8 Merkmale, an denen du Verschwörungstheorien erkennst

Woran erkennt man eine Verschwörungstheorie und was unterscheidet sie von einer Hypothese aus der Wissenschaft? Wir haben Antworten für dich.
Rund ein Drittel der Deutschen glaubt laut Bildungsstätte Anne Frank an Verschwörungstheorien. Diese Zahl ist erschreckend. Vor allem die Corona-Pandemie hat sich als Nährboden für falsche Fakten und kuriose Ideen erwiesen. Aber auch im Ukraine-Krieg werden immer wieder Missinformationen geteilt, die wir in unserem Fake-News-Ticker aufklären. Doch was steckt hinter Verschwörungstheorien und wie unterscheiden sie sich von wissenschaftlichen Theorien? Die digitale Ausstellung der Bildungsstätte Anne Frank “matter of fact“ geht diesen Fragen nach. Wir von BuzzFeed News Deutschland haben das Wichtigste für dich zusammengefasst.
Verschwörungstheorien: Bis ins 20. Jahrhundert allgemein anerkannt
Verschwörungstheorien begegneten einem auch im Alltag und können harmlos sein, sagt Soziologe Andreas Anton der Bildungsstätte Anne Frank. Im Grunde genommen gehöre hier auch die Annahme dazu, dass sich Kolleg:innen gegen einen verschworen hätten, oder die beste Freundin eine Überraschungsparty planen würde. „Fast jeder hatte schon mal solche Überlegungen.“ Wir kennen Verschwörungen also aus dem Alltag und wissen, dass sie in der Geschichte schon einmal vorkamen. Deswegen seien wir auch so anfällig gegenüber verschwörungstheoretischen Erklärungen, sagt Anton der Bildungsstätte.
Eine TikTokerin, die sich mit Verschwörungstheorien beschäftigt, erstellte 2021 ein „Conspiracy-Triangle“, das Verschwörungstheorien nach ihrer Gefährlichkeit und ihrem Wahrheitsgehalt einordnet.
Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts waren Verschwörungstheorien sogar allgemein anerkannt, erklärt Anton. Es handelte sich dabei durchaus um akzeptiertes soziales Wissen, das erst mit der „Frankfurter Schule“ und Denkern wie Karl Popper an den Rand der Gesellschaft gerückt wurde. Diese hätten sich damals sehr kritisch mit Verschwörungstheorien auseinandergesetzt und bewirkt, dass Erzählungen dieser Art seitdem ganz klar von wissenschaftlichen Theorien abgegrenzt werden.
Es gibt zwei Arten von Verschwörungstheorien: Verschwörungen „von oben“ und „von unten“
Laut Amerikanist Michael Butter gibt es zwei Arten von Verschwörungstheorien: Verschwörungen „von unten“ und „von oben“. Bei der ersten ist eine Randgruppe der Gesellschaft oder zumindest eine „ranggleiche“ Gruppe das Ziel der Verschwörung. Ein Beispiel hierfür ist die wohl berühmteste Verschwörungstheorie der deutschen Geschichte: die Dolchstoßlegende. Hier wurden Jüd:innen und Sozialdemokrat:innen für die Niederlage im Ersten Weltkrieg verantwortlich gemacht. Bei Theorien „von oben“ sind Eliten und „ranghöhere“ Akteur:innen das Feindbild, zum beispiel Pharma-Unternehmen.
Aber was unterscheidet Verschwörungstheorien von wissenschaftlichen Theorien?
Während die Wissenschaft versucht, sich der Wahrheit so nah wie möglich anzunähern, erheben Verschwörungstheorien Anspruch auf die absolute Wahrheit. Dies, so sagt es Andreas Anton, sei der wichtigste Unterschied zwischen wissenschaftlichen Theorien und einer Verschwörungserzählung.
