AfD-Politiker reisen nach Syrien - und treffen den Mann, der zu Selbstmordattentaten in Europa aufrief
Der Großmufti von Syrien hatte 2011 zu Selbstmordattentaten in Europa und den USA aufgerufen. Die AfD besucht ihn trotzdem. Dabei ist die Reise der AfD nach Syrien keine Ausnahme - unter Rechtspopulisten.
Seit Montag sind sieben AfD-Politikern in Syrien. Sie wollen sich dort nach eigenen Angaben ein eigenes Bild über die Lage im Land machen.
Die Delegation besteht aus vier AfD-Bundestagsabgeordneten (Frank Pasemann, Udo Hemmelgarn, Jürgen Pohl und Harald Weyel) sowie drei AfD-Vertretern aus Nordrhein-Westfalen (Thomas Röckemann, NRW-Landesverbandssprecher, Steffen Christ, Bezirkssprecher von Münster und Christian Blex aus der AfD-Fraktion im dortigen Landtag).
Am Dienstagmorgen postete Christian Blex ein Foto vom Besuch beim syrischen Großmufti, Ahmad Badreddin Hassoun. Hassoun ist der ranghöchste muslimische Gelehrte in Syrien, enger Vertrauter von Assad und eine zentrale Figur innerhalb des syrischen Regimes.
Womit der syrische Großmufti bisher aufgefallen ist
In der Vergangenheit hat Hassoun immer wieder den Krieg Assads gegen die eigene Bevölkerung religiös gerechtfertigt. Die von ihm geleitete Religionsbehörde hatte 2013 eine Fatwa erlassen, nach der alle Mütter und Väter ihre Kinder in die syrische Armee schicken sollten.
2015 rief Hassoun im syrischen Fernsehen dazu auf, Gebiete in Aleppo, die sich außerhalb der Kontrolle der Regierung befänden, zu „vernichten“. Während des Kampfes um Aleppo kamen laut dem syrischen Dokumentationszentrum für Verbrechen gegen die Menschenrechte zwischen 2012 und 2016 mehr als 30.000 Menschen um.
In einem Bericht von Amnesty International über das Gefängnis Saydnaya heißt es, Hassoun habe die Todesurteile für die dort Gefangenen unterzeichnet. Recherchen von Amnesty International zufolge wurden in dem Militärgefängnis von 2011 bis 2015 zwischen 5.000 und 13.000 Menschen erhängt. Bei den meisten der Getöteten soll es sich um Zivilisten gehandelt haben, die sich kritisch gegenüber der Regierung geäußert hatten. Der Bericht basiert auf den Schilderungen von 84 Zeugen und Experten, darunter Gefängniswärter und Behördenvertreter, aber auch ehemalige Häftlinge, Richter und Anwälte.
Außerdem hatte Hassoun 2011 zu Selbstmordattentaten aufgerufen, sollten die USA oder europäische Staaten Syrien bombardieren.
Zu Beginn der Aufstände gegen Assad hatten seine Gegner eine westliche Militärintervention gefordert. Daraufhin drohte Hassoun: „[...] wird jeder Sohn und jede Tochter Syriens und des Libanon zum Selbstmordattentäter werden und das Ziel ist Europa und Palästina. Ich richte meine Rede an die Europäer und Amerikaner. Wir haben bereite Selbstmordattentäter in euren Ländern.“
„Wenn ihr Syrien oder den Libanon bombardiert, dann wird es von nun an Auge um Auge und Zahn um Zahn sein. Ihr habt angefangen.“
Hassoun soll den AfD-Politikern mit auf den Weg gegeben haben, sie sollten die „Realität, über das was in Syrien vorgeht” übermitteln. Der Großmufti soll sich beim Treffen mit den AfD-Vertretern auch überzeugt davon gezeigt haben, dass 70 Prozent der Flüchtlinge nach Syrien zurückkehren werden.
