China überrascht auf der Siko mit Friedensinitiative für die Ukraine – kein Wort zu Militärmanöver mit Russland
In München kündigt China eine Friedensinitiative für die Ukraine an. Von einem Krieg will Pekings Top-Diplomat aber weiterhin nicht sprechen – er wettert lieber gegen die USA.
München – „Die Welt zu einem sicheren Ort zu machen, dem hat sich China verschrieben“: Nachdem Wang Yi eine halbe Stunden lang in blumigen Worten über Frieden und Entwicklung gesprochen hat, will es Wolfgang Ischinger genauer wissen. Am Samstagvormittag fragt der ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz Chinas Top-Diplomaten, ob er ihm hier und jetzt die Zusicherung geben könne, dass ein Angriff auf Taiwan nicht unmittelbar bevorstehe.
„Was ich dem Publikum versichern kann, ist Folgendes“, antwortet Wang: „Taiwan ist Teil des chinesischen Staatsgebiets und war nie ein eigenständiges Land und wird es auch in Zukunft nicht sein.“ Zu möglichen Angriffsplänen auf das demokratisch regierte Land verliert Wang bei seinem Auftritt hingegen kein Wort. Peking hält sich also weiterhin alle Optionen offen, das hatte auch Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping immer wieder betont: eine friedliche Lösung, wie auch immer die aussehen mag, aber auch den „Einsatz von Gewalt“.
Wang Yi trägt den etwas sperrigen Titel „Direktor des Büros der Zentralen Außenpolitischen Kommission der Kommunistischen Partei Chinas“. Seit Tagen reist er nun schon durch Europa, er war in Frankreich und Italien, traf in München mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock zusammen. Man wolle „die für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit ausbauen und das gegenseitige Verständnis verbessern“, sagte Wang Yi laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua im Gespräch mit dem Kanzler. Klingt nach einer Charmeoffensive. Nur: In Kürze wird Wang auch in Russland erwartet, in jenem Land also, das vor fast genau einem Jahr in die Ukraine einmarschiert war.
China kündigt Friedensinitiative für die Ukraine an
In München spricht Wang weiterhin beharrlich von der „Ukraine-Krise“, das Wort „Krieg“ kommt ihm nicht über die Lippen. Stattdessen trägt er altbekannte Positionen vor. „Die Souveränität und Territorialität aller Länder müssen geachtet werden“, erklärt Wang etwa. Er will das freilich nicht nur auf die Ukraine verstanden wissen, sondern auch auf China und Taiwan. Und er behauptet einmal mehr, die USA wollten gar keinen Frieden in Europa: „Einigen Kräften ist es vielleicht nicht recht, Friedensgespräche zu erleben. Denen ist das Leid in Europa vielleicht egal, sie haben vielleicht strategische Ziele, die über die Ukraine hinausgehen.“ Es sind Andeutungen, die Wang indes nicht belegt.
Sein Land hingegen wolle Frieden, so der Außenpolitikzar. Er kündigt eine chinesische Friedensinitiative für die Ukraine an. „Wir werden etwas vorlegen. Und zwar die chinesische Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise“, sagt er, ohne Details zu nennen. Was Wang ebenfalls unerwähnt lässt: dass sein Land just in diesen Tagen zusammen mit seinen Verbündeten Russland und Südafrika ein Militärmanöver durchführt. Über Frieden reden, aber mit dem Aggressor für den Kriegsfall üben – Wang scheint da keinen Widerspruch zu sehen.

Allzu viel darf man also wohl kaum erwarten von Chinas Vorstoß für die Ukraine. Am 24. Februar jedenfalls will Staatschef Xi angeblich eine Friedensrede halten, pünktlich zum Jahrestag des Kriegsbeginns. Das jedenfalls hatte der italienische Außenminister am Freitag nach einem Treffen mit Wang Yi verkündet. Offiziell bestätigt wurde das von chinesischer Seite indes noch nicht. „Bei der Verteidigung der internationalen Ordnung sind alle gefordert, auch China“, hatte Bundeskanzler Olaf Scholz noch am Vortag angemahnt.
Ballon-Affäre sorgt weiterhin für Spannungen zwischen China und den USA
Nicht nur Chinas Position im Ukraine-Krieg und seine Drohgebärden in Richtung Taiwan sorgen derzeit für Spannungen. Noch immer ist die Ballon-Krise mit den USA nicht ausgestanden. Washington hatte Anfang Februar einen mutmaßlichen chinesischen Spionageballon über eigenen Hoheitsgewässern abgeschossen, Wang spricht in München allerdings weiterhin von einem Wetterballon. Den Abschuss nennt er eine „absurde und hysterische Reaktion und absolut einen Missbrauch von Gewalt“. Ob er sich in München mit dem ebenfalls angereisten US-Außenminister Antony Blinken treffen werde, verriet Wang am Samstag nicht. „Das Vertrauen zwischen den großen Ländern fehlt derzeit“, stellte er lediglich fest. „Die Kalter-Krieg-Mentalität ist zurück.“
Als er mit Wang Yi in München auf dem Podium sitzt, spricht der ehemalige Siko-Leiter Wolfgang Ischinger eine Einladung an den Chinesen aus. Nur ein paar Schritte von der Bühne entfernt habe man eine Ausstellung aufgebaut, die Russlands Kriegsverbrechen in der Ukraine dokumentiere. Wang möge sich die Bilder, die dort hängen, doch einmal anschauen, sagt Ischinger. Wang vernimmt es und verzieht keine Miene. Ob er die Ausstellung besucht hat, ist nicht bekannt.