Verdacht auf rechte Vergangenheit: Bundespolizei prüft Professor an der eigenen Hochschule

Wegen des Verdachts auf eine rechte Vergangenheit untersucht die Bundespolizei die Biografie eines Professors für Sicherheitspolitik.
Ein Ausbilder an der Bundespolizeiakademie hat eine rechte Vergangenheit. Die Bundespolizei war darüber bislang nicht informiert, trotz Sicherheitsüberprüfung durch den Verfassungsschutz. Sein Name: Stephan Maninger.
Seit 2019 ist Maninger Professor für Sicherheitspolitik an der Hochschule des Bundes, Fachbereich: Bundespolizei. Maninger gilt innerhalb der Behörde als Sicherheitsexperte und unterrichtet auch Spezialeinheiten. Doch Recherchen von Ippen Investigativ* zeigen nun:
- Maninger war einer der Gründerväter des „Instituts für Staatspolitik“, das als Denkfabrik der Neuen Rechten gilt und mittlerweile vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall geführt wird.
- Er ist auch Autor diverser rechter Publikationen und veröffentlichte jahrelang in der Zeitschrift „Junge Freiheit“ und anderen neurechten Medien. In seinen Texten warnte er vor einem „Ethnosuizid“ und forderte, man müsse „Demographie als Waffe begreifen“.
- Zuvor hatte Maninger sich in Südafrika für eine Bewegung eingesetzt, die einen Volksstaat für Weiße in dem afrikanischen Land forderte und in Teilen bereit war, diesen auch mit Gewalt zu erstreiten.
- Er sprach zudem als Redner auf einer Veranstaltung, an der auch Unterstützer aus dem NSU-Umfeld teilnahmen.
In den letzten Jahren verschwand sein Name immer mehr aus öffentlichen Quellen, Archiven und dem Internet. Heute bildet Stephan Maninger in Lübeck künftige Bundespolizisten aus, darunter auch Angehörige der Eliteeinheit GSG 9. Zudem gilt er in der Bundespolizei als Experte für Sicherheitsfragen und nahm als solcher unter anderem 2019 an einer Sicherheitskonferenz des FBI in den USA teil.
Maninger selbst antwortete nicht auf Fragen von Ippen Investigativ. Stattdessen meldete sich sein Rechtsanwalt: Ralf Höcker. Privat habe Maninger mitunter andere Ansichten gehabt als die Partei, für die er sich in Südafrika engagiert hatte. Mittlerweile sehe er - auch dank moderner Technologien - für das Land mehr Chancen auf Fortschritt und Demokratisierung als vor 30 Jahren. Aus dem Verein, der hinter dem Institut für Staatspolitik steht, sei er recht schnell wieder ausgetreten, habe aber nach 20 Jahren weder an seinen Eintritt noch seine Mitgliedschaft oder seinen Austritt noch irgendeine Erinnerung. Rassistische Konzepte teile er nicht, in seinem Unterricht würde er auch die positiven Aspekte von Migration erwähnen.
Die Bundespolizei bestätigte auf Anfrage von Ippen Investigativ, dass Maninger seit 2001 an der Fachhochschule des Bundes unterrichtet: Zunächst im Fachbereich Arbeitsverwaltung, seit 2009 an der Bundespolizeiakademie und am Fachbereich Bundespolizei, wo er 2019 zum Professor für Sicherheitspolitik berufen wurde. Heute unterrichtet Maninger zu Themen wie Migration, Sicherheitspolitik und politischem Extremismus.
2011 war durch das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Sicherheitsüberprüfung für Stephan Maninger durchgeführt worden. Offenbar wurden die Informationen zu seiner Biographie dabei entweder nicht ermittelt oder sie wurden als unproblematisch eingestuft: Die Bundespolizei schreibt auf Anfrage, sämtliche Informationen zu Maningers Vergangenheit seien dort bislang nicht bekannt gewesen.
Die Recherchen von Ippen Investigativ würden nun zum Anlass für eine eingehende Prüfung genommen, so eine Sprecherin der Bundespolizei weiter. Für Beamte gelte „die Pflicht zur politischen Neutralität, die Mäßigungspflicht (...) sowie besonders die Verpflichtung, sich durch das gesamte Verhalten zu der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Einhaltung einzutreten.“ Verstöße würden in der Bundespolizei „konsequent geahndet.“

Die Neue Rechte und ihr Weg in die Institutionen
„Die Neue Rechte, das ist der Nährboden der Rechtsextremisten in Deutschland. Das sind die geistigen Brandstifter.“ Mitte Juni in Berlin. Thomas Haldenwang, Präsident des Verfassungsschutzes, nimmt kein Blatt vor den Mund, als er den neuen Verfassungsschutzbericht vorstellt: „Die Neue Rechte gibt rechtsextremistischen Gewalttätern ihre ideologische Rechtfertigung für das, was sie tun. Die predigen von morgens bis abends, das eine große Umvolkung in Deutschland stattfindet und dass man dagegen einen Widerstand leisten muss.“
Einen Namen nannte Haldenwang auch: Das „Institut für Staatspolitik, dass sich als Denkfabrik und intellektuelles Zentrum versteht“. Seit 2020 wird das IfS und der daran angeschlossene Verlag Antaios vom Bundesverfassungsschutz nun offiziell als rechtsextremer Verdachtsfall geführt. Jahrzehnte zu spät, sagen Experten. Bereits die Gründung der rechten Denkfabrik und ihre ersten Veranstaltungen um die Jahrtausendwende waren von mehreren Verfassungsschutzbehörden in ihren Jahresberichten erwähnt worden.