Während des Treffens war nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur SANA auch der Sprecher des syrischen Parlaments, Hammouda Youssef Sabbagh, anwesend. SANA titelte: „Deutsche Parlamentarier-Delegation: Die westliche Medien verbreiten weiter Lügen über die Krise in Syrien“.
Sabbagh hatte während eines Treffens der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIZ) im Januar in Teheran gesagt, dass Jerusalem zur muslimischen Welt gehöre und das „Krebsgeschwür Israel“ entfernt werden müsse. Das berichtete das iranische Press TV.
Scharfe Kritik aus der Bundesregierung
Besuche von deutschen Parlamentariern könnte das syrische Regime auch für die eigene Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nutzen, stehen sie doch im strikten Widerspruch zur deutlichen Kritik, die Deutschland, aber auch andere EU-Staaten und die USA am syrischen Regime äußern.
Aus dem Auswärtigen Amt wurde die Reise der AfD heute folglich auch scharf kritisiert:
„Der Konflikt in Syrien ist keineswegs vorbei. Weiter fallen Bomben, immer noch werden Menschen ausgehungert und vertrieben. Über die Haltung der Bundesregierung gegenüber dem Assad-Regime kann kein Zweifel bestehen. Die Ursache des langjährigen blutigen Konflikts in Syriens liegt in der brutalen Repression des syrischen Regimes“, hieß es aus dem Auswärtigen Amt gegenüber BuzzFeed News.
Man betrachte eine „glaubwürdige politische Transition in Syrien als Vorbedingung für ein eigenes Engagement bei einem etwaigen Wiederaufbau“. Vor allem Russland trage besondere Verantwortung dafür, den Machtwechsel zu ermöglichen und das syrische Regime zu „wirklichen Verhandlungen über die Zukunft Syriens zu bewegen. Dies gilt insbesondere angesichts der Tatsache, dass gerade Russland und das Regime für die fortgesetzten Angriffe aus der Luft, aktuell auf die Region Ost-Ghouta, verantwortlich zu machen sind“.
Da die Deutsche Botschaft vor Ort aufgrund der angespannten Sicherheitslage nach wie vor geschlossen ist könne im Notfall auch keine konsularische Hilfe geleistet werden.
Rechte Gruppierungen und ihr Interesse an Syrien
Dass das syrische Regime Verbindungen zu Rechtspopulisten, Rechtsextremisten, Neo-Faschisten und rechten militanten Gruppen hält, ist schon länger bekannt.
Im vergangenen Jahr soll die italienische neofaschistische Bewegung „CasaPund“ Besuch vom syrischen Tourismusminister und von Assads Ehefrau bekommen haben.
Mitglieder der britischen Gruppierung „Knights Templar International“, eine rechte Gruppe mit guten Verbindungen zu militant organisierten Neo-Faschisten und russischen Nationalisten, sollen nach Syrien gereist sein um auf Seiten des Assad-Regimes zu kämpfen.
In Frankreich fällt der rechtsextreme „Front National“ dadurch auf, dass er Propagandalügen des Assad-Regimes weiterverbreitet und unterstützt.
Im Herbst 2013 berichtete „Vice“ von dem Verdacht, dass griechische Neo-Nazis für Assad in Syrien kämpfen sollen.
Und zwischenzeitlich haben sich unter dem Dach der „European Solidarity Front for Syria“ diverse rechte Gruppierungen aus ganz Europa zur Unterstützung des syrischen Regimes zusammengeschlossen. Von der Unterstützung des syrischen Regimes erhoffen sich einige von ihnen eine Bekämpfung Israels und islamistischer Fundamentalisten.
Manche sehen die Zusammenarbeit des syrischen Regimes mit Rechtsextremisten historisch begründet. So konnte 1954 Alois Brunner, ein ehemaliger SS-Offizier, der im Dritten Reich mit der sogenannten „Endlösung der Judenfrage“ beauftragt war, in Syrien untertauchen. Der Vater von Baschar al-Assad, hatte Brunner später damit beauftragt, den syrischen Geheimdienst mit aufzubauen - mit den Erfahrungen von Gestapo und SS.