Die Sozialversicherungsbeiträge sollen bis 30. Juni 2021 vollständig erstattet werden. Vom 1. Juli 2021 bis höchstens 31. Dezember 2021 sollen für alle Betriebe, die bis zum 30. Juni 2021 Kurzarbeit eingeführt haben, die Sozialversicherungsbeiträge zur Hälfte erstattet werden. Diese hälftige Erstattung kann auf 100 Prozent erhöht werden - aber nur wenn eine Qualifizierung während der Kurzarbeit erfolgt.
Das Kurzarbeitergeld wird weiter auf 70 beziehungsweise 77 Prozent ab dem vierten Monat und auf 80 beziehungsweise 87 Prozent ab dem siebten Monat erhöht. Diese Regeln soll bis 31. Dezember 2021 für alle verlängert werden, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist. Regulär beträgt das Kurzarbeitergeld 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns, für Berufstätige mit Kindern 67 Prozent.
Die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes ist durchaus umstritten. So warnte etwa kürzlich der Chef des Münchner ifo-Instituts, Prof. Clemens Fuest, davor. Man müsse „Strukturwandel zulassen“, so Fuest.*
(Erstmeldung vom 25. August 2020) Berlin/München - Es ist eine Operation am offenen Herzen der Demokratie und eine unendliche Geschichte - die nun im nächsten Flop gipfeln könnte: Kurz vor den Gesprächen im Koalitionsausschuss über die von allen Seiten geforderte Wahlrechtsreform für den Deutschen Bundestag liegen Union und SPD offen im Clinch.
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans beschuldigte den Koalitionspartner am Dienstag im SWR, sich mit seinem Reformvorschlag Vorteile sichern zu wollen. Sein CSU-Amtskollege Markus Söder wiederum warf den Sozialdemokraten im Spiegel vor, aus taktischen Gründen auf Zeit zu spielen - und zeigte sich erstaunlich entspannt im Hinblick auf ein mögliches Scheitern.
Die Spitzen der großen Koalition kommen am Dienstagnachmittag (25. August) zusammen. Thema ist die Corona-Entwicklung, aber auch der verfahrene Streit über eine Wahlrechtsreform. Die Reform soll eine weitere Vergrößerung des Bundestags verhindern.
Das Konzept der Unionsfraktion sieht unter anderem vor, die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 280 zu verringern. Außerdem sollen bis zu sieben Überhangmandate nicht mit zusätzlichen Parlamentssitzen für die anderen Fraktionen ausgeglichen werden. Davon würde die Union voraussichtlich selbst profitieren. Der SPD-Vorschlag sieht hingegen eine Deckelung der Mandate bei 690 vor.
Walter-Borjans will genau das nicht akzeptieren. Es dürfe nicht sein, „dass eine Partei Vorschläge macht, die so sind, dass CDU und CSU am Ende mehr Sitze im Parlament haben, als sie Stimmanteile bei der Wahl errungen haben“, sagte er im SWR. Im Koalitionsausschuss müsse daher eine Einigung gefunden werden, „die diesen Versuch, sich einen Vorteil zu verschaffen, vereitelt“.
Zugleich vermutete er hinter dem Unionsvorschlag insgesamt taktisches Kalkül. CDU und CSU seien lange nicht bereit gewesen, die Zahl der Wahlkreise zu senken. „Jetzt schlägt man das vor und hofft, dass die SPD es ablehnt, weil es auch schon eine ganze Reihe CDU und CSU-Kandidaten gibt, die benannt sind“, sagte der SPD-Chef. Im Falle eines Neuzuschnitts von Wahlkreisen müsste die Kandidatenaufstellung wiederholt werden, warnte er. Die CDU sieht kein Problem in den Neuzuschnitten, wie Parteivize Thorsten Frei, in einem Interview mit dem Münchner Merkur* erklärte.
Walter-Borjans verteidigte den Vorschlag seiner Partei, zunächst nur für die kommende Bundestagswahl im Herbst 2021 die Zahl der Parlamentssitze auf 690 zu deckeln. Eine solche Überbrückungslösung sei möglich. „Aber dann müssen sich alle bewegen.“ Die SPD beharre außerdem auf einer gleichmäßigen Besetzung der Wahllisten mit Männern und Frauen, was die Union bislang ablehnt.
CSU-Chef Söder erhob seinerseits Vorwürfe gegen die SPD. „Die Union reicht den Sozialdemokraten die Hand für eine Lösung, die schon für den nächsten Bundestag gelten soll“, sagte er dem Spiegel. „Ich habe aber das Gefühl, dass einige SPD-Strategen denken, ein größeres Parlament könnte für ein rot-rot-grünes Bündnis erfolgversprechender sein.“ Die „Verzögerung“ des Koalitionspartners wirke daher „taktisch motiviert“.
Zum Vorwurf, seine Partei habe die Sache selbst verschleppt und erst sehr spät einen gemeinsamen Vorschlag mit der CDU vorgelegt, sagte Söder: „Aber jetzt liegt er rechtzeitig auf dem Tisch.“ Ein Tor zähle beim Fußball auch dann, „wenn es in der 90. Minute fällt“.
Sollte keine Einigung gelingen, hält Söder dies nicht für allzu dramatisch: „100 mehr gewählte Abgeordnete sind keine Katastrophe für die Demokratie, wenn sie dabei helfen, den Bürgern die Politik näherzubringen - beispielsweise, um jegliche Verschwörungstheorien, auch bei Corona, zu entlarven“, sagte er dem Spiegel.
Ob die Spitzen von Union und SPD in den gegen 15.00 Uhr beginnenden Beratungen einen Kompromiss finden, galt weiterhin als offen. Die Wahlrechtsreform soll verhindern, dass der Bundestag bei der Wahl im Herbst 2021 nochmals größer wird. Mit 709 Abgeordneten hat er schon jetzt ein Rekordausmaß erreicht. Die Normgröße sind 598 Abgeordnete. Ohne eine Reform wird ein weiteres Anwachsen auf möglicherweise mehr als 800 Abgeordnete befürchtet. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble scheiterte schon mit mehreren Schlichtungsversuchen.
Druck kam schon vor dem Termin von der Opposition. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Marco Buschmann, erklärte in einem Tweet, es genüge nicht, wenn sich die GroKo im Koalitionsausschuss "auf irgendetwas einigt". Gute Sitte sei es, das Wahlrecht mit breiten Mehrheiten zu verabschieden. Gebe es keine Einigung, werde man versuchen, gemeinsam mit Grünen und Linken noch im September einen Gegenvorschlag im Bundestag in die dritte Lesung zu bringen. (AFP/dpa/fn) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.