Gegründet wurde das IfS seinerzeit von gerade einmal einem halben Dutzend Personen. Wer diese Personen waren, ist jenseits der prominenten rechten Vordenker Götz Kubitschek und Karlheinz Weißmann noch immer nur den wenigsten bekannt. Vor allem ein Name und seine Rolle bei der Gründungsversammlung blieb lange Jahre im Dunkeln.
Es ist der Name des Mannes, der als Versammlungsleiter im Gründungsprotokoll des IfS-Trägervereins steht. Er steht auch unter dutzenden Texten in der „Jungen Freiheit”, der wichtigsten Zeitschrift der Neuen Rechten. Doch öffentlich ist heute kaum etwas über ihn zu finden. Und auch an der Klingel seines Hauses, idyllisch umrahmt von Feldern und Wiesen in der Nähe eines Sees in Mecklenburg-Vorpommern gelegen, steht sein Name nicht, als wir zu seiner Überraschung dort klingeln – genauso wie auf der Webseite seines heutigen Arbeitgebers: Stephan Maninger ist heute Professor für Sicherheitspolitik am Fachbereich Bundespolizei der Hochschule des Bundes.

Genau genommen haben Thomas Haldenwang, der Chef des Verfassungsschutzes, und Stephan Maninger also mehr gemeinsam, als es auf den ersten Blick scheint. Beide sind Bundesbeamte. Beide arbeiten sie für eine Sicherheitsbehörde. Beide sollen sie helfen, die Bundesrepublik Deutschland, das Grundgesetz und die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen. Doch wie sie dorthin gekommen sind, da unterscheiden sich ihre Wege.
Der Lebensweg von Stephan Maninger führt durch das Südafrika der Apartheid. Er führt in die Keimzelle der Neuen Rechten rund um ihren Vordenker Götz Kubitschek – und er führt Maninger kurzzeitig sogar auf eine Veranstaltung, an der auch Personen aus dem Unterstützer-Umfeld des NSU teilnahmen, der mörderischsten Terrorgruppe des wiedervereinigten Deutschlands. Dass dieser Teil aus Maningers Vergangenheit nicht allzu viel Öffentlichkeit bekommt, dafür wurde in den vergangenen Jahren offenbar viel getan. Es wurde aufgeräumt. Im Internet. In der Öffentlichkeit.
Stephan Maninger ist ein Rechter. Das ist kein Geheimnis, und verboten ist es auch nicht. Doch seine Biographie, seine Texte, seine Thesen, all das wirft Fragen auf, vor allem, wenn man sie in Kontrast zu seiner heutigen Stellung liest. Maninger bildet künftige Bundespolizisten aus, darunter auch Mitglieder der wohl bekanntesten Spezialeinheit Deutschlands, der GSG 9. In sein Unterrichtsgebiet fallen Themenfelder wie Migration, Krieg und Frieden, auch politischer Extremismus. So zeigt es auch ein interner Lehrplan der Hochschule, der Ippen Investigativ vorliegt.
Womöglich ist Stephan Maninger damit das gelungen, was die Neue Rechte seit Jahren versucht: Einfluss auf Köpfe zu nehmen und Institutionen zu besetzen. Man strebe die intellektuelle Lufthoheit über Hörsäle und Seminarräume an – so erklärte der neurechte Vordenker Karlheinz Weißmann 2001 eines der Ziele des neugegründeten Instituts für Staatspolitik, dessen Gründungsveranstaltung Maninger geleitet hatte: „Es geht um Einfluß auf die Köpfe, und wenn die Köpfe auf den Schultern von Macht- und Mandatsträgern sitzen, umso besser.“
Maninger lässt über seinen Anwalt ausrichten, von einem solchen Ziel habe er noch nie etwas gehört und hielte es auch für falsch. Aber klar ist: Maninger hat diesen Einfluss. Auf die Ausbildung künftiger Bundespolizisten. Und damit auf die Köpfe derjenigen, denen der Staat eine Waffe gibt und das Recht, Menschen festzuhalten, einzusperren und im Notfall sogar zu töten.
Eine Vergangenheit in Südafrika
Um zu verstehen, wie Maninger die Welt wohl einmal sah, muss man weit reisen. Auf dem Zeitstrahl bis in die frühen Neunziger. Und auf einen anderen Kontinent: Nach Südafrika. Stephan Maninger ist dort aufgewachsen. In einer Zeit, in der in dem Land Apartheid herrschte und eine weiße Minderheit die politischen Zügel in der Hand hielt
In den frühen Neunzigern schwillt der Kampf gegen die Apartheid in Südafrika stetig an. In dieser Zeit tritt Maninger als Pressesprecher der „Afrikaaner Volksfront“ (AVF) in Erscheinung, einer separatistischen Koalition, die einen eigenen Volksstaat für Weiße in Südafrika fordert – für die Buren: Die Nachfahren der niederländischen, deutsch- und französischsprachigen Siedler, die seit Mitte des 17. Jahrhunderts in dem Land leben. Die diskutierten Mittel reichen damals von zivilem Ungehorsam über industrielle Sabotage bis hin zur gewalttätigen Abspaltung. „Wir beanspruchen nicht mehr als 17 Prozent des Landes. Den Rest überlassen wir gern den anderen”, zitiert ihn der SPIEGEL Anfang 1994 – und beschreibt ihn als „Der schneidige Blonde mit der Pistole am Gürtel”. Maninger selbst legt heute Wert auf die Feststellung, dass er 1994 nicht blond, sondern brünett gewesen sei.
