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Preise für Immobilien sinken - Kauf bleibt für junge Menschen trotzdem schwer

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Von: Jana Stäbener

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Haus im Grünen mit Zitat eines Immobilienökonoms zu den sinkenden Immobilienpreisen.
Viele hoffen, dass Immobilien langfristig günstiger werden und somit auch realistischer – ein Immobilienökonom hat da seine Bedenken. © Westend61/Collage

Werden die Immobilienpreise sinken und platzt die Immobilienblase, von der alle immer reden? BuzzFeed News hat bei einem Immobilienökonomen nachgehakt.

Die Immobilienpreise gingen in diesem Quartal etwas zurück, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Mehrere Immobilienportale wie Immowelt meldeten wohl, dass die Preise von Bestandswohnungen im zweiten Quartal (April bis Juni 2022) in sieben von 14 Großstädten nicht gestiegen seien. In vier Städten (Hannover, München, Düsseldorf und Leipzig) ließen sich sogar Rückgänge beobachten – um bis zu zwei Prozent. In Frankfurt, Köln und Essen seien die Preise zumindest stabil geblieben.

Werden die Immobilienpreise sinken?

Obwohl es noch keine amtlichen Zahlen für diese Rückgänge gibt, könnte der Artikel der FAZ vielen jungen Menschen Hoffnung machen – darauf, sich vielleicht doch irgendwann eine eigene Immobilie leisten zu können, weil die Immobilienpreise sinken. Ist das utopisch?, fragen wir von BuzzFeed News Deutschland Günter Vornholz. Er ist Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum. „Utopisch ist es auf keinen Fall, es gab schließlich immer wieder Zeiten wie die Erdöl-Krisen in den 70er und 80er-Jahren, die Wiedervereinigung oder die Finanzkrise 2008, in denen Dinge im Umbruch waren und sich auch die Immobilienpreise veränderten“, erklärt Vornholz.

Momentan sind die Mieten und Immobilienpreise noch extrem hoch – Franziska Giffey forderte deswegen, dass die Miete maximal 30 Prozent vom Einkommen sein darf – aber es hagelt Kritik.

Trotzdem warnt Vornholz davor, jetzt schon die falschen Schlüsse zu ziehen. „Man muss vorsichtig damit sein, wenn man sich Quartalszahlen anschaut. Im Jahresvergleich mit 2021 ist da immer noch ein enormes Wachstum zu sehen, das sich nur langsam abflacht“, erklärt der Immobilienökonom. Eine „Abschwächung der Dynamik“, wie sie Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) gegenüber der FAZ bezeichnet – die sieht er jedenfalls auch. Hauptgrund dafür sei der Zinsanstieg, der die Immobilienmärkte geradezu „erschüttert“ – so schreibt Vornholz in seinem neuen Fachartikel, der am Dienstag, 12. Juli erscheint..

Zinsen steigen, was die Immobilienpreise sinken lässt

„Bis Ende 2021 hatten wir einen kontinuierlichen Rückgang der Zinsen und jetzt in einem halben Jahr einen enormen Anstieg“, sagt er BuzzFeed News Deutschland. Das sorge nun dafür, dass vor allem die sogenannten „Grenznachfrager“, die sich bei Zinsen von 0,8 Prozent (September 2021) noch Immobilien leisten konnten, nun wegfallen, weil die Zinsen mittlerweile bei 3,3 Prozent (Juli 2022) liegen. Schuld an dieser Zinswende, so schreibt es Vornholz in seinem Artikel, seien die hohen Inflationsraten, die die Europäische Zentralbank dazu zwingen, den Leitzins zu erhöhen.

Deshalb, sagt der Immobilienökonom zu BuzzFeed News, sei Immobilienkauf momentan und auch in den kommenden Jahren eine Rechnung mit vielen Unbekannten. „Ja, die Immobilienpreise werden sinken, aber die Zinsen werden steigen.“ Das wirke sich dann auch auf die Dauer der Rückzahlung aus. Wenn jemand mit Mitte 30 über 40 Jahre Zinsen für einen Kredit abbezahlen müsse, das funktioniere nicht. Deswegen seien die fallenden Preise in diesen vier Großstädten eben mit Vorsicht zu genießen. „Auf dem Wohnungsmarkt herrscht immer eine große Unsicherheit – es ist schwierig, durch die Glaskugel zu schauen.“

Immobilienblase?