In der Wissenschaft gebe es Regeln für Experimente, Wissenschaftler:innen begutachteten sich gegenseitig und würden versuchen, Hypothesen anderer Forschender nicht unbedingt zu verifizieren, sondern viel mehr zu falsifizieren. Natürlich sage auch die Wissenschaft nicht immer die Wahrheit. „Wie heißt es so schön: Die wissenschaftliche Wahrheit ist immer der letzte Stand des Irrtums“, sagt der Soziologe Anton.
Bei Corona habe man die Unterschiede zwischen Wissenschaft und Verschwörung ganz gut gesehen, ergänzt Sprachwissenschaftler Professor Anatol Stefanowitsch gegenüber der Bildungsstätte. Die Wissenschaft habe hier zu Beginn vieles nicht gewusst und stellte Hypothesen auf, die sich im Laufe der Pandemie verifizieren oder falsifizieren ließen. Bei Verschwörungstheorien hingegen gibt es keinen Widerspruch. Verschwörungstheoretiker:innen würden diesen sogar als Unsicherheit auffassen und ihn argumentieren, dass man der Wissenschaft nicht mehr glauben könne. Ein Beispiel hierfür sind auch Querdenker:innen, die bei Corona-Protesten neben Hippies und Rechtsextremen demonstrieren.
Wir haben dir hier zusammengefasst, an welchen 8 Merkmalen du eine Verschwörungstheorie erkennen kannst:
- Sie schließen Zufälle aus. Hinter allem steckt eine menschliche Intention.
- Sie stellen gerade das Offensichtliche infrage und sind deswegen auch so interessant.
- Es gibt meist ein Bedrohungsszenario oder eine Katastrophenmetaphorik.
- Sie liefern Erklärungen für alles und sind „einfach“, wohingegen die Wissenschaft „komplex“ ist und sich gerade zu Wissenslücken bekennt.
- Sie fragen „Cui Bono?“ (lat. Zu wessen Vorteil?) und suchen Kausalketten, die bei näherer Betrachtung keine sind. Nur weil eine Gruppe von einer Sache profitiert, heißt es nicht automatisch, dass sie diese Sache selbst verursacht haben muss.
- Sie lassen keine Kritik zu: Kritiker:innen sind so immer automatisch Teil der Verschwörung und werden eher als Pro-Argument aufgeführt.
- Sie haben meist eine „kollektivierende Logik“ ganz nach dem Motto: „Wir gegen den Rest der Welt“.
- Sie werden selten über klassische Medien oder öffentlich-rechtliche Kanäle verbreitet oder zitieren diese nicht, was bei normalen Medien jedoch gängig ist. Beispiele für Webportale, die bekannt für Verschwörungstheorien sind: KenFM, Kla.Tv und das „Compact-Magazin für Souveranität“. Auch soziale Plattformen wie Telegram tragen zur Verbreitung bei.
Auch auf diese sprachlichen Merkmale kannst du achten, wenn du das Gefühl hast, es mit einer Verschwörungstheorie zu tun zu haben. Aber Vorsicht: Manchmal nutzen Verschwörungstheorien auch „verschlüsselte“ Sprache, die sich auf den ersten Blick sogar normal oder vertraut anfühlt.
- Wörter wie „sicher“, „klar“ oder „offensichtlich“ unterstreichen die Allgemeingültigkeit, die Verschwörungstheorien anstreben.
- Die Sprache ist eindeutig: Alles ist entweder „schwarz“ oder „weiß“, „gut“ oder „böse“, „Freund“ oder „Feind“. Es gibt keine Stufe dazwischen.
- Oft wird ein Dualismus von Licht und Dunkel verwendet. Zum Beispiel Metaphern wie „Wir tappen im Dunkeln“ oder „Licht in eine Sache bringen“.
- Sprachbilder, die suggerieren, dass im Hintergrund andere „die Fäden ziehen“, wie „Puppenspieler“ oder „Marionetten“ sind weit verbreitet.
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