Im April 1994 gewinnt Nelson Mandela die erste demokratische Wahl Südafrikas. Die verschiedenen ethnischen Gruppen des Landes will er als „Regenbogennation“ vereinen. Einen weißen Volksstaat auf dem Gebiet Südafrikas gibt es immer noch nicht. Aber verschwunden ist die Idee nicht. 1998 legt Maninger in Johannesburg seine Doktorarbeit vor: In einem Fach namens „Entwicklungsstudien“ an der Rand Afrikaans University, die es heute nicht mehr gibt. Sein Thema: Wie durch einen „Volksstaat“ ethnische Konflikte reguliert werden können.
Dutzende Texte in rechten Medien
Ungefähr zu dieser Zeit beginnt Maninger auch, für die „Junge Freiheit“ zu schreiben. Das Blatt gilt – je nachdem, wen man fragt – als das Sprachrohr der Rechtskonservativen, Deutschnationalen, Reaktionären, Neuen Rechten und auch alten Rechten.
Die Junge Freiheit ist nicht verboten: Behörden, Land wie Bund, sagen, dass die Zeitschrift selbst nicht extremistisch ist, jedoch mitunter Texte von Rechtsextremisten veröffentlicht. Zugleich wird das Blatt seit Jahrzehnten in Verfassungsschutzberichten erwähnt. Der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen sieht 1994 „tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen“. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erwähnt die Zeitschrift erstmals 1995 in seinem Bericht, Baden-Württemberg 1997 und erklärt sie 2000 zum Beobachtungsobjekt, ebenso der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen. Die Junge Freiheit klagt dagegen, gewinnt 2005 nach langem Rechtsstreit in letzter Instanz auch und schließt einen Vergleich mit den Verfassungsschutzämtern.
Anfangs schreibt Maninger dort meist über Südafrika, Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent, die Buren. Doch schon bald werden seine Texte politischer – und expliziter.
- In einem Text über die Zunahme der Erdbevölkerung und Ressourcenknappheit schreibt er 1996: „In einer Überflussgesellschaft, wie sie etwa in Deutschland besteht, ist man kaum noch in der Lage und willig, sich nüchtern mit der „Logik der Gewalt“ auseinanderzusetzen. Wer dies dennoch tut, muß damit rechnen, mit der “Faschismuskeule” traktiert zu werden.“
- Als in Südafrika Schulen nur für Weiße aufgelöst werden, kann man von Maninger von „Spannungen zwischen den Rassen in Südafrika“ lesen und von „Furcht vor „afrikanischen Verhältnissen“ auch im Bildungssystem, die durch das Bestreben zur zwangsweisen Zusammenfassung von einst ethnisch getrennten Schulen rapide wächst (...).” Er schreibt von „Mischlingen“, von der „der rassischen Diskriminierung weißer Fachkräfte“ und 1997 von einem seiner scheinbaren Dauerthemen: dem, wie Maninger es nennt, „Zeitalter der ethnischen Konflikte“ – womit sich nach seiner Überzeugung Wissenschaftler im deutschen Sprachraum angeblich deswegen nur ungenügend beschäftigen, weil die „mit der Vergangenheit verbundenen Hemmungen noch immer einer offenen Debatte im Wege“ stünden.
- Maninger jedenfalls scheint derlei Hemmungen nicht zu haben: Er schreibt, es sei ein „Mißverständnis (...), daß zunehmende Kontakte zwischen ethnisch-kulturellen Gruppen automatisch zu besserem Verständnis der jeweils anderen Kultur führen, etwa dadurch, daß Menschen entdecken, wieviel Eigenschaften ihnen doch gemeinsam sind.“ Vielmehr sei es, schreibt er, lange unbemerkt geblieben, „daß eine Zunahme von künstlich hergestellten Kontakten Menschen auch zeigte, wie stark sie sich voneinander unterscheiden“.
- Und er findet, das „Herdentier Mensch“ müsse sich entscheiden: „zwischen Ethnosuizid oder einem Bekenntnis zu gemeinschaftlichen Werten wie Ehrlichkeit, Fleiß oder Pflicht. Wieder zu sagen: “Wir sind ein Volk”, heißt auch Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe – mit dem Schwerpunkt beim Nächsten und erst danach beim Fremden.“
Maninger lässt durch seinen Anwalt ausrichten, er lege Wert auf die Feststellung, dass Ethnie und Rasse nicht dasselbe seien. Es sei „demagogisch, Texte aus den 90er Jahren mit politisch korrekter Sprachkritik der Jetztzeit skandalisieren zu wollen.“ Sowohl der Begriff der Rasse als auch der des Mischlings seien „damals noch völlig üblich“ gewesen. „Mischlinge“ hätten damals auch zahlreiche andere Medien geschrieben, Rasse stünde zudem bis heute im Grundgesetz. Beides trifft zu, gleichwohl zeigen die Texte von Maninger, dass er auch damals schon sehr genau unterschied, wann er von „Rassen“ oder „rassischen Konflikten“ schrieb und wann von „Ethnien“ und „ethnischen Konflikten“.
