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Schulsystem vor dem Kollaps: Wie Deutschland 200.000 ukrainische Kinder integriert

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Von: Anne-Christine Merholz, Fabian Hartmann

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Durch den Ukraine-Krieg steigt hierzulande die Zahl der Schüler. Vor allem drei Bundesländer sind betroffen. NRW-Integrationsministerin Josefine Paul hat klare Erwartungen an den Bund.

Berlin – Die Liste der Probleme im deutschen Schulsystem ist lang: Lehrermangel, Unterrichtsausfall, Bürokratiestau. Doch damit nicht genug. Eine weitere extreme Herausforderung bereitet derzeit Sorgen. Über 200.000 ukrainische Kinder gehen mittlerweile in Deutschland zur Schule – eine Folge des russischen Angriffskriegs und der damit verbundenen Flüchtlingsbewegung.

All diese Kinder müssen integriert werden. Gar nicht so einfach. Vor allem nicht für die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg, die jeweils Zehntausende Kinder zusätzlich beschulen. Sie tragen die Hauptlast. Und sie wünschen sich mehr Unterstützung vom Bund.

Aufnahme von Flüchtlingen: NRW-Ministerin Paul erwartet vom Bund Hilfe

„Wir stehen zu unserer humanitären Verantwortung, Menschen, die bei uns Schutz vor Verfolgung und Gewalt suchen, diesen Schutz zu bieten. Dafür braucht es die gemeinsame Anstrengung von Bund, Land und Kommunen“, sagte NRW-Integrationsministerin Josefine Paul dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA. Bislang hat der Bund die Länder – etwa im Bildungsbereich – mit 3,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr unterstützt. Die Grünen-Politikerin hofft auf weitere finanzielle Zusagen – und eine Ansage, wo und wie weitere Flüchtlinge aufgenommen werden können. „Es wäre wünschenswert und wichtig, wenn wir vom Bund Unterkünfte und Flächen genannt bekämen, mit denen wir schnell etwas anfangen könnten“, sagte Paul unserer Redaktion. Denn: Bisher sei das nicht der Fall.

Alarm schlagen auch die Schulen und Gemeinden. „Die ukrainischen Kinder haben einen sehr hohen Betreuungsbedarf, es fehlt an Fachkräften“, sagte Alexander Handschuh vom Deutschen Städte- und Gemeindebund dem Berliner Tagesspiegel. Noch drastischer drückt es Maike Finnern, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), aus: „Das Bildungssystem steht vor dem Kollaps“, sagte sie dem Blatt.

Neue Lehrer, neue Klassen: So wollen NRW und Bayern ukrainische Kinder integrieren

Unsere Redaktion hat bei den besonders betroffenen Ländern nachgefragt: Wie angespannt ist die Situation wirklich? Zunächst NRW: Das Land hat nach eigenen Angaben 35.867 Kinder aus der Ukraine in die „schulische Erstförderung“ aufgenommen. Aus dem Schulministerium heißt es, dass im aktuellen Schuljahr 1051 zusätzliche Lehrerstellen zur Beschulung geflüchteter Kinder bereitstünden. Mit dem Nachtragshaushalt habe das Land weitere 1000 Stellen bewilligt. Der Fokus der Bemühungen: das Erlernen der deutschen Sprache. Ziel sei es, die Kinder spätestens nach zwei Jahren in das normale Unterrichtssystem zu integrieren.

Auch Bayern setzt auf Eingliederung – und das zügige Erlernen der Sprache. Nach Angaben des Kultusministeriums beschult das Land rund 29.500 Kinder aus der Ukraine. Mit Beginn des Ukraine-Kriegs hat das Land pädagogische Willkommensgruppen eingerichtet, um erste Sprachkenntnisse zu erlangen, aber auch Unterstützung bei möglichen Traumata zu bieten. In Brückenklassen sollen die Schüler Defizite ausgleichen. Dafür sucht das Land Lehrer. Für das laufende Schuljahr konnten 600 Personen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft gewonnen werden – darunter 430, die schon in der Ukraine als Lehrer gearbeitet haben. „Damit ist der grundsätzliche Bedarf an Betreuungskräften zum jetzigen Zeitpunkt in den allermeisten Fällen gedeckt“, sagte eine Ministeriumssprecherin dem Münchner Merkur.

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