„Bestimmt 1.000 neue Windräder!“ Söder verblüfft mit Plädoyer im ZDF – und vergleicht Freistaat mit FC Bayern

Markus Söder verspricht im ZDF hunderte neue Windräder in Bayern. Der CSU-Chef erwartet einen Wahlerfolg im kommenden Jahr - und rügt Robert Habeck.
Nürnberg/München – Auch für CSU-Chef Markus Söder geriet die Energiekrise im Ukraine-Krieg zum bestimmenden Thema im ZDF-„Sommerinterview“. Söder war dabei zweigleisig unterwegs: Einerseits rügte er sehr grundsätzlich den Kurs der Ampel-Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD). Andererseits pries er nicht nur mit großen Worten die Rolle Bayerns beim Ausbau der Erneuerbaren Energien – Söder gab in Sachen Windenergie ein Versprechen, das ihm so vor einigen Monaten womöglich nicht über die Lippen gekommen wäre.
Söder rügt Habeck beim „Sommerinterview“: CSU-Chef sieht „Gefahr“ für Deutschland
„Putin betreibt mit uns ein Spiel und die Frage ist, ob wir auf dieses Spiel richtig vorbereitet sind“, sagte Bayerns Ministerpräsident in dem Gespräch, dass das ZDF am Sonntag im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg aufgezeichnet hatte. „Es besteht schon die Gefahr, dass bei uns erhebliche Verwerfungen und Probleme drohen.“ Preise explodierten, die Versorgungslage werde schwieriger.
Bisher gebe es trotz großer Reisen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Katar oder Kanada keinen adäquaten Ersatz für russisches Gas. Gleichzeitig nehme Russland aus Deutschland mehr Geld ein als vor der Krise. „Deutschland hat eine Entscheidung getroffen, nämlich weniger Waffen zu liefern, dafür bei der Energie einen anderen Weg zu gehen. Jetzt muss aber auch Deutschland, die deutsche Bundesregierung, einen Weg finden, dass unser Land nicht so leidet“, sagte Söder.
Fast zeitgleich konnte allerdings Habeck positive Nachrichten zum Füllstand der deutschen Gasspeicher verkünden. Das ZDF strahlte Söders „Sommerinterview“ am Sonntag um 19.10 Uhr aus.
Wind-Söder im ZDF: „Bestimmt am Ende über 1.000 neue Windräder!“
Den gerade von den Grünen zuletzt hart gescholtenen Weg Bayerns beim Ausbau der Erneuerbaren Energien verteidigte Söder. „Bayern leistet mit den größten Anteil an Erneuerbaren Energien in Deutschland. Das ist einfach Fakt.“ Der Freistaat sei beim Zubau führend unter den Bundesländern.
„Wir machen beim Wind jetzt mehr, wollen bestimmt am Ende über 1.000 neue Windräder aufstellen“, fügte Söder hinzu. Gerade die plakative Nennung der gefühlt hohen Zahl konnte überraschen: Lange Zeit hatte die CSU Windräder als Hassobjekt der bayerischen Bevölkerung ausgemacht und entsprechend beim Ausbau gebremst. Noch im vergangenen Jahr hatte sogar in Söders „Bayern-Koalition“ ein Streit über die Zukunft der Windkraft getobt. Die Landtags-Grünen hatten wiederholt Untätigkeit und reine Lippenbekenntnisse von Söders Staatsregierung ausgemacht.
Bemerkenswerterweise hatte Söder noch im Mai bei der Vorstellung eines Energiekonzepts plakativ an Teilen der Abstandsregelung für Windräder festgehalten – und für den Fall eines Aus für die Maßgaben vor viel Streit und Unfrieden „auf den Dörfern“ gewarnt. Den Vorwurf er richte sich, etwa beim Thema Atomkraft, beinahe ausschließlich nach Stimmungen, wies Söder zurück. „Eine Politik, die nicht in der Lage ist, auf die Wünsche der Menschen einzugehen, wäre ja ein Desaster“, sagte der CSU-Chef, „so handeln Diktaturen“.
Söder betonte nun, es gebe auch Pläne für natürliche CO₂-Speicher in Mooren, Agrarphotovoltaik sowie den Ausbau von Bioenergie und Wasserkraft. „Wir geben pro Jahr eine Milliarde Euro für die Erneuerbaren Energien aus“, sagte er. Bei dem Thema sei der Freistaat „wie Bayern München beim Fußball - wir wollen natürlich immer noch besser werden, aber die anderen sehen wir da nicht einmal.“ Söders einstiger CSU-Verkehrsminister in Berlin, Andreas Scheuer, brachte am Sonntag dennoch auch den Neubau von Atomkraftwerken ins Spiel. Zuletzt war angesichts möglicher Stromknappheit in Bayern ein Weiterbetrieb des AKW Isar 2 diskutiert worden.
Söder im ZDF-„Sommerinterview“: CSU-Chef glaubt an Wahlerfolg - aber nicht an absolute Mehrheit
Für die Landtagswahl im kommenden Jahr sieht Söder seine CSU nach eigenen Angaben gut gerüstet. „Den Bayern geht es besser als allen anderen Bundesländern“, sagte Söder im ZDF-„Sommerinterview“. „Uns geht es sogar so gut, dass wir neun Milliarden Länderfinanzausgleich an andere zahlen“, betonte der CSU-Parteichef.
„Wir haben Bayern bislang gut durch die Krisen geführt“, sagte Söder. Die bayerische Regierung habe nach Schätzung des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 130.000 Menschen das Leben gerettet. „Mein einziges Ziel ist es, dass wir auch die nächste Krise gut überstehen. Das werden wir glaube ich auch besser als viele andere.“
Eine absolute Mehrheit - wie sie die CSU in Bayern einst einheimsen konnte - hält Söder derzeit weder für machbar noch für erstrebenswert. Eine absolute Mehrheit wirke heutzutage eher wie eine Hybris, sagte Söder. Bayern habe die Sondersituation, dass der derzeitige Koalitionspartner Freie Wähler einen Teil der Stimmen aus dem CSU-Lager abgreife. Umfragen sahen die CSU zuletzt tatsächlich weit von einstigen Wunschzielen entfernt. (dpa/fn)