- Sieben Ausgaben später – die Redaktion entscheidet sich für die Überschrift „Der Tod ist ein Meister aus Afrika“ – schreibt Maninger in der Jungen Freiheit über die Folgen aufkeimender Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent: obwohl „die in Europa vorhandenen Schuldgefühle“ für „beachtliche Spendenaufkommen“ sorgten, sei inzwischen „die Berichterstattung westlicher Medien über den „Dunklen Kontinent” deutlich stärker geprägt von Bildern brutaler Gewalt als durch solche hungernder Menschen“, Mittlerweile, so Maninger, reagierten auch Urlauber oder Mitglieder von Hilfsorganisationen „nur mit hilflosem Kopfschütteln, wenn sie hören, daß die „liebevollen Naturmenschen”, mit denen meist schon so manches geteilt wurde, spontan (und teils sichtlich mit Begeisterung) einstige Nachbarn niedermetzeln“.
- Der Krieg, so Maninger weiter, scheine in Afrika „eine populäre Teilzeitbeschäftigung zu sein“, doch wie viele Tote es auch gebe: Afrikas Bevölkerung wachse „dank internationaler Hilfe noch immer um rund 3 Prozent jährlich“ und würde immer mobiler: „Vielleicht müssen künftige Generationen nicht mehr den weiten Weg nach Afrika zurücklegen, um Abenteuer zu erleben, denn es scheint, als wäre der “Dunkle Kontinent” mit all seinen Abenteuern schon auf dem Weg zu uns.“
Durch seinen Anwalt lässt er übermitteln, Maninger gebe hier gar nicht seine eigene Sicht wider, sondern die von Beobachtern, bringe mit seinem Text auch Anteilnahme zum Ausdruck, und was den letzten Satz betrifft: „Auch hier ist meine Prognose wahr geworden. Die Sorge, kriminelle Gruppen könnten sich die gegenwärtigen Migrationsbewegungen zunutze machen, wird auch von den deutschen Sicherheitsbehörden geteilt.“
„Demographie als Waffe begreifen“
Schreibt Maninger in den Jahren 1996 und 1997 noch rund ein Dutzend Texte pro Jahr in der Jungen Freiheit, wird es danach merklich ruhiger um ihn. Was Maninger in dieser Zeit tut, ist schwer zu rekonstruieren. Offenbar siedelt er irgendwann in den späten Neunzigern nach Deutschland über. Er spricht auf dem Jahrestreffen der völkisch-nationalistischen „Deutschen Gildenschaft“ 1998 – über „ethnische Konflikte entlang der Entwicklungsperipherie“.
- 1999 schreibt Maninger im rechtskonservativen Ostpreußenblatt – über eine angebliche „“Endsieg”-Mentalität einer deutschen Linken, die mit einem mehr oder weniger großen Maß an Fanatismus dem utopischen Ideal einer multikulturellen Gesellschaft nachstrebt“.
Durch seinen Rechtsanwalt Ralf Höcker lässt er dazu ausrichten: „Wer den totalen Siegeswillen von Nazis und Linken mit dem gleichen Begriff bezeichnet, setzt nicht Nazis und Linke, ihre Ziele oder ihre Vorgehensweisen gleich, sondern beschreibt lediglich den Umstand, dass beide einen totalen Siegeswillen haben.“
Im gleichen Jahr veröffentlicht Maninger in einer Schriftenreihe der Hochschule der Bundeswehr einen Aufsatz, in dem es eigentlich um den Kosovo-Konflikt gehen soll, doch Maninger schreibt viel mehr darin:
- Maninger prophezeit dort, die „innenstaatlichen und ‚städtischen‘ Grenzen der Zukunft werden dort zu sehen sein, wo Rastafarben- oder Halbmond-Symbole die Straßen- und Ordnungsschilder übermalen“, wo „Islamisierung und Afrikanisierung für die offiziellen Staatsstrukturen ‚no go areas‘ schafft und langfristig auch die Legitimität der zentralen Regierung in Frage” stellt – Maninger Fazit: „Die ‚Problemkinder‘ eines multikulturellen Deutschlands heißen am Anfang des nächsten Jahrtausends ‚Mehmet‘ und ‚Kaplan‘.“
Mit dem Ausschnitt konfrontiert schreibt Maningers Anwalt, sein Mandant fühle sich heute in seiner Prognose von damals bestätigt: „Religiöse Fundamentalisten und OK-Akteure „nutzen“ entwurzelte Kinder und Jugendliche, um neues Personal für ihre terroristischen oder kriminellen Aktivitäten zu rekrutieren.“ Zudem zähle das französische Innenministeriums 150 Territorien als „verlorene Gebiete“, die „in der Hand von Islamisten“ lägen.
