweiten Exporte an Sonnenblumenöl und Deutschland deckt seinen Bedarf zu 94 Prozent über Importe. Immer mehr Unternehmen ersetzen Sonnenblumenöl in ihren Rezepturen mit einem anderen Öl, wie der Österreichischer Rundfunk (ORF) berichtet: Palmöl.

Es macht Nutella streichzart, steckt in Eis, Tiefkühl-Pizza, Knäckebrot, Waschmitteln, Kosmetik und Biosprit und es ist böse. Palmöl wird auf der ganzen Welt gehasst und gleichzeitig mehr verwendet als jedes andere Pflanzenöl.

Palmöl wird aus dem Fruchtfleisch der Ölpalme gewonnen, die auf Plantagen rund um den Äquator angebaut werden. Dafür werden große Fläche Regenwald gerodet, Unmengen an CO2 entweichen in die Atmosphäre und der Lebensraum von bedrohten Arten wie der des Orang-Utans zerstört. Inzwischen nehmen Palmöl-Plantagen laut des World Wide Fund For Nature (WWF) weltweit eine Fläche von etwa 19 Millionen Hektar ein. Das ist mehr als die Hälfte der Fläche von Deutschland.

Ist Palmöl gesundheitsschädlich?

Schätzungen des WWFs gehen davon aus, dass Palmöl in etwa jedem zweiten Supermarktprodukt enthalten ist. Das Pflanzenöl ist in der Industrie aufgrund seiner besonderen Eigenschaften sehr beliebt. Es ist fast geschmacksneutral, sehr hitzebeständig und extrem lange haltbar. Im Gegensatz zu anderen Ölen muss Palmöl nicht erst chemisch gehärtet werden, um bei Zimmertemperatur eine streichfeste Konsistenz zu bekommen. In Seifen, Cremes und Duschgels wirkt Palmöl als natürliches Fett pflegend und hautglättend.

Vorsicht ist trotzdem geboten: Palmöl steckt auch in vielen Fertiggerichten. Industriell hergestelltes Palmöl kann sich bei übermäßigem Verzehr schlecht auf unsere Cholesterinwerte auswirken und der Gesundheit schaden. Außerdem können bei der Erhitzung von Palmöl Fettschadstoffe entstehen. Das sind Stoffe, die krebserregend sind oder im Verdacht stehen, das Krebsrisiko zu erhöhen. Von diesen Fettschadstoffen sollten Erwachsene nicht mehr als 0,8 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht täglich aufnehmen, empfiehlt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit.

Naturbelassenes Palmöl, das man an der rötlichen Färbung erkennt, enthält hingegen viel Vitamin A, etwa 15-mal so viel, wie Karotten und ist nicht gesundheitsschädlich. Im Gegenteil: Das enthaltene Vitamin E und Coenzym Q1 bekämpfen zellschädigenden Stoffe im Körper und gelten als krebsvorbeugend.

Palmöl-Herstellung ist effektiv und günstig

Die Ölpalme liefert auf relativ geringer Fläche einen großen Ertrag. Sie produziert den größten Anteil der weltweit genutzten Öle und Fette und nimmt dabei den geringsten Anteil der genutzten Gesamtfläche ein. Pro Hektar bringen Raps, Kokos und Sonnenblume im Durchschnitt nur rund 0,7 Tonnen Öl. Soja noch weniger. Die Ausbeute bei Ölpalmen ist fast fünfmal so hoch und liegt bei durchschnittlich 3,3 Tonnen pro Hektar. Darum ist Palmöl auch so günstig.

Knapp 73 Millionen Tonnen Palmöl weltweit werden laut der US-amerikanischen Landwirtschaftsbehörde USDA produziert und die globale Nachfrage steigt seit Jahren. Damit verschlimmern sich auch die sozialen und ökologischen Probleme. Müssen wir als Konsequenz daraus alle Produkte im Supermarkt stehen lassen, die Palmöl enthalten?

Verzicht auf Palmöl löst das Problem nicht

Nein. Palmöl zu boykottieren würde das Problem nur verschieben oder sogar verschlimmern. Denn für die Produktion anderer Pflanzenöle werden auch große Flächen gebraucht - sogar größere als beim Palmöl. Eine WWF-Studie ergab, dass Deutschland das Fünffache an Fläche benötigen würde, wenn es seinen Palmöl-Bedarf durch einen Mix aus Kokos-, Raps-, Sonnenblumen- und Sojaöl ersetzen würde. Es wären anstatt wie bisher etwa 400.000 Hektar rund 1,4 Millionen Hektar mehr Anbaufläche nötig. Und Kokosnuss und Soja wachsen nur unter ähnlichen Bedingungen und in ähnlich sensiblen Regionen wie die Ölpalme.

Auch Palmöl durch in Deutschland produziertes Rapsöl zu ersetzen, sei laut WWF keine gute Option. So würde zwar die Artenvielfalt weniger bedroht, allerdings würde sich die gesteigerte Anbaufläche für Raps negativ auf Treibhausgasemissionen auswirken.

Unser Konsumverhalten muss sich ändern

Anstatt eines Palmöl-Boykotts gibt es zwei andere sinnvolle Ansätze. Erstens: Palmöl-Menge reduzieren. Der WWF schlägt einen bewussteren Konsum von Süßigkeiten, Knabberzeug und Fertiggerichten vor. Weil ein Austausch von Palmöl durch andere Pflanzenöle nichts verbessern würde, müssen wir weniger konsumieren. Auch weniger Fleisch zu essen, kann helfen. Denn 13 Prozent des nach Deutschland eingeführten Palmöls landet in Futtermittel für Geflügel, Rinder und Schweine.

Das Produkt Palmöl ist nicht böse. Der Anbau muss nachhaltiger gestaltet werden. Das fordert auch die Weltnaturschutzunion (IUCN). Bereits in den vergangenen Jahren wurden dafür Zertifizierungssysteme entwickelt. Der Roundtable for Sustainable Palm Oil (RSPO) ist der am weitesten verbreitete Standard, ist allerdings immer wieder Greenwashing-Vorwürfen ausgesetzt. Zu seinen Mitgliedern gehören große Palmöerzeuger und -verbraucher.

2018 wurden die Kriterien verschärft. Keine Kinder- oder Zwangsarbeit, keine Brandrodung für neue Ölpalmen-Plantagen, reduzierter Einsatz von Pestiziden und mehr Einbindung von Kleinbauern. Aber alles auf freiwilliger Basis. Sicher, dass kein Regenwald abgeholzt wird und Artenvielfalt bedroht wird, können sich die Konsumenten trotz Siegel also nicht sein, aber immerhin wird damit das Bewusstsein für faire und umweltfreundliche Palmöl-Produktion gestärkt und das kann in Zukunft etwas bewirken.

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