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Die Max-Planck-Direktorin Tania Singer tritt nach Recherchen von BuzzFeed News zurück

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Eine Kommission ist zu dem Schluss gekommen, dass „erhebliches Führungsfehlverhalten“ vorgelegen habe.

Tania Singer auf einer Konferenz in München.
Tania Singer auf einer Konferenz in München. © Tobias Hase / picture alliance / Tobias Hase

Die Direktorin des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig, Tania Singer, tritt nach Mobbing-Vorwürfen zurück. Das geht aus einer Email eines Max-Planck-Direktors hervor, die BuzzFeed News Deutschland vorliegt. Auf Nachfrage bestätigte das Max-Planck-Institut die Informationen.

Darin heißt es, eine Untersuchungskommission sei zu dem Schluss gelangt, es läge „erhebliches Führungsfehlverhalten“ vor - und weiter: „Um eine weitere Eskalation des Konflikts zu vermeiden und allen Beteiligten die Rückkehr zu konzentrierter wissenschaftlicher Arbeit zu ermöglichen, haben die Max-Planck-Gesellschaft und Frau Singer daraufhin vereinbart, dass Frau Singer ihre Leitungsfunktion als Direktorin von sich aus niederlegt.“

Rücktritte von Direktoren eines Max-Planck-Instituts sind äußert selten. Den über 300 Direktoren in der Max-Planck-Gesellschaft wird durch das Harnack-Prinzip ein großer Handlungsspielraum gewährt. Es gibt kaum Möglichkeiten, sie zu entlassen. Die stark hierarchische Struktur und die Machtfülle der Direktoren wird deshalb innerhalb und außerhalb der Gesellschaft immer wieder kritisiert.

Ehemalige Mitarbeiterinnen berichteten BuzzFeed News von Mobbing, Panikattacken und Schlafstörungen

BuzzFeed News und das Wissenschaftsmagazin Science hatten Mitte August über Mobbingvorwürfe gegen Tania Singer berichtet. Die renommierte Empathie-Forscherin soll über Jahre Mitarbeiter und Doktoranden gemobbt und sie unter Druck gesetzt haben – auch und besonders Schwangere. BuzzFeed News hatte mit ingesamt elf damaligen und ehemaligen Mitarbeitern gesprochen.

Drei Personen sagten gegenüber BuzzFeed News, sie hätten durch die Arbeit mit Tania Singer psychische Belastungsstörungen entwickelt. Eine Doktorandin berichtete von einem Jahr voller Panikattacken, die sie ganz konkret auf Singer zurückgeführt habe. Eine weitere Wissenschaftlerin gab an, während ihrer Zeit am Institut Schlafstörungen bekommen zu haben: „In einer solchen Atmosphäre sollte niemand arbeiten müssen“, schrieb sie damals an BuzzFeed News.

Zur Klärung dieser Vorwürfe hatte die Max-Planck Gesellschaft im September eine Kommission eingesetzt. Diese hatte dem Präsidenten, Martin Stratmann, im November ihren Abschlussbericht vorgelegt. Zwei ehemalige Mitarbeiter geben BuzzFeed News gegenüber an, es hätten sich mehrere dutzend Personen namentlich an die Kommission gewandt.

Unklar bleibt, ob und wie Singer ihr Großprojekt „ReSource“ weiterführen wird

Die Kommission kam demnach zu dem Urteil, dass „erhebliches Führungsfehlverhalten“ vorgelegen habe. Das stützt die Mobbingvorwürfe der Mitarbeiter. Man habe jedoch keinen Anlass gesehen, ein Verfahren wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens einzuleiten, heißt es in der Email weiter.

Tania Singer werde ihre Tätigkeit als Wissenschaftlerin ohne Leitungsfunktion außerhalb des Leipziger Instituts in kleinem Rahmen fortsetzen. Die Mail lässt offen, wie diese Tätigkeit aussieht und ob Tania Singer ihr Großprojekt „ReSource“ weiterführen wird.

Ehemalige Mitarbeiter schreiben BuzzFeed News, die Entscheidung sei ein wichtiger Schritt. Sie kritisieren aber auch, dass die Max-Planck-Gesellschaft mit der Mitteilung dieser Entscheidung Betroffenen weder Schutz noch Unterstützung zusichert. Zum Ende der Email des Max-Planck-Direktors heißt es stattdessen: „Zum Schutz aller Beteiligten haben beide Parteien Stillschweigen in der Sache vereinbart.“

UPDATE

04.12.2018, 20:55

Die Max-Planck-Gesellschaft hat auf Nachfrage von BuzzFeed News den Inhalt der E-Mail bestätigt, ist auf weitere konkrete Nachfragen zu den Gründen und zum weiteren Vorgehen jedoch nicht eingegangen.

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