Im Jahr 2000 lässt Maninger sich von Götz Kubitschek in der „Jungen Freiheit“ interviewen. Unter dem Titel „Demographie als Waffe begreifen“ spricht Maninger von einer „Ethnisierung der Großstädte“ und fordert ein Umdenken in Europa:
- Es sei „dringend an der Zeit, daß die westliche Welt die Demographie als Waffe begreift“. Schließlich würden „Untersuchungen zeigen, dass bestimmte ethnische Gruppen auch unter westlichem Lebensstandard nicht auf Kinderreichtum verzichten. Gefährlich wird das, wenn solche Gruppen kulturell nicht kompatibel sind“. Dieser Vorgang laufe nicht gesteuert ab, das sei keine Verschwörungstheorie sondern ethnologische Erkenntnis, aber man könne „von einer mehr oder weniger bewussten Brückenkopf-Mentalität sprechen.“
Maninger verabscheue Demographie als Waffe, so sein Anwalt auf Anfrage, aber sie sei eine Realitität, die man beschreiben und nicht ignorieren dürfe.
Ein drohender Ethnosuizid, Krieg als angeblich „populäre Freizeitbeschäftigung“ in Afrika, angebliche Afrikanisierung, Islamisierung und Ethnisierung europäischer Städte, Endsieg-Mentalitäten bei Linken – man kann all das so sehen, als Privatmensch erst Recht, aber für einen Professor an einer Hochschule des Bundes, zuständig für die Ausbildung von Polizisten, da werfen Maningers Texte und sein früheres politisches Engagement zumindest Fragen auf.
Sie tun das unter anderem auch deswegen, weil Maninger in einem Beitrag im Jahr 2000 über die Wehrpflicht schreibt:
- „Eine Wehrpflichtarmee ist und bleibt aus einer Vielzahl von Gründen wünschenswert, sie ist unter den gegebenen Umständen jedoch utopisch“.
- Der Grund, laut Maninger: Künftig sei eine Berufsarmee besser geeignet, neuen Herausforderungen zu begegnen. Zu denen, so Maninger, gehöre dann auch das Lösen ethnischer Konflikte – und zwar auch im Inland.
- Dafür aber bringe „der durchschnittliche „Bürger in Uniform” kaum die richtigen Voraussetzungen, man kann dies im Umfeld einer Überflußgesellschaft auch kaum anders erwarten. Angesichts der zukünftigen In- und Auslandseinsätze der Bundeswehr in ethnischen Konfliktszenarien wird der professionell und hervorragend ausgebildete Soldat gefragt sein.“ Die künftigen Herausforderungen lägen, so Maninger, in „verschwommenen “Frontlinien” in multiethnischen Städten“.
Das Grundgesetz sieht solche Inlandseinsätze des Militärs nicht vor. Für Einsätze im Inneren gibt es die Polizei. Für Konflikte und Kriege im Ausland die Bundeswehr. Doch was deren taktischen Fähigkeiten zur Lösung künftiger Konflikte anbelangt, zeigte sich Maninger wenig optimistisch.
- In seinem Kosovo-Aufsatz 1999 schreibt er, es sei wichtig, die Armeen des Gegners „vernichtend zu schlagen, dessen Land zu besetzen, damit der Ausgang des Konflikts nicht im nachhinein in Frage gestellt werden kann durch Propagandamittel.“ Insofern sei es „die „deutsche Lösung” des Besetzens und Umerziehens, wodurch optimale Erfolge erzielt werden können und ehemalige Gegner auch dauerhaft befriedet werden.“
Unter „deutscher Lösung” will Maninger die Demokratisierung Deutschlands nach 1945 verstanden wissen, so sein Anwalt. Ob die Bundeswehr dazu überhaupt noch imstande sei, daran hat Maninger seinem Aufsatz zufolge Zweifel: Viel zu wenig Disziplin, viel zu viel Beschäftigung mit politischen und sozialen Fragen, wie er findet:
- Maninger nennt solche Themen „Nebenkriegsschauplätze um Fragen der Einsatzfähigkeit von Frauen in Kampfeinheiten oder die geschlechtliche Neigungen der Soldaten“ oder „Versuche der westlichen Armeen, dem politischen Auftrag gerecht zu werden und physiologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen mittels sozialem Experimentieren zu überbrücken.“
Im September 2001 unterzeichnet Maninger einen „Appell an die Bundeswehr”, der sich gegen die Entlassung Götz Kubitscheks wegen rechtsextremistischer Bestrebungen richtet. Maninger wird dort als „Dozent“ angegeben. In diesem Monat beginnt auch seine Lehrtätigkeit an der Hochschule des Bundes, damals noch im Fachbereich Arbeitsverwaltung.
Maningers Ausführungen werden auch später noch unter Anhängern der Neuen Rechten rezipiert. Auf dem Weblog „Sezession im Netz“ des Instituts für Staatspolitik bittet ein Leser darum, der IfS-Kopf Götz Kubitschek möge doch bitte einen der schärfsten Texte Maningers neu verlegen. Eine der am stärksten öffentlich diskutierten Publikation des IfS, in der ausgeführt wurde, was alles gegen einen Einsatz von Frauen in der Bundeswehr spreche, beruht in entscheidenden Teilen auf einem englischsprachigen Aufsatz Maningers. Auf Anfrage räumt Maninger ein, Zuarbeiten zu Arbeitsgruppen des IfS geleistet zu haben, doch sei das lange vor der Beobachtung des Instituts durch den Verfassungsschutz geschehen.