Also sollten die, die darauf hoffen, dass eine Immobilienblase platzt, besser aufhören zu träumen? Ja, findet Vornholz. „Ich erinnere mich noch, dass ein Institut 2015 voraussagte, dass die Immobilienpreise im nächsten Jahr um 40 Prozent einbrechen würden. Was ist passiert? Sie sind seitdem jedes Jahr um zehn Prozent gestiegen. Für eine Immobilienblase braucht es auch ein gewisses Maß an Spekulation – das sehe ich bei uns in Deutschland nicht so sehr“, sagt er im Gespräch mit BuzzFeed News. [Anm. der Red.: Spekulation bedeutet in diesem Fall, dass Investoren Wohnungen nur kaufen, um sie in ein paar Jahren mit Gewinn zu verkaufen]

Natürlich könne es auch sein, dass es noch höhere Zinsen gebe, der Ukraine-Krieg nicht aufhöre, Putin gar kein Gas mehr liefere und alle negativen Faktoren eintreten, die man sich vorstellen könne. Dann könne es schon sein, dass die Preise so sehr sinken. Aber dann müssten die Menschen auch erst einmal bereit sein, zu solch niedrigen Preisen zu verkaufen – diesen Punkt würden viele gar nicht bedenken. Hier schreiben wir darüber, dass wegen der Energiekrise erster Vermieter Warmwasser abstellt – der Mieterbund ist entsetzt.

„Ich bin da eben der skeptische Pessimist“, sagt Vornholz. Es wolle sich in diesem Fall dann auch sicher auch niemand eine Immobilie kaufen und sich einen 20-jährigen Kredit ans Bein binde. „Dass die Preise jetzt leicht zurückgehen, ist das normale zyklische Verhalten. Wir sind da einfach verwöhnt, das sehe ich auch bei meinen Studenten – die kennen seit 2008 nur steigende Preise. Aber so ist der Markt eben nicht.“

VDWE rechnet weiterhin mit steigenden Immobilienpreisen

Auch der Verein Deutscher Wohnungseigentümer (VDWE) sieht die große Unsicherheit, die sowohl die Corona-Pandemie, als auch der Ukraine-Krieg ausgelöst haben. Das habe natürlich Auswirkungen auf die Entscheidung, ob sich Menschen Wohneigentum kaufen. Lothar Blaschke, der Vorsitzende des VDWE zweifelt gegenüber BuzzFeed News jedoch an, dass es Alternativen gebe. Gerade in Ballungszentren, wo die Preise am höchsten seien, gebe es nun mal die sicheren Arbeitsplätze, schnelle Anbindung oder die gute ärztliche Versorgung. „Solange die Nachfrage das Angebot übersteigt, bleibt die Entwicklung ungebrochen. Die Immobilienpreise werden weiter steigen, aber nicht mehr so stark wie in den letzten Jahren.“

Vorausgesetzt eine Rezession, die das Leben in Deutschland immer teurer macht, bliebe aus, würden auch zukünftig junge Menschen Wohnungseigentum erwerben, vermutet Blaschke. Er sieht den Zinsanstieg nicht allzu pessimistisch: „Die Unsicherheit zur Zinsentwicklung führt zur Dämpfung der Nachfrage. Aber das Zinsniveau ist im historischen Vergleich immer noch günstig, darum wird Wohneigentum auch weiterhin attraktiv und gefragt bleiben.“ Der VDWE hätte bisher keine negativen Auswirkungen feststellen können, sagt Blaschke zu BuzzFeed News. „Nicht jeder wird sich diesen Wunsch erfüllen können, aber die Tendenz, eigenen Wohnraum zu erwerben, wird sich verstärken.“

„Davon, eine Immobilie aktuell als Kapitalanlage zu nutzen, würde ich eher abraten“

Auch Günter Vornholz, der selbst übrigens Mieter ist, will Menschen nicht per se davon abbringen, Immobilien zu erwerben. Er ist jedoch der Meinung, Immobilien zu kaufen sollte eine individuelle Entscheidung sein. Man müsse sich dafür ganz genau überlegen, ob es sich angesichts der Zinsen und des Kaufpreises lohne, ob man es wirklich brauche (weil man beispielsweise eine Familie habe) oder weil der Standort gut sei. Nur eines sei momentan vielleicht keine gute Idee: „Davon, eine Immobilie aktuell als Kapitalanlage zu nutzen, würde ich eher abraten – die Rendite mit Wohnimmobilien ist mittlerweile nicht mehr sehr viel höher als der bei Bundesanleihen, die meiner nach aktuell sicherer sind.“

Pandemie, Ukraine-Krieg, Klimawandel und sogar noch Rezession: Die Ampel-Koalition muss mit vielen Dingen fertig werden. Hier fassen wir 200 Tage Ampel-Regierung zusammen – Fridays for Future sind enttäuscht, weil „Klimaziele gerissen werden“.

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