Vor Kanzler-Besuch in Peking: China wirft Scholz „Verleumdung“ vor
Olaf Scholz solle sich nicht in „innere Angelegenheiten“ einmischen, und Annalena Baerbock habe „versagt“: Aus China kommen scharfe Worte in Richtung Deutschland.
München/Peking – Am Freitag wird Olaf Scholz zu Gesprächen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in Peking erwartet. Im Vorfeld der Reise gibt es in Deutschland massive Kritik von Menschenrechtlern und Oppositionspolitikern, vor allem am Timing des Kanzlers. Denn Scholz wird der erste westliche Politiker in Peking sein, nachdem sich Xi auf dem Parteitag von Chinas Kommunisten in einem historischen Schritt eine fast grenzenlose Machtfülle gesichert hat.
Chinas Staatspropaganda schlachtet die Scholz-Visite seit Tagen aus und beschwört die Stärke der deutsch-chinesischen Beziehungen. Wenn es um das Thema Menschenrechte geht, hat aber auch Chinas demonstrative Freundlichkeit Grenzen. So kritisierte ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums am Donnerstag, dass Scholz in Peking unter anderem die Lage in Xinjiang ansprechen wolle. China hält in der Provinz Menschenrechtlern zufolge Hunderttausend Uiguren und Angehörige anderer ethnischer Minderheiten in Umerziehungslagern gefangen. China spricht hingegen von Ausbildungszentren, die freiwillig besucht würden.
Olaf Scholz in China: Peking freut sich auf den Besuch – und übt gleichzeitig scharfe Kritik
„In die inneren Angelegenheiten Chinas dürfen sich keine äußeren Kräfte einmischen“, sagte Außenamtssprecher Zhao Lijian in Peking. Die chinesische Regierung sei zwar bereit, „auf der Grundlage von Gleichheit und gegenseitigem Respekt“ einen Menschenrechtsdialog zu führen. „China lehnt jedoch jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas und jede Verleumdung Chinas unter dem Deckmantel der Erörterung von Menschenrechtsfragen ab“, so Zhao. Mögliche Gespräche mit Scholz über die Taiwan-Frage wies Zhao ebenfalls mit Hinweis auf „innere Angelegenheiten“ zurück. China betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als abtrünnige Provinz und strebt die „Wiedervereinigung“ mit der Insel notfalls auch mit Gewalt an.

Gleichzeitig erklärte Zhao, China freue sich auf den Kanzler-Besuch. Unter Verweis auf die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und China vor 50 Jahren sagte Zhao, „ein halbes Jahrhundert des Austauschs und der Zusammenarbeit hat bewiesen, dass es zwischen den beiden Ländern mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede und mehr Kooperation als Konkurrenz gibt“.
Chinas Staatsmedien hatten in den vergangenen Tagen wiederholt über den Scholz-Besuch berichtet. Dabei gerieten vor allem die deutschen Kritiker des Kanzlers ins Visier von Pekings Propagandamaschinerie. So zitierte die nationalistische Global Times den Forscher Jiang Feng von der Universität für internationale Studien in Shanghai mit den Worten, „einige junge Politiker, die noch nie in China waren und eine Voreingenommenheit gegenüber China haben, heucheln Differenzen mit China, vor allem in Bezug auf Werte, um mehr Anhänger im eigenen Land zu gewinnen“. Jiang sagte weiter, Außenministerin Annalena Baerbock habe „in ihrem Amt als deutsche Außenministerin versagt, weil sie dem Land in der Außenpolitik mehr Ärger als Nutzen gebracht“ habe. In Chinas Staatsmedien werden in der Regel nur Wissenschaftler zitiert, die die Parteilinie wiedergeben.
China-Besuch des Kanzlers: Baerbock erinnert Scholz an den Koalitionsvertrag
Baerbock hatte sich zuletzt immer wieder kritisch über Chinas dominantes Auftreten in der Weltpolitik geäußert. So forderte die Grünen-Politikerin vergeblich, dass sich Chinas Staatskonzern Cosco nicht an einem Terminal des Hamburger Hafens beteiligen solle, damit sich Deutschland nicht weiter in die Abhängigkeit von Peking begebe. Bei einem Staatsbesuch in Usbekistan mahnte Baerbock am Dienstag zudem eine neue China-Politik an und erinnerte Scholz demonstrativ an den Koalitionsvertrag. Dort stehe, dass China Partner und Wettbewerber sei, aber auch „in zunehmendem Maße systemischer Rivale“.
Olaf Scholz wird am Freitag mit Xi Jinping und dem scheidenden Premierminister Li Keqiang sprechen. Aufgrund der strikten Corona-Politik der chinesischen Regierung wird Scholz das Land nach den Gesprächen wieder verlassen und nicht in China übernachten. In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte Scholz seine Peking-Reise am Mittwoch gegen Kritik verteidigt. Weil ein Besuch in China aufgrund der Corona-Pandemie lange Zeit nicht möglich gewesen war, sei „das direkte Gespräch“ nun umso wichtiger. Gleichzeitig kündigte Scholz eine neue Politik gegenüber Peking an: „Wenn sich China verändert, muss sich auch unser Umgang mit China verändern.“