Verschwundene Spuren
Öffentlich findet man all das nur noch, wenn man aufwendig danach sucht, und auch dann manches nur noch in alten Zeitungsbänden und Bibliotheken. Seinen Wikipedia-Artikel wollte Maninger löschen lassen. Wer seinen Namen im Online-Archiv der Jungen Freiheit sucht, bekommt keinen seiner Texte angezeigt. Weder seine Ideen über das „Zeitalter der ethnischen Konflikte“, noch noch seine Warnungen vor einem „Ethnosuizid“.
Maningers Name taucht aber noch an ganz anderer Stelle auf. Nicht, weil gegen ihn ermittelt wurde, er sich etwas hat zu Schulden kommen lassen oder ähnliches. Bevor Ippen Investigativ ihn damit konfrontierte, wusste Maninger nach Auskunft seines Anwalts noch nicht einmal, dass sein Name hier steht.
Stephan Maningers Name findet sich in den NSU-Ermittlungsakten. Auf einer Notiz, die vermutlich ein Mitarbeiter des Thüringer Verfassungsschutzes am 28. September 1998 nach einem Gespräch mit einem V-Mann anlegte. Das Dokument ist als „Verschlusssache“ eingestuft und trägt einen Stempel, der auf „Quellenschutz“ hinweist.
Wusste Maninger, mit wem er sich da einließ?
Es geht dabei um eine Veranstaltung namens „Südafrika-Seminar“, die jährlich von einem Verein namens „Hilfskomitee Südliches Afrika” (HSA) veranstaltet wird und an der mehrere Personen aus den engsten Umfeld des NSU teilnahmen: darunter prominente Namen wie Ralf Wohlleben, André Kapke und Tino Brandt. Der ausrichtende Verein will deutschen Einfluss in ehemaligen Kolonien in Afrika aufrecht erhalten. Über das jährlich stattfindende „Südafrika-Seminar“ schreibt der Vereinsvorsitzende, den Referenten gemein sei „die Nichtbeachtung von Denkverboten, die unter dem Deckmantel der ,political correctness’ mittlerweile Eingang in viele Arbeits- und Lebensbereiche gefunden haben“, und die „den Boden für ,Multikulturalismus’ und ,Globalisierung’, den Instrumenten zur Errichtung der ,Neuen Weltordnung’“ bereite.

Die Redner, die dort 1998 neben Maninger auftreten, kann man als extrem rechts oder gesichert rechtsextrem bezeichnen. Peter Dehoust ist darunter, einer der wichtigsten Publizisten der rechtsextremen Szene, über Jahrzehnte in der NPD aktiv, Chefredakteur des rechtsextremen Mediums „Nation & Europa“ und Gründer des Vereins. Auf 166 Seiten erwähnen ihn Verfassungsschutzbehörden seit 1970 in ihren Jahresberichten. Claus Nordbruch, einer der bekanntesten rechten Publizisten, Autor zahlreicher Bücher mit rechtsextremen Inhalten, der den Völkermord an den Herero leugnete und im Zusammenhang mit dem Holocaust von einem Schuldkult sprach. Seit 1998 wird sein Name auf 47 Seiten in Verfassungsschutzberichten erwähnt. Ein dritter Dozent leitete Wehrsportübungen für Rechtsextreme und war in der verbotenen „Wiking Jugend“ aktiv.
Und in dieser Reihe steht der Name Stephan Maninger. Wusste er, mit wem er sich da einließ, in wessen Gesellschaft er da auftrat? Maninger bestreitet das. Uns lässt er ausrichten, er habe sich unmittelbar nach dem Seminar bei den Veranstaltern mit einem Schreiben vom Verhalten eines Großteils des Publikums distanziert, den Veranstaltern eine „schleierhafte Neigung zu extremistischen Gruppierungen“ vorgeworfen und ihnen mitgeteilt, er stünde „dem Hilfskomitee zukünftig in keiner Weise zur Verfügung“. Ippen Investigativ wurde das Schreiben auf Anfrage nicht vorgelegt, nur kurze Ausschnitte daraus: Wann es versendet wurde und was sonst noch darin steht, konnte die Redaktion nicht prüfen.
Für die extreme Rechte war Südafrika nicht irgendein Ort
Fest steht jedenfalls: Für die extreme Rechte war Südafrika in den Neunzigern nicht irgendein Ort. Sie bejubelte das rassistische System der Apartheid in Südafrika. Mit der zunehmenden Forderung nach Demokratisierung und der Aufhebung der Rassentrennung wuchs zugleich auch die Unterstützung aus rechten Kreisen in Deutschland. Mitte der Neunziger – in den Jahren, in denen Stephan Maninger mit der „Afrikaaner Volksfront“ für einen weißen Burenstaat in Afrika eintritt – reisten deutsche Rechtsextreme, unter anderem aus dem Umfeld von Blood & Honour, nach Südafrika und beteiligten sich an bewaffneten Auseinandersetzungen mit Schwarzen Südafrikanern.
