„Tödliche“ Ersatzprodukte: Rügenwalder Mühle kontert Kritik an veganem Sortiment

Fleischersatzprodukte seien gefährlich, warnt ein Mediziner. Ein Ernährungswissenschaftler macht indes einen Verbesserungsvorschlag.
„Dieser Hype nach Ersatzprodukten ist ungesund bis tödlich.“ Der Internist und Ernährungsmediziner Matthias Riedl hat am Sonntag (19. März 2023) in der RTL-Sendung „Stern TV am Sonntag“ vor fleischlosen Alternativen, auf die viele Veganer:innen zurückgreifen, gewarnt. Viele vegane Ersatzprodukte seien „rein chemisch“ und „nichts anderes als ultrahochverarbeitete Fertigprodukte“, sagt Riedl.
Bereits vergangenes Jahr zeigten Marktforschungsanalysen: Fleischersatzprodukte wie Sojaschnitzel, Veggie-Hack und veganer Aufschnitt liegen im Trend und werden auch die nächsten Jahre beliebter, glauben Marktforscher:innen. Wir fragen den Ernährungswissenschaftler Niko Rittenau, für wie gerechtfertigt er Riedls Kritik bei RTL hält. Rittenau erklärt gegenüber BuzzFeed News: „Der gesundheitliche Wert von veganen Ersatzprodukten für Fleisch und Käse kann nicht pauschalisiert werden, da es innerhalb dieser Produktkategorie große qualitative Unterschiede gibt.“
Veganen Tierproduktalternativen fehlen wertvolle Nährstoffe
Fakt sei jedoch, dass in Deutschland zum aktuellen Zeitpunkt der Nährwert nahezu aller veganen Fleisch- und Käsealternativen schlechter als jener ihrer Äquivalenzprodukte sei. „Dies hat aber nichts damit zu tun, dass sie ‚chemisch‘ oder ‚hoch verarbeitet‘ sind“, sondern dass im Rahmen ihres Produktionsprozesses zu wenig auf eine adäquate Nährstoffanreicherung mit jenen Nährstoffen gesetzt werde, die in ihren tierischen Äquivalentprodukten vorkommen, so Rittenau.
„In der Nutztierhaltung wird den Tieren eine Reihe an Nährstoffen über die Futtermittel beigegeben, damit sie gut versorgt sind und somit auch ihr Fleisch beziehungsweise ihre Milch und Eier nährstoffreich sind“, erklärt der Experte. Vegane Tierproduktalternativen könnten den Umweg des Tiers in der Nährstoffanreicherung umgehen und direkt mit diesen wertvollen Nährstoffen angereichert werden. Das werde in Deutschland, Österreich und der Schweiz jedoch aktuell kaum gemacht. Daher seien diese Lebensmittel bis zum Zeitpunkt der nährstoffoptimierten Produktion aus ernährungswissenschaftlicher Sicht kein adäquater Ersatz.
Rügenwalder Mühle reagiert auf Riedls Kritik – „hochpolemisch und teilweise schlicht flasch“
Einer der bekanntesten Hersteller von fleischlosen Alternativprodukten in Deutschland ist die Rügenwalder Mühle. Die frühere Fleischerei begann 2014 damit, fleischlose Produkte in die Supermärkte zu bringen. 2021 erzielte das Unternehmen erstmals mehr Umsatz mit vegetarischen und veganen Produkte als mit ihren Fleischerzeugnissen.
Riedls Aussagen bewertet die Rügenwalder Mühle gegenüber BuzzFeed News als „hochpolemisch und teilweise schlicht flasch“. 90 Prozent ihrer Zutaten seien natürlichen Ursprungs und die Verwendung von Zusatzstoffen streng reglementiert. Wir wollen wissen, ob sich das Unternehmen vorstellen kann, seine Fleischersatzprodukte mit Nährstoffen anzureichern, wie es Rittenau gegenüber unserer Redaktion vorschlägt.
„Sowohl beim Salz- und Fettanteil als auch bei den Ballaststoffen schneiden die veganen Produkte immer besser ab als ihre Pendants aus Fleisch“, sagt Claudia Hauschild, Leiterin der Unternehmenskommunikation bei der Rügenwalder Mühle. Die größte Konsument:innengruppe seien bei ihnen die Flexitarier. Das Unternehmen gehe davon aus, dass die notwendigen Anteile von beispielsweise Eisen oder Vitamin B12 über diese Ernährungsform der Mischkost gedeckt werden. Zudem befinde sich unter den Konsument:innen auch eine große Zahl an Kindern und daher sei das Unternehmen eher vorsichtig bei den Überlegungen, die Produkte zusätzlich mit Nährstoffen anzureichern. „Solange unsere größte Konsumentengruppe die der Flexitarier bleibt, bleiben wir auch bei dieser Entscheidung.“