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Die Berliner Initiative gegen das Abtreibungsgesetz 219a wird erneut verschoben

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Von: Juliane Löffler

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Unterstützt wird Berlin mittlerweile von Hamburg, Bremen, Brandenburg und Thüringen.

Erneut wurde heute das Informationsverbot bei Schwangerschaftsabbrüchen im Bundesrat debattiert. Doch erneut geht es nicht voran: Das Thema wurde zurück in die Fachausschüsse verwiesen. Das Land Berlin hatte im vergangenen Jahr einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Unterstützt wird der Antrag mittlerweile von den Bundesländern Hamburg, Brandenburg, Bremen und Thüringen.

Das Gesetz 219a verbietet es Ärztinnen und Ärzten, zum Thema Schwangerschaftsabbruch öffentlich zu informieren, weil es sich dabei um unerlaubte Werbung handele. Da auch die Entwicklung im Bundestag stockt, versucht Berlin seit Dezember 219a mit einer Initiative mehrerer Bundesländer, einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Informationsverbot auf die Tagesordnung zu setzen.

„Wir sprechen über erneut über eine Gesetz, dessen Überschrift bereits irreführend ist“, sagte der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) heute im Bundesrat, der den Gesetzesentwurf initiiert hatte. Der Paragraf 219a stelle mehr unter Strafe als Werbung, nämlich auch das sachliche und öffentliche Informieren. Frauen aber benötigten schnelle, sachliche und medizinische Informationen.

„Zu Beginn des Jahres sah es so aus, als hätte man aus dem Bundestag Rückenwind. Das hat sich geändert.“

Berliner Justizsenator Dirk Behrendt © BuzzFeed News / Via bundesrat.de

Das Gesetz widerspreche den heutigen Vorstellungen von Informationsfreiheit, Selbstbestimmung und freier Arztwahl, heißt es in dem Gesetzentwurf. Schwangere sollten durch Informationen selbstständig entscheiden können, wie und bei welcher Ärztin oder bei welchem Arzt sie eine Abtreibung vornehmen lassen wollen.

Das sei eine Fake-Begründung, widersprach der Bayerische Staatsminister Winfried Bausback (CSU) heute in der Sitzung. 219a verhindere weder ärztliche Beratungsgespräch, noch die freie Arztwahl. Das Informationsverbot abzuschaffen, hält er für falsch: „Der Wille zum Schwangerschaftsabbruch könnte bestärkt oder sogar erst hervorgerufen werden“, so seine Befürchtung.

„Der Wille zum Schwangerschaftsabbruch könnte bestärkt werden.“

Der Bayerische Staatsminister Winfried Bausback (CSU) © BuzzFeed News / Via bundesrat.de

Dass gerade aus Bayern einen Gegenrede zum Antrag gehalten wurde, ist überraschend: Erst vor wenigen Tagen forderte die Bayerische Landesärztekammer eine Änderung des Gesetzes.

Der Gesetzentwurf wurde am 15. Dezember 2017 im Plenums des Bundesrates vorgestellt. Dass es bislang nicht zu einer Abstimmung kam, liegt daran, dass noch nicht alle Fachausschüsse ihre Beratung abgeschlossen haben. Um das Thema voranzutreiben, setzte Berlin das Thema trotzdem erneut auf die Tagesordnung im Bundesratsplenum – vergeblich.

Auch im Bundestag stockt die Entwicklung. Die Große Koalition hadert damit, eine gemeinsame Haltung zu finden, die SPD ist für eine Abschaffung, die Union dagegen. Um den Koalitionspartner nicht zu verärgern, hat die SPD in den vergangenen Monaten mehrere Richtungswechsel vollzogen. Zuletzt verhinderte sie eine Expertenanhörung im Bundestag.

Derzeit erarbeitet Bundesjustizministerin Katarina Barley einen Kompromiss für die Große Koalition. Denkbar wäre etwa, nur wenige strittige Worte in dem Gesetz zu verändern oder 219a intakt zu lassen und Ärztinnen und Ärzte durch ein anderes Gesetz zu entkriminalisieren, zum Beispiel die Heilmittelverordnung.

Ausgelöst hatte die Debatte die Ärztin Kristina Hänel. Sie war Ende 2017 vom Amtsgericht Gießen zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden, weil sie auf ihrer Webseite Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zum Download verlinkte. Hänel fordert seitdem eine Abschaffung des Paragrafen. Unterstützung bekommt sie dabei von verschiedenen aktivistischen Bündnissen sowie von allen im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme von CDU/CSU und der AfD.

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