In den Jahren darauf wurde Südafrika für die extreme Rechte in Deutschland noch wichtiger, vor allem um 1998 herum: Dem Jahr, an dem Maninger auf dem Südafrika-Seminar sprach. „Dieses Seminar könnte die Keimzelle der Idee gewesen sein“, sagt Christian Fuchs, Journalist und Autor des Buchs „Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland“. Was Fuchs damit meint, ist die Idee des NSU als Terrorgruppe in Deutschland, die letztlich 10 Morde sowie dutzende Mordversuche, Sprengstoffanschläge und Raubüberfälle verüben würde. Nachdem der NSU untergetaucht war, hatten Unterstützer im Hintergrund zunächst ausgelotet, ob man das Trio in Südafrika verstecken könne. Dazu aber kam es letztlich nicht. Der NSU blieb in Deutschland – und mordete.
Bis heute ist unklar, wer alles zum NSU-Unterstützerumfeld gehörte. Maninger hat vor Menschen gesprochen, die dazugehörten. Vor Mitgliedern des Thüringer Heimatschutzes. Und mit ihm traten bekannte Rechtsextremisten als Referenten auf. Einen dieser weiteren Referenten hatten zwei Mitglieder des „Thüringer Heimatschutzes“ erst kurz vor dem Seminar in Südafrika besucht. Ob es bei diesem Besuch darum ging, ein Versteck für das NSU-Trio in Südafrika zu finden, darum ging es im NSU-Prozess an mehreren Verhandlungstagen.
Maninger bestreitet vehement, von all dem auch nur das Mindeste gewusst zu haben. Er habe weder die anwesenden Personen aus dem NSU-Umfeld gekannt, noch etwas von deren Gesprächen mitbekommen, oder von Plänen, den NSU in Südafrika zu verstecken. Die Sache ist ihm so wichtig, dass sein Anwalt Ippen Investigativ sogar untersagen will, „auch nur zu erwähnen“, das Stephan Maninger wegen seines Auftritts in einem als „Verschlusssache“ eingestuften Vermerk landete, der sich heute in den NSU-Akten findet.
Nachdem sich der NSU selbst enttarnt hatte, werden die alten Verfassungsschutzunterlagen zum „Thüringer Heimatschutz“ nochmal gesichtet. Darunter auch die Akte zum Operativvorgang „Drilling“, mit dem das untergetauchte Trio aufgespürt werden sollte, und mit dieser Akte auch ebenjener Vermerk. Zu diesem Zeitpunkt lehrt er bereits seit zehn Jahren als Dozent an der Hochschule des Bundes.
2011 führt das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Sicherheitsüberprüfung von Stephan Maninger durch. Über die Stationen und Texte aus seiner Vergangenheit erfahren die Sicherheitsbehörden dabei entweder nichts, oder aber: Sie bewerten sie als unproblematisch. 2019 wird Maninger durch das Bundesinnenministerium zum Professor am Fachbereich Bundespolizei der Fachhochschule des Bundes berufen.
Stephan Maninger an der Hochschule der Bundespolizei
Möglich, dass Maninger all diese Dinge aus seinem früheren Leben mittlerweile anders oder sogar kritisch sieht. Er selbst wollte mit Ippen Investigativ nicht darüber sprechen. Fragen beantwortete nur sein Anwalt Ralf Höcker. Aus einem längeren Gespräch, das zwei Reporter mit ihm führen konnten, nachdem wir seine Privatadresse ausfindig gemacht und ihn dort besucht hatten, will er nichts veröffentlicht sehen. Beide Reporter aber hatten nach dem Überraschungsbesuch den Eindruck, Maninger habe seine Positionen nicht wirklich geändert. Und diesen Eindruck teilen auch manche an seiner heutigen Tätigkeitsstätte.
Die entscheidende Frage ist vielleicht auch weniger, wie Stephan Maninger die Dinge heute sieht. Oder was eine Sicherheitsüberprüfung des Bundes taugt, wenn Maningers Engagement in Südafrika, seine Texte und Thesen in rechten Medien und seine Rolle als Mitgründer des IfS der Bundespolizei erst durch Presseanfragen bekannt werden. Oder warum Maninger all das gegenüber der Bundespolizei bislang geheim gehalten hat. Die entscheidende Frage ist vielleicht, ob Maningers zumindest früher vertretene Positionen Einfluss auf seinen Unterricht heute haben, auf die Art, wie er Bundespolizisten und Angehörige von Spezialeinheiten ausbildet, welches Weltbild, welche Denkmuster er ihnen vermittelt – oder ob das nicht der Fall ist.
Das herauszufinden ist nicht ganz leicht. Er selbst will nicht reden. Wissenschaftliche Publikationen von Maninger gibt es wenige, in jüngerer Zeit veröffentlicht er vor allem kleinere Artikel in einer österreichischen Militärzeitschrift. Die Hochschule ohne Termin zu betreten: Unmöglich. Ippen Investigativ hat sich bei aktuellen und ehemaligen Lehrenden und Studierenden an der Hochschule umgehört. Das Bild, das sich dabei herauskristallisierte, ist nicht wirklich geeignet, die Fragezeichen aufzulösen, die sich aus Maningers Biographie ergeben.
