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Waffenhändler oder Friedensstifter: Wohin steuert China im Ukraine-Krieg?

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Von: Sven Hauberg

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Die USA werfen China vor, die Lieferung von Waffen an Russland zu erwägen. Peking gibt sich hingegen neutral – mit starker Tendenz zum Kreml allerdings.

München/Peking – Wenn China vom Weltfrieden spricht, klingt das erstmal ganz wunderbar. „Um eine sicherere Welt zu schaffen, müssen wir alle darauf bestehen, die Souveränität und territoriale Integrität aller Länder zu respektieren“, sagte Wang Yi, Pekings oberster Diplomat, am vergangenen Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Ein Satz, den man mit Blick auf die Ukraine sofort unterschreiben möchte. Nur meint Wang eben nicht nur die Ukraine, sondern auch China und Taiwan: Den demokratisch regierten Inselstaat betrachtet Peking als Teil des chinesischen Staatsgebiets, der notfalls mit Gewalt ins eigene Territorium integrieren werden muss.

Was den Ukraine-Krieg angeht, kommen aus Peking seit rund einem Jahr die immer gleichen Beteuerungen, konkrete Taten aber lassen bislang auf sich warten: Ja, man müsse Frieden schaffen in der Ukraine, tönt es regelmäßig aus Chinas Außenministerium und von Staats- und Parteichef Xi Jinping. Kritik an Russland, an seinem Angriffskrieg und an den Gräueltaten in der Ukraine, vernimmt man aus Peking hingegen nicht. Stattdessen verharmlost China den Krieg als „Konflikt“, schiebt den USA und der Nato die Schuld an der Eskalation in die Schuhe und behauptet gleichzeitig, eigentlich gehe es China gar nichts an, was im fernen Europa geschehe.

„Alles von Munition bis zu den Waffen selbst“: Unterstützt China Russland im Ukraine-Krieg?

„Einigen Kräften ist es vielleicht nicht recht, Friedensgespräche zu erleben“, raunte Wang Yi am Samstag. „Denen ist das Leid in Europa vielleicht egal, sie haben vielleicht strategische Ziele, die über die Ukraine hinausgehen.“ Glaubt man den USA, verhält es sich genau umgekehrt, ist es China, das vom Krieg profitiert und daran arbeitet, ihn zu verlängern. Peking unterstütze Russland „politisch und rhetorisch“, sagte US-Außenminister Antony Blinken am Sonntag in mehreren Fernsehinterviews. Was ihn aber noch mehr besorge: „dass China erwägt, Russland bei seiner Aggression gegen die Ukraine tödliche Unterstützung zukommen zu lassen“. Was Peking konkret liefern könnte? „Alles von Munition bis zu den Waffen selbst“, so Blinken.

Weitere Details nannte er zunächst nicht, auch ließ Blinken offen, woher diese Informationen stammen. In München warnte er im Gespräch mit Wang jedenfalls vor Konsequenzen, sollte China Ernst machen. In Peking wiederum wies Außenamtssprecher Wang Wenbin am Montag die Vorwürfe zurück; es seien „die USA und nicht China, die ständig Waffen auf das Schlachtfeld schicken“, sagte er. Allerdings gibt es bereits seit Längerem Anzeichen, dass staatliche chinesische Rüstungsunternehmen Güter nach Russland liefern, die auch militärisch genutzt werden könnten – ein Verstoß gegen US-Sanktionen, die China zwar nicht übernommen hat, offiziell aber auch nicht umgeht.

Wladimir Putin und Xi Jinping 2018 in Wladiwostok.
Zwischen sie passt kein Blatt Papier: Wladimir Putin und Xi Jinping 2018 in Wladiwostok. © Mikhail Metzel/Tass/Imago

China scheint bemüht, Russlands Kriegskassen zu füllen

Bislang lässt sich Chinas Haltung mit etwas Wohlwollen als „pro-russische Neutralität“ bezeichnen, weil das Land nicht aktiv ins Kriegsgeschehen eingreift. Waffenlieferungen aber wären ein weiterer Tabubruch und eine neue Eskalationsstufe in diesem Krieg, der vor nunmehr fast einem Jahr begann. Zudem scheint China bemüht, Russland Kriegskassen zu füllen. Medienberichten zufolge kaufte Peking im vergangenen Jahr große Mengen an russischem Rohöl, auch zu Zeiten, als die Marktpreise einen Höchststand erreicht hatten und die meisten anderen Länder sich nach Alternativen umsahen oder Preisdeckel einführten. „Diese Strategie war für China höchstwahrscheinlich höchst unrentabel, füllte aber die Kassen des Kreml“, schreiben die Analysten des „China-Russia Report“.

Trotz seiner offensichtlichen Unterstützung für Russland – wenige Tage vor Kriegsbeginn versicherten sich beide Länder ihrer „grenzenlosen“ Partnerschaft, mit dem Ziel, die Dominanz der USA zu brechen – scheint Peking zu glauben, als ehrlicher Makler bei einem möglichen Friedensdeal zwischen Moskau und Kiew auftreten zu können. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz kündigte Top-Diplomat Wang Yi eine Art Friedensinitiative an: „Wir werden etwas vorlegen. Und zwar die chinesische Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise“, sagt er, ohne Details zu nennen. Am kommenden Freitag, pünktlich zum Jahrestag des russischen Einmarschs, will sich angeblich Xi Jinping mit einer „Friedensrede“ zu Wort melden. Ein konkreter „Friedensplan“ jedenfalls dürfte aus Peking kaum kommen, dafür wohl warme, aber unverbindliche Worte. China kann dann behaupten, es zumindest versucht zu haben mit dem Frieden in Europa.

Zunächst aber wird Wang in Kürze im Kreml erwartet – zu einem Treffen mit Sergej Lawrow, seinem „alten Freund“, wie er den russischen Außenminister gerne nennt. Ob er auch mit Wladimir Putin zusammenkommen wird, war zunächst nicht bekannt. Nicht auf Wangs Agenda steht jedenfalls ein Abstecher nach Kiew. Kein Wunder: Nach allem, was man weiß, hat es Staatschef Xi Jinping in den vergangenen zwölf Monaten nicht für nötig gehalten, bei seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj auch nur anzurufen.

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