Wie viel sollte man Kindern zu Weihnachten schenken?
Brauchen Kinder an Weihnachten überhaupt Geschenke? Oder ist es besser, ihnen nur Zeit zu schenken? BuzzFeed News fragt die Ethikerin Claudia Paganini um Rat.
Bald ist es so weit und der Weihnachtsmann bringt wieder die Geschenke. Und ist es nicht der, dann sind es Weihnachtswichtel, das Christkind oder eben (realistisch betrachtet) die Eltern. Hier sammeln wir 5 Gründe, warum man Kinder an den Weihnachtsmann glauben lassen sollte und 4, warum es Quatsch ist. Aber wie steht es eigentlich um die Geschenke selbst – sind die überhaupt notwendig? BuzzFeed News DE hakt bei der Ethikerin und Theologin Claudia Paganini nach.
Sollte man an Weihnachten materielle Geschenke verschenken?
„Viele Eltern schenken gedankenlos Spielzeug oder Süßes, weil man es immer so gemacht hat und es alle so machen“, kritisiert der Entwicklungsforscher Gerald Hüther vor einigen Jahren im Gespräch mit der Deutsche Presse-Agentur (dpa). Dieser frühe Fokus auf Materielles und Konsum störe ihn.
Geht es nach ihm, so sollte man Kindern am besten gar keine materiellen Dinge schenken. Klar, nicht-materielle Geschenke sind ja auch schön – hier teilen 15 Menschen die schönsten Geschenke, die sie je bekommen haben. Es wäre gut, „Kindern etwas zu schenken, was sie nicht nur für einen Moment, sondern tief in ihrem Herzen glücklich macht“, sagte er einmal. Das könnten Zeit und gemeinsame Erfahrungen sein.

Also am besten gar keine materiellen Geschenke mehr? Die Ethikerin und Theologin Claudia Paganini betrachtet das mit Skepsis. Gutscheine (zum Beispiel für einmal Ponyreiten) könnten sich kleinere Kinder ja teilweise gar nicht vorstellen. Sie funktionierten ja nur in Kombination mit einem kleinen Stofftier oder einer Spielfigur. „Mir fehlt bei Entwicklungspsycholog:innen manchmal die wertfreie Haltung gegenüber dem Schenken. Schenken hat auch etwas Orgiastisches, Unnützes, Irrationales.“
Normalerweise kaufe man Dinge, die man brauche. „Beim Schenken ist das anders, da darf der Mensch eskalieren und unvernünftig sein und das sollte man nicht grundsätzlich schlecht reden.“ Bloß sinnlos Geschenk nach Geschenk zu kaufen, sei sicher auch keine Lösung. Aber über die Stränge zu schlagen, gehöre nun mal zum menschlichen Leben. „Man darf nicht vergessen, dass die Römer und Griechen mit Bacchus und Dionysos sogar eigenen Götter für die Ekstase hatten.“
Mir fehlt bei Entwicklungspsycholog:innen manchmal die wertfreie Haltung gegenüber dem Schenken. Schenken hat auch etwas Orgiastisches, Unnützes, Irrationales.
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„Weihnachten hatte schon immer mit Geschenken und Geld ausgeben zu tun“
Seit 2021 hat Paganini eine Professur für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie schon mehrere Bücher zum Thema Weihnachten geschrieben und beschäftigt sich im Rahmen dessen auch mit der kulturhistorischen Seite des Weihnachtsfestes und dessen religiöser Bedeutung.
„Weihnachten hatte schon immer mit Geschenken und Geld ausgeben zu tun“, sagt die Ethikerin zu BuzzFeed News DE. Deswegen sollte man aufhören, das Fest heute so „kulturpessimistisch“ als „kommerziell“ zu bezeichnen. Denn das sei es schon immer gewesen. „Es gibt sogar Theorien, dass man das Fest im dritten Jahrhundert nach Christus extra auf den 24. Dezember gelegt hat, weil man sich über das ganze Jahr verteilt Pilgerströme nach Jerusalem erhoffte.“

Es gibt sogar Theorien, dass man das Fest im dritten Jahrhundert nach Christus extra auf den 24. Dezember gelegt hat, weil man sich über das ganze Jahr verteilt Pilgerströme nach Jerusalem erhoffte.
Wie viele Geschenke an Weihnachten sind „zu viel“?
Schenken an sich hat also eine ungeahnte historische Bedeutung. Heißt das, es gibt kein „zu viel“ und „zu wenig“ bei Geschenken? Wenn die Grundbeziehung nicht vorbelastet sei, mache es keinen Unterschied, wie viele Dinge man einander schenke, sagt Paganini. „Erst sobald Geschenke da etwas ausgleichen sollen, wird es problematisch.“
Und wenn das einzelne Geschenk nicht mehr wahrgenommen werde. Dann könne man vielleicht von einem „zu viel“ sprechen. Eine große Rolle spiele hier auch die Bescherung. „Wenn jede Person immer nur ein Geschenk auf einmal auspackt, dann entwickeln Kinder manchmal eine immense Freude daran, wenn andere auspacken“, so Paganini zu BuzzFeed News DE.
„Sie lernen, wie erfüllend es sein kann, anderen eine Freude zu machen“, sagt die Ethikerin. Wenn du anderen Leuten auch gerne eine Freude machst, haben wir hier zehn Last-Minute-Geschenkideen, die du selber machen kannst.
„Kinder sollten nicht die Ideologien ihrer Eltern übernehmen müssen“
Wir fragen sie, was sie davon hält, Kindern gewisse Dinge als Geschenk nicht zu erlauben, beispielsweise dann, wenn es „pädagogisch nicht wertvoll“ ist. Paganini sieht das kritisch: „Kinder sollten nicht die Ideologien ihrer Eltern übernehmen müssen. ‚Nur, weil ich eine öko-linksgerichtete Mutter bin, dürfen meine Kinder keine Barbies haben‘, halte ich für den falschen Weg.“ Es sei wichtig, hier die eigenen Überzeugungen zurückzustellen und das Kind eigene Fehler machen zu lassen und aus ihnen zu lernen.
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Die Anzahl an Geschenken auf eine exakte Zahl zu begrenzen, findet Paganini ebenso verkehrt. „Zielführender als ein ‚Mehr als fünf Geschenke gibt es nicht!‘ ist sicherlich, Kindern die Problematik zu erklären und auch darauf zu verweisen, dass die Tante eben mehr schenkt als Mama und Papa – weil ihr das vielleicht einfach Freude macht.“
Wer schon ältere Kinder habe und mal etwas Neues ausprobieren wolle, könne natürlich auch Gutscheine probieren. Hier sei es doch mal eine gute Idee, sich als Elternteil mit den eigenen Schwächen zu beschäftigen. Ein Gutschein für ‚einmal nicht schimpfen‘ oder ‚einmal Telefonat unterbrechen‘ zum Beispiel.
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