„Lautstarke“ Reaktion aus China erwartet: Deutsche Ministerin plant ersten Taiwan-Besuch seit 26 Jahren
Zum ersten Mal seit 1997 könnte demnächst eine deutsche Ministerin Taiwan besuchen. Die Regierung in China dürfte erzürnt reagieren.
München/Berlin/Taipeh – Es wäre der erste Besuch einer deutschen Ministerin seit mehr als einem Vierteljahrhundert: Wie der Tagesspiegel berichtet, will Bundesbildungs- und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) im Frühjahr kommenden Jahres nach Taiwan reisen. Das sagte der Bundestagsabgeordnete Peter Heidt (ebenfalls FDP) am Montagabend bei einer Podiumsdiskussion in Berlin. „Diese Reise ist sehr wichtig, denn wir wollen die Beziehungen zu Taiwan ausbauen“, sagte Heidt dem Tagesspiegel. „Der Bildungs-, aber auch der Forschungs- und Digitalbereich sind da entscheidend.“ Auf Anfrage wollte Stark-Watzingers Pressesprecher die Pläne der Ministerin allerdings nicht bestätigen. Zuletzt hatte FDP-Wirtschaftsminister Günter Rexrodt 1997 das von China beanspruchte Taiwan besucht.
China reagiert auf Taiwan-Besuche ausländischer Politiker stets äußert gereizt. Zuletzt sorgte die Taiwan-Reise von Nancy Pelosi, der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, für eine schwere Krise zwischen Peking, Washington und Taipeh. Deutsche Bundestagsabgeordnete besuchten Taiwan in den vergangenen Wochen und Monaten dennoch mehrfach, so flog etwa der FDP-Politiker Heidt zusammen mit fünf weiteren Mitgliedern des Menschenrechtsausschusses des Bundestages im Oktober zu einem mehrtägigen Besuch nach Taipeh. Pekings Außenministerium forderte die Politiker damals auf, „umgehend ihre Interaktion mit den separatistischen Unabhängigkeitskräften Taiwans einzustellen“.
Geplanter Taiwan-Besuch: Grünen-Politiker erwartet „lautstarke“ Reaktion von China
Der grüne EU-Abgeordnete Reinhard Bütikofer erwartet eine „lautstarke“ Reaktion aus Peking, sollte Stark-Watzinger tatsächlich nach Taiwan fliegen. „Aber davon sollte Berlin sich nicht beeindrucken lassen“, sagte Bütikofer dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA. Der Besuch der Ministerin „kann eine sehr sinnvolle Intensivierung der Zusammenarbeit mit Taiwan in der Wissenschafts- und Forschungspolitik befördern“, so Bütikofer weiter.
Laut FDP-Mann Heidt will Stark-Watzinger in Taiwan auch nach einer Möglichkeit suchen, mit dem Land im Bildungsbereich stärker zusammenzuarbeiten, um eine Alternative für die von der Volksrepublik auch in Deutschland betriebenen Konfuzius-Institute zu schaffen. Die Bildungseinrichtungen, die indirekt der Kommunistischen Partei unterstehen, waren wegen ihrer Zusammenarbeit mit deutschen Universitäten vielfach in die Kritik geraten.
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Heidt sagte dem Tagesspiegel, in der Ampel-Koalition habe es über Stark-Watzingers Pläne „keinen wirklichen Dissens gegeben“. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einer gemeinsamen China-Strategie; kürzlich war ein Entwurf für das Papier aus dem Außenministerium von Annalena Baerbock bekanntgeworden. Die Bundesregierung erkennt Taiwan nicht offiziell an und unterhält nur zur Volksrepublik diplomatische Beziehungen.
China und Taiwan: Staatschef Xi Jinping droht mit Gewalt
Zuletzt gab es allerdings vermehrt Kontakte zur taiwanischen Regierung. So empfing Stark-Watzinger im November ihren taiwanesischen Amtskollegen Wu Tsung-Tsong in Berlin, zudem reiste die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner (Grüne), nach Taiwan. „Besuche in Taiwan oder aus Taiwan sollen dann stattfinden, wenn sie in der Sache sinnvoll sind, um die in der Koalitionsvereinbarung festgelegten Ziele unserer Taiwanpolitik umzusetzen“, fordert Grünen-Politiker Bütikofer, der auch Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zur Volksrepublik China im EU-Parlament ist.

China betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als abtrünnige Provinz, obwohl der Inselstaat nie Teil der Volksrepublik war. Die Regierung in Peking fordert seit Jahren die „Wiedervereinigung“ mit Taiwan. Chinas Staats- und Regierungschef Xi Jinping machte zuletzt auf dem Parteitag im Oktober deutlich, dass China zwar eine friedliche Lösung der Taiwan-Frage anstrebe, „aber niemals versprechen wird, auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten“. Zuletzt äußerten Mitarbeiter von Robert Habecks Wirtschaftsministerium die Befürchtung, eine chinesische Invasion könnte spätestens 2027 stattfinden – zum 100. Jahrestag der Gründung von Chinas Volksbefreiungsarmee.