„Genderismus“: Verschwörungstheoretiker inszenieren queere Menschen als Bedrohung für die Welt

„Genderismus“: Queere Menschen werden in Verschwörungstheorien als Bedrohung inszeniert. Woher kommt die Angst vor einer jahrelang unterdrückten Gruppe?
Fast ein Drittel aller Deutschen glaubt an Verschwörungstheorien. Diese 8 Merkmale unterscheiden sie von wissenschaftlichen Theorien. Man erkennt sie zum Beispiel daran, dass sie eine „kollektivierende Logik“ nutzen, ganz nach dem Motto: „Wir gegen den Rest der Welt“. Außerdem beinhalten viele Verschwörungserzählungen ein Bedrohungsszenario. So auch die Theorien, die in der LGBTQIA+-Bewegung eine Gefahr für die Gesellschaft sehen. Ein Gendersternchen wird hier zum „Zerstörer der typisch deutschen Familie“, eine Regenbogenflagge zum Weltuntergangssymbol.
„Genderismus“: Für rechte Verschwörungstheoretiker:innen ist LGBTQIA+ eine Bedrohung
Die Bildungsstätte Anne Frank stellt die Frage: Welche Rolle hat die Vorstellung von einem „Genderismus“ in Verschwörungstheorien? Sie widmet der Frage einen Artikel und Instagrampost (siehe unten). Leider eine ziemlich große, ist die Antwort. Konservative und rechte Verschwörungstheoretiker:innen glauben nämlich an den sogenannten „Genderismus“ oder die „Gender-Ideologie“. Sie akzeptieren nicht, dass Menschen sich nicht ihrem biologischen Geschlecht zugehörig fühlen, wie zum Beispiel dieser Trans-Mann, der im Schwimmbad oben ohne schwimmt.
Außerdem glauben sie an die angebliche systematische Bevorzugung von homosexuellen, transgeschlechtlichen, transidenten und nicht-binären Personen. Diese würden die jetzige Gesellschaftsordnung umwerfen und alle heterosexuellen und heteronormativen Menschen entmachten wollen. Das ganze gleicht einer Täter-Opfer-Umkehr, schreibt die Bildungsstätte, denn so würden wichtige Gleichberechtigungsbestrebungen auf einmal zum großen Bedrohungsszenario, während die weiße, homogene und heteronormative Mehrheit als vulnerable Gruppe dargestellt wird. Hier schreiben wir darüber, dass sich Eltern keine Sorgen machen müssen, wenn queere Themen in der Schule unterrichtet werden.
Im Rahmen des „Genderismus“ stellen Verschwörungstheoretiker:innen die wissenschaftliche Disziplin „Gender Studies“ als größten Feind dar. Sie gilt bei ihnen als elitäre Gruppe, die „von oben“ den „schrecklichen „Genderismus“ vorantreibe. Wissenschaftliche Theorien funktionieren jedoch nach einer komplett anderen Logik, wie Verschwörungstheorien. In Wirklichkeit vereinen die „Gender Studies“ verschiedene Disziplinen wie Pädagogik, Soziologie, Kulturtheorie oder Biologie, um die Geschlechter und deren Wahrnehmung in der Gesellschaft wertfrei zu untersuchen.
Frauen zu unterdrücken ist der Ursprung des „Genderismus“
Doch woher kommt diese Angst vor einer Gruppe, die Jahrhundertelang unterdrückt wurde? Laut der Bildungsstätte Anne Frank ruhe die Verschwörung gegen Gleichberechtigung auf den Schultern des „Antifeminismus“. In vergangenen Jahrhunderten wurde das weibliche Geschlecht systematisch unterdrückt und zur Reproduktions-Maschine und Fürsorgerin degradiert. Die Begründung: Frauen seien aufgrund ihrer körperlichen Unterschiede nur für diese Art von Arbeit gemacht. Der „Cis-Mann“ wurde gleichzeitig allein dazu befähigt, autonom zu handeln und blieb in der Politik und Arbeitswelt deswegen lange Zeit unter sich.
“Von Natur aus”, so die Begründung in der Geschichte, sei die Frau dafür da, die Bedürfnisse des Mannes zu erfüllen, damit er ein freies Leben führen und die Gesellschaft gestalten kann. Dieses falsche Menschenbild ist nicht nur Frauen gegenüber ungerecht: Es birgt auch „toxische Männlichkeit“, die manche Männer in sogenannten „Männercamps“ ausleben. Biologisch ist die Sache jedoch nicht so einfach: die sichtbaren, biologischen Merkmale sind zwar Teil der Geschlechteridentität, aber nicht ausschließlich. Das akzeptieren rechts und konservativ eingestellte Menschen oft nicht.