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Abtreibungsärztinnen bekommen Erste Hilfe

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Von: Juliane Löffler

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Der Paragraf 219a verstößt gegen Grundrechte, sagt die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Und will Ärzte und Ärztinnen jetzt juristisch unterstützen.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) will nach Paragraf 219a angezeigte Ärztinnen und Ärzte ab sofort juristisch unterstützen. Dafür hat der Verein eine Anlaufstelle eingerichtet.

Das Gesetz verbietet es Ärztinnen und Ärzten, öffentlich darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Über eine mögliche Abschaffung des Strafrechtsparagrafen 219a wird in Deutschland seit Monaten kontrovers diskutiert.

„Aus Angst vor einem Prozess und einer Verurteilung löschen viele der von Anzeigen Betroffenen die Informationen von ihren Webseiten“, schreibt die GFF auf ihrer Webseite, dadurch wirke 219a „wie ein Maulkorb“. Zugleich werde es schwerer, sich über legale Schwangerschaftsabbrüche zu informieren.

Die GFF ist ein gemeinnütziger Verein, der mit sogenannten „strategischen“ Klagen und Verfassungsbeschwerden zum Schutz von Grundrechten beitragen will.

Einschränkung von Grundrechten

Der Paragraf 219a verstößt laut Verein gleich gegen mehrere Grundrechte: „Das schränkt aus unserer Sicht die Informationsfreiheit und das Patientenselbstbestimmungrecht schwangerer Frauen ein“, erklärt Malte Spitz, Mitglied der GFF. „Das Gesetz schränkt auch die Berufsfreiheit der Ärztinnen und Ärzte ein, weil sie nicht transparent machen können, was ihr Arbeitsfeld ist.“

In den letzten Jahren gingen hunderte Anklagen gegen Abtreibungsärztinnen und Ärzte bei deutschen Staatsanwaltschaften ein. Häufig sind die Kläger sogenannte Lebensschützer, die Abtreibungen als Mord bezeichnen. In nur fünf Prozent der Verfahren kommt es zu einer Verurteilung, zeigt eine Recherche von BuzzFeed News.

Der prominenteste Fall betrifft die Allgemeinärztin Kristina Hänel: Sie wurde vom Amtsgerichts Gießen zu 6000 Euro Bußgeld verurteilt, weil Sie auf ihrer Webseite Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zum Download verlinkt. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hält das für falsch und unterstützt nun Kristina Hänel juristisch, die mittlerweile gegen das Urteil in Berufung gegangen ist.

Kostenlos Fragen klären

Da es sich bei Hänel jedoch nicht um einen Einzelfall handelt, hat die GFF nun eine spezielle Anlaufstelle für Betroffene eingerichtet. Dort gibt es mit einer eigens eingerichteten Emailadresse die Möglichkeit, kostenlos erste Fragen zu klären. Weiterhin gibt Auskunft über Fach - Juristinnen, die sich mit dem Thema besonders gut auskennen und bei einem möglichen Strafverfahren die Angeklagten verteidigen können.

„Die Aufmerksamkeit für das Thema ist jetzt da, aber der Ist-Zustand ist seit Jahren unverändert", erklärt Malte Spitz von der GFF das Projekt seines Vereins. „Wir finden diese Rechtssituation falsch und wollen nicht warten, bis sich die Große Koalition sich entscheidet.

Mehr zum umstrittenen Abtreibungsgesetz:

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