Von anderen Dozenten an der Hochschule kann man hören, Maninger benehme sich, als sei er im Krieg. Um ihn und seinen Fachbereich würde oft große Geheimniskrämerei gemacht. Die Hochschule der Bundespolizei hat auf ihrer Webseite stehen, wer dort unterrichtet – Maninger steht nicht dort. Fast alle Lehrenden sind in einem internen Organigramm mit Foto abgebildet – Maninger ist es nicht. In Maningers Unterricht, so hört man, soll es viel häufiger als anderswo vorkommen, dass Lehrinhalte nicht ausgeteilt oder fotografiert werden dürften.
Maninger lässt all das durch seinen Anwalt bestreiten. Unterrichtsmaterialien würden sehr wohl ausgeteilt. Jeder Dozent könne frei entscheiden, ob er auf der Webseite der Hochschule erscheinen oder Fotos im Internet veröffentlichen wolle.
Und dann gibt es auch noch andere Vorwürfe. Solche, die es fraglich erscheinen lassen, wie neutral Maninger seinen Unterricht gestaltet. Migration, Globalisierung, ethnische Fragen: bei Maninger stünde bei diesem Themen vor allem Bedrohung und Gefahren im Vordergrund. Als im Unterricht einmal um die gleichgeschlechtliche Ehe ging soll Maninger sinngemäß gesagt haben, in Deutschland verstünde man unter Ehe den Bund zwischen Mann und Frau – vielleicht könne man jetzt ja auch bald sein Hausschwein heiraten.
Auch das bestreitet Maninger. Durch seinen Anwalt lässt er ausrichten: „So etwas erzähle ich in meinen Vorlesungen nicht. Ich erwähne die positiven Aspekte von Migration z.B. in Form der Kontakttheorie und der Konvergenztheorie, bezeichne fremde Kulturkreise wie auch in meinen Publikationen sehr wohl als integrierbar und -willig und lege keinen Fokus auf vermeintlich höhere Fortpflanzungsraten. Ich unterstütze die Ehe für alle, habe niemals Menschen mit Schweinen verglichen und würde dies auch niemals tun.“
Experte fällt eindeutiges Urteil
Wie also sind all diese Informationen und Fundstellen zu bewerten? Hajo Funke, Politikwissenschaftler am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin, forscht seit Jahrzehnten zu Rechtsextremismus und der „Neuen Rechten“. Ippen Investigativ hat ihm die gefundenen Texte und Zitate von Stephan Maninger vorgelegt.
Sein Urteil: „Offenkundig trat der Genannte über lange Zeiträume für einen ethnisch homogenen Staat ein, der angesichts der von ihm beschworenen ethnisch religiösen Konflikte und einem für Deutschland beschworenen Volksschwund die einzige Rettung vor der Gefahr der Selbstauflösung, ja des Untergangs, nämlich eines Ethnosuizids (Maninger) wäre.“
Dies stünde, so Funke weiter, „in der Tradition der extremen neuen rassistischen – oder wie die neuen Rechten sie nennen: ethnopluralistischen – Ideologien. Die Propagierung eines ethnisch homogenen Staates widerspricht den Grundsätzen der freiheitlich-demokratischen Ordnung, dem Prinzip der Menschenwürde, dem Prinzip der Demokratie und dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit.“
Und noch einen weiteren Punkt findet der Extremismus-Experte bedenklich: Den, „dass Maninger aus seiner Analyse der Gefahr eines „Ethnosuizids” militärpolitische Konsequenzen zog, nämlich mit seiner Forderung der Etablierung eines Armee aus Berufssoldaten, die gewiss in internationalen, aber auch in internen Konflikten (man denke da an einen Bürgerkrieg) waffentechnisch und ideologisch einsatzfähig wäre.“

Bewaffnete Personenkontrolle – durch den Pressesprecher
Rund 50 Minuten Autofahrt sind es vom idyllisch gelegenen Wohnhaus von Stephan Maninger zur Hochschule der Bundespolizei in Lübeck. Auf der anderen Straßenseite ist ein Supermarkt und ein Bäcker mit Freisitz. Man muss sich nur nach Vorlesungsende an die Fußgänger-Ampel stellen, die beides trennt, und schon trifft man alle paar Minuten Gruppen von Studierenden, die von Maninger unterrichtet werden. An einem sonnigen Tag im Juni tun wir genau das.
Wir wollen hören, was die Studierenden so von Professor Maninger halten, wie der Unterricht ist, wie er auftritt. Nach einer Viertelstunde kommen ein bewaffneter Beamter in Uniform und eine Frau in Zivil, die sich nicht vorstellen möchte, schnellen Schrittes auf unsere Reporter zu, verlangen Personalausweise, Presseausweise, wollen wissen, was wir da tun. Lediglich unsere Arbeit, entgegnen wir. Worum es denn da gehe? Müssten wir nicht sagen, so die Antwort, außerdem handele es sich ja um öffentlichen Grund und Boden. Die Antwort des uniformierten Beamten: Das sei zwar richtig, aber wirke alles doch „irgendwie merkwürdig“. Die Ausweise werden kontrolliert, die Personalien werden notiert.
Erst ganz am Ende der Personenkontrolle stellt sich der Beamte vor: Als Pressesprecher der Hochschule. Im Leitbild der Bundespolizei steht: „Wir gewährleisten Transparenz durch offene Kommunikation.“
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